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Einfalt, Weisheit, Unglaeubigkeit

Einfalt, Weisheit, Unglaeubigkeit

Titel: Einfalt, Weisheit, Unglaeubigkeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gilbert Keith Chesterton
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Bereinigung einzuweihen. Der Priester bewunderte Miss Rome aufrichtig, wie sie diese drei Ziele gleichzeitig mit einer wohlerwogenen Handlung erreichte.
    Sie ging zu Hauptmann Cutler hinüber und sagte auf die süßeste Weise: »Mir sind all diese Blumen lieb und wert, denn es müssen Ihre Lieblingsblumen sein. Aber sie wären nicht vollkommen, wissen Sie, ohne meine Lieblingsblumen. Bitte gehen Sie in das Geschäft um die Ecke und holen Sie mir einige Maiglöckchen, und dann wird alles ganz wunderschön sein.«
    Das erste Ziel ihrer Diplomatie, der Abgang des wütenden Bruno, wurde sofort erreicht. Er hatte seinen Speer bereits mit königlicher Gebärde wie ein Szepter dem kläglichen Parkinson gereicht und war im Begriffe, sich eines der Polstersitze wie eines Thrones zu bemächtigen. Bei dieser offenen Anrufung seines Rivalen jedoch glühte in seinen opalen Augäpfeln all die leidenschaftliche Unverschämtheit des Sklaven auf; für einen Augenblick ballte er seine riesigen braunen Fäuste und verschwand dann, indem er die Tür aufstieß, in seinen eigenen dahinter liegenden Räumen. Inzwischen hatte der Versuch Miss Romes, die britische Armee in Bewegung zu setzen, nicht so einfach geklappt, wie zu erwarten gewesen war. Cutler hatte sich zwar steif und schnell erhoben und war, hutlos und wie auf Befehl, der Tür entgegengeschritten. Aber vielleicht gab es da etwas aufreizend Elegantes in der lässigen Gestalt Seymours, der gegen einen der Spiegel lehnte, was ihn unmittelbar vor dem Eingang zum Stillstand und dazu brachte, den Kopf hin und her zu bewegen wie eine verwirrte Bulldogge.
    »Ich muß diesem dummen Menschen den Weg zeigen«, flüsterte Aurora Seymour zu und rannte über die Schwelle, um den abgehenden Gast zur Eile anzutreiben.
    Seymour schien in seiner eleganten und sorglosen Pose zu lauschen und schien erleichtert, als er hörte, wie die Dame dem Hauptmann einige letzte Instruktionen nachrief und sich dann auf dem Absatz umdrehte und lachend die Passage gegen das andere Ende zu hinablief, das Ende mit der Terrasse über der Themse. Doch eine Sekunde oder zwei danach verdüsterte sich Seymours Stirn erneut. Ein Mann in seiner Position hat so viele Rivalen, und er erinnerte sich, daß sich am anderen Ende der Passage der entsprechende Eingang zu Brunos privater Garderobe befand. Er verlor seine Haltung nicht; er sagte einige höfliche Worte zu Father Brown über die Wiederbelebung byzantinischer Architektur in der Kathedrale von Westminster und schlenderte dann ganz ungezwungen hinaus in das obere Ende der Passage. Father Brown und Parkinson blieben allein zurück, und keiner von ihnen hatte Geschmack an überflüssiger Konversation. Der Garderobier ging im Zimmer umher, zog Spiegel vor und schob sie wieder zurück, und sein abgewetzter dunkler Anzug sah um so schäbiger aus, als er immer noch den schimmernden Märchenspeer Oberons hielt. Jedesmal, wenn er den Rahmen eines anderen Spiegels hervorzog, erschien eine andere schwarze Gestalt Father Browns; das absurde Spiegelkabinett war voller Father Browns, kopfüber in der Luft wie Engel, Purzelbäume schlagend wie Akrobaten, jedem ihre Rücken zukehrend wie ungewöhnlich ungezogene Leute.
    Father Brown schien sich dieser Wolke von Zeugen nicht bewußt zu sein, sondern verfolgte Parkinson mit müßig aufmerksamem Blick, bis jener sich mitsamt seinem absurden Speer in das entferntere Zimmer von Bruno begab. Danach gab er sich jenen abstrakten Meditationen hin, wie sie ihn immer ergötzten – Berechnung der Spiegelwinkel, der Brechungswinkel, der Winkel, mit denen jeder Spiegel an der Wand befestigt werden müßte… als er einen lauten, aber erstickten Schrei hörte.
    Er sprang auf und lauschte erstarrt. Im gleichen Augenblick stürmte Sir Wilson Seymour wieder ins Zimmer, weiß wie Elfenbein. »Wer ist der Mann in der Passage?« schrie er. »Wo ist der Dolch von mir?«
    Ehe Father Brown sich noch in seinen schweren Stiefeln hatte umdrehen können, durchwühlte Seymour auf der Suche nach der Waffe bereits den Raum. Und ehe er noch diese Waffe oder eine andere hätte finden können, erscholl das scharfe Geräusch rennender Füße draußen auf dem Pflaster, und das kantige Gesicht von Cutler wurde in den gleichen Eingang geschoben. Er umklammerte immer noch grotesk einen Maiglöckchenstrauß. »Was ist los?« schrie er. »Wer ist dieses Wesen da draußen in der Passage? Ist das einer Ihrer Tricks?«
    »Meine Tricks!« zischte sein bleicher Rivale und machte

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