Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Einfalt, Weisheit, Unglaeubigkeit

Einfalt, Weisheit, Unglaeubigkeit

Titel: Einfalt, Weisheit, Unglaeubigkeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gilbert Keith Chesterton
Vom Netzwerk:
einen Schritt auf ihn zu.
    In dem Augenblick, da dieses alles sich abspielte, trat Father Brown oben in die Passage, blickte sie hinab und ging dann rasch auf das zu, was er da sah.
    Angesichts dessen ließen die beiden anderen Männer ihren Streit beiseite und stürmten hinter ihm her, wobei Cutler rief: »Was machen Sie da? Wer sind Sie?«
    »Mein Name ist Brown«, sagte der Priester traurig, als er sich über etwas beugte und sich dann wieder aufrichtete. »Miss Rome hat nach mir geschickt, und ich bin so schnell gekommen, wie ich konnte. Ich bin zu spät gekommen.«
    Die drei Männer blickten nach unten, und in wenigstens einem von ihnen erstarb in jenem späten Nachmittagslicht das Leben. Das Licht durchfloß die Passage wie ein Pfad aus Gold, und in seiner Mitte lag Aurora Rome in ihren schimmernden Gewändern aus Grün und Gold, ihr totes Gesicht nach oben gewendet. Ihr Kleid war wie durch einen Kampf beiseite gerissen und ließ ihre rechte Schulter bloß, aber die Wunde, aus der das Blut quoll, war auf der anderen Seite. Der Bronzedolch lag flach und glänzend einen Meter oder so entfernt.
    Für geraume Zeit herrschte tote Stille, so daß sie weit entfernt ein Blumenmädchen vor Charing Cross lachen hören konnten, und irgend jemanden, der in einer der Nebenstraßen des Strand wütend nach einem Taxi pfiff. Dann packte der Hauptmann mit einer so schnellen Bewegung, daß es entweder Leidenschaft oder Schauspielerei sein konnte, Sir Wilson Seymour bei der Gurgel.
    Seymour blickte ihn stetig ohne Kampf noch Furcht an. »Sie brauchen mich nicht zu töten«, sagte er mit kalter Stimme; »das werde ich schon selbst besorgen.«
    Des Hauptmanns Hand zögerte und sank; und der andere fügte mit der gleichen eisigen Direktheit hinzu: »Falls ich nicht den Mut aufbringen sollte, das mit jenem Dolch zu tun, kann ich es binnen eines Monats mit Trinken schaffen.«
    »Trinken ist für mich nicht gut genug«, erwiderte Cutler, »aber bevor ich sterbe, will ich hierfür Blut sehen. Nicht Ihres – aber ich glaube, ich weiß, wessen.«
    Und ehe noch die anderen seine Absicht erkennen konnten, griff er sich den Dolch, sprang zu jener anderen Türe am unteren Ende der Passage, rannte sie mit Riegel und Schloß nieder und trat Bruno in dessen Garderobe gegenüber. Als er das tat, schlurfte der alte Parkinson in seiner zittrigen Weise aus der Tür und erblickte die Leiche, die in der Passage lag. Er bewegte sich erbebend auf sie zu; schaute sie schwächlich mit zuckendem Gesicht an; bewegte sich dann bebend zurück in die Garderobe und setzte sich plötzlich auf einen der reichgepolsterten Stühle. Father Brown lief sofort zu ihm, wobei er Cutler und den riesigen Schauspieler außer acht ließ, obwohl der Raum schon von ihren Hieben widerhallte und sie um den Dolch zu kämpfen begannen. Seymour, der sich einen gewissen praktischen Sinn bewahrt hatte, pfiff am Ende der Passage nach der Polizei.
    Als die Polizei eintraf, hatte sie zunächst die beiden Männer aus einer affenähnlichen Umklammerung zu lösen und nach einigen formellen Fragen Isidore Bruno unter der Mordanklage zu verhaften, die sein wütender Gegner gegen ihn vorbrachte. Der Gedanke, daß der große Nationalheld der Stunde einen Übeltäter mit eigener Hand gefangengenommen hatte, fiel bei der Polizei, die nicht frei von journalistischen Elementen ist, zweifellos ins Gewicht. Sie behandelten Cutler mit einer gewissen feierlichen Aufmerksamkeit und wiesen darauf hin, daß er an der Hand einen leichten Schnitt habe. Denn als Cutler Bruno über umgestürzte Stühle und Tische zurückdrängte, hatte dieser ihm den Dolch aus dem Griff gewunden und ihn gerade unterhalb des Handgelenks verletzt. Die Wunde war wirklich leicht, aber bis er aus dem Zimmer entfernt war, blickte der halbwilde Häftling mit stetem Lächeln auf das rinnende Blut.
    »Der Kerl sieht fast wie ein Kannibale aus, nicht?« sagte der Schutzmann vertraulich zu Cutler.
    Cutler antwortete nicht, sagte aber einen Augenblick später scharf: »Wir müssen uns um… um die Tote…«, und seine Stimme versagte.
    »Die beiden Toten«, kam die Stimme des Priesters von der anderen Seite des Zimmers. »Dieser arme Kerl war schon tot, als ich zu ihm kam.« Und er stand da und blickte auf den alten Parkinson hinab, der da als schwarzes Bündel auf dem prachtvollen Stuhl saß. Auch er hatte, nicht unberedt, der Frau, die da gestorben war, seinen Tribut gezollt.
    Das Schweigen brach als erster Cutler, der von einer

Weitere Kostenlose Bücher