Einfalt, Weisheit, Unglaeubigkeit
Father Brown, als er seinen Hut aufnahm. »Ich glaube, ich würde es ihr sagen. Selbst die tödlichsten Fehler vergiften das Leben nicht so wie Sünden; auf jeden Fall glaube ich, daß Sie beide jetzt glücklicher sein werden. Ich muß zurück zur Schule für Taube.«
Als er auf den vom Winde umwehten Rasen hinaus trat, hielt ihn ein Bekannter aus Highgate an und sagte:
»Der Leichenbeschauer ist gerade angekommen. Jetzt geht gleich die Untersuchung los.«
»Ich muß zur Schule für Taube zurück«, sagte Father Brown. »Tut mir leid, daß ich nicht zur Untersuchung bleiben kann.«
ANMERKUNGEN
DAS BLAUE KREUZ
The Blue Cross
»Father Brown«: Chestertons Priester-Detektiv ist dem deutschen Publikum von Anfang an falsch als »Pater Brown« vorgestellt worden; das englische »Father« ist ebenso wie das französische »Père« Anrede an Weltgeistliche, also am ehesten mit »Hochwürden« wiederzugeben, während im deutschen Sprachgebrauch »Pater« Titel der Ordensgeistlichen ist. Da aber bei uns die Anrede »Hochwürden« weitgehend außer Dienst geraten ist, wird in dieser Neuübersetzung die englische Formel »Father Brown« unübersetzt beibehalten.
S. 12: »Roland« – gemeint ist jene Gestalt Roland aus dem Sagenkreis um Karl den Großen und in diesen Sagen der wichtigste seiner 12 Paladine; der historische Roland, der Graf Hruotlant aus der Bretonischen Mark, fiel 778 in einem Nachhutgefecht gegen die Basken im Tal von Roncesvalles; er ist sonst historisch nicht weiter bekannt.
»der Kaiser« – gemeint ist der deutsche Kaiser Wilhelm II.
»juge d’instruction« – Untersuchungsrichter.
S. 14: Was das Äußere von Father Brown betrifft, so schreibt Martin Gardner in seiner Einleitung zu The Annoted Innocence of Father Brown:
»Aus gewissen Gründen, vielleicht wegen Chestertons eigener Massigkeit oder dem Vergleich mit einem Norfolkkloß, stellen sich viele den Priester rundlich und untersetzt vor. Tatsächlich aber war er ein kleiner, feingebauter Mann mit einem, wie Chesterton sich ausdrückt, ›blödsinnig großen Kopf‹. In Das Auge Apollos wird er als häßlich bezeichnet. Sein Gesicht ist rund, stumpf und vollmondähnlich mit schweren, ausdruckslosen Zügen und ›Augen so leer wie die Nordsee‹. Sein Haar ist braun, seine Gesichtsfarbe dunkel, seine Nase kurz und dick. Wegen seiner geschwächten Sehkraft kneift er die Augen zusammen, wenn er ohne Brille liest, und gewöhnlich blinzelt er, wenn er sich in Gedanken verliert. Und manchmal beißt er nachdenklich auf seinem Finger herum wie in Das Zeichen des zerbrochenen Säbels. Er raucht gerne Zigarren und Pfeife und trinkt gelegentlich Wein und Bier.«
In seiner Autobiographie schreibt Chesterton: »Father Browns Besonderheit war, daß er keine hatte. Sein Zweck war es, zwecklos zu erscheinen; und man könnte sagen, daß seine auffallendste Eigenschaft die war, nicht aufzufallen. Sein gewöhnliches Aussehen sollte mit seiner unvermuteten Wachsamkeit und Intelligenz kontrastieren; und deshalb machte ich aus ihm eine schäbige und formlose Erscheinung, mit einem runden, ausdruckslosen Gesicht, mit unbeholfenen Manieren usw.«
S. 16: »Denkmaschine« – Chesterton polemisiert hier wie andernorts gerne und scharf gegen jene Folgerungen der französischen Aufklärung, die den Menschen zu einem absolut berechenbaren »homme machine« erklären wollen.
S. 21: »Schaufelhut« – breitrandiger, auf beiden Seiten nach oben gebogener Hut katholischer Geistlicher.
S. 30: Hier wird Father Brown erstmals namentlich erwähnt, bleibt aber ohne Vornamen, außer in Das Auge Apollos.
S. 35: »zölibatärer Einfaltspinsel« – es ist darauf hinzuweisen, daß die katholische Kirchenlehre beim Begriff des Zölibats streng trennt zwischen Verstößen gegen das Gebot der Keuschheit (eine solche Sünde hat der Priester seinem Amtsbruder zu beichten und kann dann von ihm die Absolution erhalten) und dem Gebot der Ehelosigkeit (eine Ehe kann der Priester nur dem Papst beichten, und nur von ihm kann er die Absolution erhalten).
»Privatsekretär« – The Privat Secretary war ein damals sehr erfolgreiches Stück des Boulevardtheaters.
S. 36: »Stachelarmband« – wahrscheinlich von Chesterton erfundener Ausdruck für eine Vorrichtung im Ärmel, die zum Austausch von Gegenständen dient.
S. 39: »Eselspfeife… Kreuzsprung« – offensichtlich üble Tricks aus der Verbrecherwelt; ich konnte bisher nicht feststellen, ob Chesterton die Namen frei erfunden
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