Einfach verrückt!: Roman (German Edition)
der an Julias Haus grenzte. Sollte es hierbei etwas zu lernen geben, wollte er keine neugierigen Zuschauer dabeihaben.
Er lockerte die Handgelenke, hielt die Kupplung fest und beglückwünschte sich dazu, dass er sich an die kurze Leine erinnerte. Er zog daran. Er musste nur einmal daran ziehen, dann erwachte der Mäher dröhnend zum Leben, während die Vibrationen ihm bis in die Schultern gingen.
So weit, so gut. Er war zufrieden mit sich. Wahrscheinlich hatte er den winzigen Garten in null Komma nichts gemäht. Vielleicht repariere ich sogar noch die Federkernmatratze, bevor ich zum Dreh für diesen Tag hinübergehe, dachte er, als er die Kupplung losließ.
Mit einem Ruck sauste der Rasenmäher los, während er aus seiner Seite Gras herausschleuderte. Sterling hatte also den Grasfänger vergessen. Aber das war noch das geringste Problem. Er hatte es hier mit einem fliehenden Rasenmäher zu tun.
Er holte ihn zwar mühelos ein, musste jedoch erhebliche Muskelkraft aufbieten, um das Gerät wieder unter Kontrolle zu bekommen. Schließlich schob er, während ihm der Schweiß auf der Stirn stand, den Mäher auf der Rasenfläche an der Seite des Hauses auf und ab. Nach ein paar Bahnen machte er dahinter weiter. Ein Profi hätte das nicht besser gekonnt. Als er fertig war, war er sehr stolz auf etwas so … Gewöhnliches.
Sterling brummelte etwas vor sich hin. Rasen zu mähen war wohl kaum eine große Leistung. Trotzdem hatte er das Gefühl, ein wenig mehr vollbracht zu haben – etwas tiefer Gehendes, was er noch nicht ganz begriffen hatte.
Schwitzend schob er den Rasenmäher um das Haus herum. Als er ihn gerade abgestellt hatte, klingelte sein Handy. Er zog es aus seinem Gürtel und antwortete.
»Hallo, Sterling, ich bin’s, Ben.«
»Ich habe gerade den Rasen gemäht.«
»Wie bitte?«
»Nichts. Was kann ich für dich tun?«
»Ein Kumpel von mir hat in Sachen Albert Cummings und deiner übrigen E-Mails ein paar Ermittlungen angestellt. Die Mails scheinen alle harmlos zu sein. Aber um auf Nummer sicher zu gehen, solltest du Chloe und die anderen Mädels im Auge behalten.«
Doch bevor Sterling antworten konnte, hörte er einen Schrei.
»Was war das?«
»Chloe.«
Sterling klappte das Handy zu und rannte los.
Chloe hatte sich wieder ins Bett gelegt. Sie war gerade in einen unruhigen Schlaf gefallen, als sie von einem Geräusch geweckt wurde.
Sie setzte sich jählings auf. Julia schlief immer noch fest und tief. Als Chloe das Geräusch erneut vernahm, stöhnte sie, stand auf und streifte sich den Morgenmantel und die Hausschuhe über.
An den Wänden auf dem langen Flur hingen Porträts der Familienmitglieder und Originalgemälde, die ein kleines Vermögen wert waren. Das Haus war opulent und luxuriös eingerichtet, denn Philippe Boudreaux war ein Mann gewesen, der seinen Reichtum nicht gern versteckte.
»Man ist, was die Leute von einem halten« , hatte er immer wieder gern gesagt. Und so hatte er den Menschen seinen Reichtum in großen, ausladenden Gesten gezeigt.
Chloe ging leise durch die Vorderhalle. Weder im Wohnnoch im Esszimmer war etwas Ungewöhnliches zu sehen. Die provisorische Bühne war leer. Unterhalb der Schwingtür, die in die Küche führte, war jedoch Licht zu erkennen. Eine der Rosen musste also früh aufgestanden sein.
Doch als sie die Tür aufstieß, war gerade ein fremder Mann dabei, einen Blumenstrauß auf den Tisch zu stellen, und sie stieß einen Schrei aus.
»Oh, Sie haben mich erschreckt!«, rief er und hätte die Blumen beinahe fallen gelassen. »Ich habe Sie nicht hereinkommen hören.«
Er war recht klein und hatte hellblondes Haar mit Geheimratsecken. Er trug einen altmodischen Anzug, auf dem jedoch keine Falte, kein Fleck zu sehen war. Er lächelte freundlich, nicht bedrohlich, und die Blumen sahen wunderschön aus.
»Wer sind Sie?«, fragte sie.
»Albert Cummings. Ich habe Ihnen doch geschrieben, ich würde Ihnen eine Überraschung überreichen.«
»Ich kenne keinen Albert Cummings.«
»Ich habe Ihnen eine E-Mail geschickt. Haben Sie sie nicht erhalten?«
»Nein.«
Nur keine Panik, sagte sich Chloe. Der Mann war einfach nur töricht, nicht gefährlich.
Aus allen Richtungen erklangen Schritte. Als Erste traf Julia ein, sie kam in der Tür neben Chloe zum Stehen. Erst stockte sie, dann war sie verwirrt.
»Wer sind Sie?«, fragte sie.
Albert errötete. »Chloes größter Fan. Aber ich möchte nicht stören. Und ich habe gewiss nicht gehofft, die Gelegenheit zu
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