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Einfalt, Weisheit, Unglaeubigkeit

Einfalt, Weisheit, Unglaeubigkeit

Titel: Einfalt, Weisheit, Unglaeubigkeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gilbert Keith Chesterton
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am Apollo-Theater im Adelphi entlangläuft. Das abendliche Tageslicht in den Straßen war kraftvoll und leuchtend, opalisierend und leer. Die Passage war verhältnismäßig lang und dunkel, so daß jeder der Männer den anderen am anderen Ende nur als schwarze Silhouette sehen konnte. Dennoch kannte jeder der Männer den anderen, selbst als tintichten Umriß; denn beide waren sie Männer von auffallender Erscheinung, und sie haßten einander.
    Die überdachte Passage öffnete sich am einen Ende in eine der steilen Straßen von Adelphi, und am anderen auf eine Terrasse, die den sonnenuntergangsroten Fluß überschaute. Die eine Seite der Passage bildete eine kahle Mauer, denn das Gebäude, das sie stützte, war ein altes erfolgloses Theater-Restaurant, das jetzt geschlossen war. Die andere Seite der Passage wies zwei Türen auf, an jedem Ende eine. Keine war das, was man üblicherweise die Bühnentür nennt; sie waren vielmehr eine Art spezieller und privater Bühnentüren, die von sehr speziellen Darstellern benützt wurden, und in diesem Fall von Hauptdarsteller und Hauptdarstellerin der Shakespeare-Aufführung dieses Tages. Persönlichkeiten von solcher Prominenz lieben es häufig, über derartige private Ausgänge und Eingänge zu verfügen, um Freunde zu treffen oder zu vermeiden.
    Die beiden fraglichen Männer waren zweifellos beide solche Freunde, die offensichtlich die Türen kannten und damit rechneten, daß sie geöffnet würden, denn sie näherten sich beide der Tür am oberen Ende mit der gleichen Gelassenheit und Gewißheit. Jedoch nicht mit der gleichen Geschwindigkeit; aber da der Mann, der schnell schritt, der Mann vom anderen Ende des Tunnels war, trafen beide fast im gleichen Augenblick vor der geheimen Bühnentür ein. Sie grüßten einander höflich und warteten einen Moment, bevor einer von ihnen, der schärfere Gänger, der die kürzere Geduld zu haben schien, an die Tür klopfte.
    In diesem wie in allem anderen war jeder der Männer des anderen Gegensatz, und keinen hätte man dem anderen unterlegen nennen können. Als Privatmann war jeder ansehnlich, fähig und beliebt. Als Mann der Öffentlichkeit war jeder Mitglied der vordersten Reihe. Aber alles an ihnen, von ihrem Ruhm bis zu ihrem guten Aussehen, war von unterschiedlicher und unvergleichbarer Art. Sir Wilson Seymour gehörte jener Art von Männern an, von deren Bedeutung jeder weiß, der weiß. Je intimer man im innersten Kreis jeder Politik oder Profession verkehrte, desto häufiger traf man Sir Wilson Seymour. Er war der eine intelligente Mann in zwanzig unintelligenten Ausschüssen – zu jeder Art von Thema, von der Reform der Königlichen Akademie bis zur Frage der Edelmetallwährung für das Größere Britannien. Im Bereich der Künste insbesondere war er allmächtig. Er war so einzigartig, daß niemand so recht zu entscheiden vermochte, ob er ein großer Aristokrat war, der sich der Künste annahm, oder ein großer Künstler, dessen sich die Aristokratie annahm. Doch genügten bereits fünf Minuten des Zusammenseins mit ihm, um zu erkennen, daß man zeitlebens von ihm bestimmt worden ist.
    Seine Erscheinung war »distinguiert« in genau dem gleichen Sinn; sie war zugleich konventionell und einzigartig. Die Mode selbst hätte an seinem Seidenzylinder keinen Fehl gefunden; und doch war er anders als jedes anderen Hut – ein bißchen höher vielleicht, und so seiner natürlichen Höhe etwas hinzufügend. Seine große, schlanke Gestalt war leicht gebeugt, sah aber alles andere als schwächlich aus. Sein Haar war silbergrau, aber er sah nicht alt aus; er trug es länger als üblich, sah aber nicht weichlich aus; es war lockig, sah aber nicht wie in Locken gelegt aus. Sein sorgfältig gestutzter Spitzbart ließ ihn männlicher und soldatischer aussehen, als er es ohne ihn getan hätte, wie bei jenen alten Admirälen von Velazquez, deren düstere Porträts in seinem Hause hingen. Seine grauen Handschuhe waren eine Spur bläulicher, sein silberknäufiger Stock war eine Spur länger als Dutzende solcher Handschuhe und Stöcke, die in den Theatern und Restaurants herumwirbeln.
    Der andere Mann war nicht so groß, doch wäre er niemandem als klein erschienen, sondern vielmehr als kraftvoll und gutaussehend. Auch sein Haar war lockig, aber blond und um den starken massigen Kopf kurz geschoren – jene Art von Kopf, mit der man Türen einrennt, wie Chaucer vom Kopf des Müllers sagte. Sein militärischer Schnurrbart und die Schulterhaltung

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