Einfalt, Weisheit, Unglaeubigkeit
des anderen.
»Sprechen Sie doch nicht weiter mit diesem Wahnsinnigen!« rief Todd brutal. »Bringen Sie mich zu meinem Freund.«
Am nächsten Morgen erschien Father Brown wieder mit dem gleichen sittsamen Gesichtsausdruck und brachte ein weiteres Stück Regenbogenpresse mit.
»Ich befürchte, daß Sie die Gesellschaftspresse ziemlich vernachlässigen«, sagte er, »aber dieser Ausschnitt dürfte Sie doch interessieren.«
Usher las die Schlagzeile »Letzter-Tricks Streunende Nachtschwärmer: Erheiternder Zwischenfall nahe Pilgrim’s Pond«. Der Bericht darunter lautete:
»Ein komischer Zwischenfall spielte sich gestern abend vor Wilkinsons Garage ab. Ein Streifenpolizist wurde von Straßenbengeln auf einen Mann in Gefängniskluft aufmerksam gemacht, der sich mit bemerkenswerter Gelassenheit in den Fahrersitz eines hochtourigen hübschen Panhard schwang; ihn begleitete ein Mädchen mit zerlumptem Schal. Auf Einmischung der Polizei hin warf die junge Frau ihren Schal zurück, und alle erkannten Millionär Todds Tochter, die gerade vom Slum-Maskenfest am Pond kam, wo sich die ausgesuchtesten Gäste in ähnlicher Kleidung befanden. Sie und der Herr, der sich eine Gefängnisuniform angezogen hatte, brachen zu der üblichen Lustpartie auf.«
Unter dem regenbogenfarbenen Ausschnitt fand Mr. Usher einen Ausschnitt aus einer späteren Ausgabe mit der Schlagzeile »Verblüffende Flucht von Millionärstochter mit Sträfling. Sie hatte Lumpenball arrangiert. Nun in Sicherheit in – «
Greywood Usher hob den Blick, aber Father Brown war bereits gegangen.
Der Kopf Caesars
I rgendwoin Brompton oder Kensington gibt es eine Straße mit hohen Häusern, prächtig, aber meist leer, die wie eine Anlage von Grabdenkmälern aussieht. Sogar die Stufen, die zu den dunklen Portalen emporführen, erscheinen so steil wie die Seiten einer Pyramide; man zögert, an die Tür zu pochen, aus Angst, es möchte eine Mumie öffnen. Aber eine noch niederdrückendere Eigenart der grauen Häuserfassaden ist ihre unabsehbare Länge und ihre abwechslungslose Kontinuität. Den Pilgrim, der sie hinabwandert, überkommt die Vorstellung, er werde niemals an eine Unterbrechung oder eine Ecke kommen; und doch gibt es eine Ausnahme – eine zwar nur sehr kleine, aber vom Pilgrim fast mit einem Jubelschrei begrüßt. Es gibt da zwischen zweien der hohen Gebäude eine Art Stallung, ein bloßer Schlitz wie ein Türspalt im Vergleich zur Straße, doch aber gerade groß genug, daß dort eine winzige Bier- oder Eßkneipe in der Ecke Platz findet, wie sie die Reichen ihren Stallknechten noch eben zugestehen. Da ist etwas Fröhliches gerade in ihrer Kleinheit, und etwas Freies und Märchenhaftes gerade in ihrer Anspruchslosigkeit. Zu Füßen jener grauen Steingiganten sieht sie wie ein beleuchtetes Zwergenhaus aus.
Wer nun an einem bestimmten, selbst schon fast märchenhaften Herbstabend hier vorbeigekommen wäre, hätte eine Hand sehen können, wie sie die rote Halbgardine beiseite schob, die (zusammen mit einigen großen weißen Buchstaben) das Innere halb vor der Straße verbarg, und ein Gesicht, wie es einem unschuldigen Kobold nicht unähnlich herausschaute. Es war in der Tat das Gesicht jemandes mit dem harmlos menschlichen Namen Brown, vormals Priester in Cobhole/Essex, der nun in London arbeitete. Sein Freund Flambeau, ein halbamtlicher Detektiv, saß ihm gegenüber und schloß gerade seine Notizen über einen Fall ab, den er in der Nachbarschaft aufgeklärt hatte. Sie saßen an einem kleinen Tisch nahe dem Fenster, als der Priester den Vorhang zurückzog und hinausschaute. Er wartete, bis ein Fremder in der Straße am Fenster vorübergegangen war, ehe er den Vorhang wieder fallen ließ. Dann rollten seine runden Augen zu den großen weißen Buchstaben über seinem Kopf hoch, und wanderten dann hinüber zum Nachbartisch, an dem nur ein Bauarbeiter bei Bier und Käse saß, und ein junges Mädchen mit rotem Haar und einem Glas Milch. Dann (als er sah, daß sein Freund das Notizbuch wegsteckte) sagte er milde:
»Wenn Sie 10 Minuten Zeit hätten, möchte ich, daß Sie dem Mann mit der falschen Nase folgen.«
Flambeau blickte überrascht auf; aber auch das Mädchen mit dem roten Haar blickte auf, jedoch von Stärkerem als nur Erstaunen bewegt. Sie war einfach, ja fast nachlässig mit einem hellbraunen leinenen Hängekleid bekleidet; aber sie war eine Dame, und zwar, wie ein zweiter Blick zeigte, eine eher unnötig hochmütige. »Der Mann mit
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