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Einfalt, Weisheit, Unglaeubigkeit

Einfalt, Weisheit, Unglaeubigkeit

Titel: Einfalt, Weisheit, Unglaeubigkeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gilbert Keith Chesterton
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verstehe«, sagte Father Brown in hölzerner Höflichkeit. »Ich danke Ihnen.«
    Als das Mädchen unter ihren Erinnerungen zusammenbrach, ging der Priester steif in das Nebenzimmer, in dem er Gilder und Merton allein mit Patrick Royce vorfand, der in einem Stuhl saß, in Handschellen. Dort sagte er unterwürfig zum Inspektor:
    »Dürfte ich wohl mit dem Gefangenen ein Wort in Ihrer Gegenwart sprechen; und dürfte er wohl diese komischen Manschetten für eine Minute ablegen?«
    »Er ist ein sehr starker Mann«, sagte Merton leise. »Warum wollen Sie, daß sie abgenommen werden?«
    »Nun, ich dachte«, sagte der Priester demütig, »daß ich vielleicht die große Ehre haben dürfte, ihm die Hand zu schütteln.«
    Die beiden Detektive blickten erstaunt, und Father Brown fügte hinzu: »Wollen Sie es ihnen nicht erzählen, Sir?«
    Der Mann auf dem Stuhl schüttelte sein wirres Haupt, und der Priester wandte sich ungeduldig ab.
    »Dann will ich das tun«, sagte er. »Das Leben ist wichtiger als der Ruf. Ich werde den Lebenden retten, und sollen die Toten doch ihre Toten begraben.«
    Er ging zu dem fatalen Fenster und blinzelte hinaus, während er weitersprach.
    »Ich habe Ihnen gesagt, daß es in diesem Fall zu viele Waffen und nur einen Toten gibt. Ich sage Ihnen jetzt, daß es keine Waffen sind und daß sie nicht zum Töten verwendet wurden. All diese grausigen Geräte, die Schlinge, das blutige Messer, der feuernde Revolver, waren Instrumente eines sonderbaren Erbarmens. Sie wurden nicht verwendet, um Sir Aaron zu töten, sondern um ihn zu retten.«
    »Ihn zu retten!« wiederholte Gilder. »Und wovor?«
    »Vor sich selbst«, sagte Father Brown. »Er war ein vom Selbstmord besessener Irrer.«
    »Was?« rief Merton in ungläubigem Ton. »Und seine Religion der Fröhlichkeit – «
    »Es ist eine grausame Religion«, sagte der Priester und blickte aus dem Fenster. »Warum konnte man ihn nicht ein bißchen weinen lassen, wie es seine Ahnen vor ihm taten? Seine Pläne erstarrten, seine großen Ideen erkalteten; hinter jener fröhlichen Maske war der leere Geist des Atheisten. Und schließlich verfiel er, um die Heiterkeit seiner öffentlichen Auftritte durchhalten zu können, wieder aufs Schnapstrinken, das er so lange zuvor aufgegeben hatte. Aber da ist für den einsamen Abstinenzler jenes Grauen im Alkohol: daß er sich die seelische Hölle, vor der er die anderen immer wieder gewarnt hat, ausmalt und sie erwartet. Den armen Armstrong überkam es vorzeitig, und heute morgen war er in einem solchen Zustand, daß er hier saß und brüllte, er sei in der Hölle, und mit einer so verzerrten Stimme, daß seine eigene Tochter sie nicht erkannte. Er gierte geradezu nach dem Tod und hatte mit der Affenschlauheit des Verrückten den Tod in vielerlei Gestalt um sich gestreut – die offene Schlinge, den geladenen Revolver seines Freundes, das Messer. Royce kam zufällig herein und handelte wie der Blitz. Er warf das Messer auf den Teppich hinter sich, ergriff den Revolver, und da er keine Zeit hatte, ihn zu entladen, schoß er ihn Schuß für Schuß in den Boden leer. Der Selbstmörder erkannte eine vierte Gestalt des Todes und stürzte zum Fenster. Der Retter tat das einzige, was er tun konnte – er rannte ihm mit dem Strick nach und versuchte, ihm Hände und Füße zu fesseln. Da kam das unglückliche Mädchen herein, mißverstand den Kampf, versuchte ihren Vater loszuschneiden. Zunächst zerschnitt sie nur dem armen Royce die Fingerknöchel, woher das ganze Blut in dieser kleinen Angelegenheit kam. Sie haben natürlich bemerkt, daß er nur Blut, aber keine Wunde im Gesicht des Dieners hinterließ? Aber unmittelbar bevor die arme Frau ohnmächtig wurde, schnitt sie ihren Vater noch los, und so stürzte er krachend durch jenes Fenster in die Ewigkeit.«
    Da war ein langes Schweigen, das langsam durch das metallische Klicken gebrochen wurde, mit dem Gilder Patrick Royce die Handschellen aufschloß, zu dem er sagte: »Ich glaube, Sie hätten die Wahrheit erzählen sollen, Sir. Sie und die junge Dame sind mehr wert, als die Nachrufe auf Armstrong.«
    »Zum Teufel mit Armstrongs Nachrufen«, rief der junge Mann heiser. »Begreifen Sie denn nicht, daß das nur war, weil sie es nicht erfahren darf?«
    »Was nicht erfahren?« fragte Merton.
    »Daß sie ihren Vater getötet hat, Sie Narr!« brüllte der andere. »Ohne sie lebte er noch. Es könnte sie in den Wahnsinn treiben, das zu wissen.«
    »Nein, das glaube ich nicht«, bemerkte

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