Einfalt, Weisheit, Unglaeubigkeit
ist), unmittelbar bei der großen Tribüne von Epsom gefunden – tatsächlich nur durch eine der unteren Türen verborgen, die aufgeblieben war.«
»Wirklich merkwürdig«, stimmte Flambeau bei. »Aber das bekräftigt nur meine Meinung, daß solche Vergnügungsplätze außerhalb ihrer Saison scheußlich verlassen sind, sonst wäre der Mann nicht gerade da umgebracht worden.«
»Ich bin nicht so sicher, daß er – «, begann Brown und hielt wieder inne.
»Nicht so sicher, daß er ermordet wurde?« fragte sein Gefährte.
»Nicht so sicher, daß er außerhalb der Saison ermordet wurde«, antwortete der kleine Priester schlicht. »Finden Sie nicht auch, daß es mit dieser Einsamkeit irgendeine merkwürdige Bewandtnis hat, Flambeau? Sind Sie sicher, daß ein kluger Mörder sich immer wünscht, daß der Platz einsam sei? Ein Mann ist nur sehr, sehr selten wirklich allein. Und davon abgesehen, je alleiner er ist, desto sicherer wird er gesehen. Nein; ich glaube, daß da irgendein anderer – Aha, da sind wir ja an dem Pavillon oder Palast oder wie immer sich das nennt.«
Sie waren zu einem kleinen Platz gekommen, der strahlend hell erleuchtet war und an dem das Hauptgebäude fröhlich vor Vergoldungen glänzte und mit Plakaten prangte, flankiert von zwei Riesenphotos von Malvoli und Nigger Ned.
»Hallo!« rief Flambeau zutiefst erstaunt, als sein klerikaler Freund geradenwegs die breiten Stufen hinanstapfte. »Ich wußte ja gar nicht, daß Faustkämpfe Ihr jüngstes Steckenpferd sind. Wollen Sie sich den Kampf ansehen?«
»Ich glaube nicht, daß es einen Kampf geben wird«, erwiderte Father Brown.
Sie durchquerten rasch Foyers und Innenräume; sie durchquerten den Saal der Kämpfe selbst, in dem der Ring mit Seilen abgeteilt aufgebaut war, vollgestopft mit ungezählten Sitzen und Logen, und immer noch blickte der Geistliche weder umher, noch hielt er inne, bis er zu einem Angestellten an einem Tisch vor einer Tür kam, die mit »Ausschuß« gekennzeichnet war. Da blieb er stehen und sagte, er wolle Lord Pooley sprechen.
Der Angestellte bemerkte, daß Seine Lordschaft sehr beschäftigt sei, da der Kampf bald beginnen werde, aber Father Brown besaß die gutmütige Lästigkeit steter Wiederholung, auf die der beamtete Geist meist nicht vorbereitet ist. Nach wenigen Augenblicken fand sich der reichlich verwirrte Flambeau in der Anwesenheit eines Mannes, der einem anderen Mann, der gerade aus dem Raum ging, immer noch Anweisungen nachrief. »Sie wissen ja, passen Sie nach der vierten auf die Seile auf – Und was wollen Sie von mir?«
Lord Pooley war ein Gentleman und, wie die meisten der wenigen in unserer Rasse noch verbliebenen, bekümmert – vor allem um Geld. Er war halb ergraut und halb blond, seine Augen waren fiebrig, und seine Nase war gebogen und frostrot.
»Nur ein Wort«, sagte Father Brown. »Ich bin gekommen, um zu verhindern, daß ein Mann getötet wird.«
Lord Pooley sprang aus seinem Sessel hoch, als habe ihn eine Feder herausgeschleudert. »Ich will verflucht sein, wenn ich mir noch mehr davon anhöre!« schrie er. »Ihr und eure Komitees und Pastöre und Petitionen! Gab es denn keine Pastöre in der alten Zeit, als man noch ohne Handschuhe boxte? Nun kämpfen sie mit vorschriftsmäßigen Handschuhen, und es besteht auch nicht das geringste Zipfelchen an Möglichkeiten, daß einer der Boxer getötet wird.«
»Ich meinte auch keinen von den Boxern«, sagte der kleine Priester.
»Aha, na schön!« sagte der Edelmann mit einem Anflug frostigen Humors. »Und wer soll getötet werden? Der Schiedsrichter?«
»Ich weiß nicht, wer getötet werden soll«, erwiderte Father Brown mit nachdenklichem Blick. »Wenn ich das wüßte, hätte ich Ihr Vergnügen nicht zu stören brauchen. Dann hätte ich ihn einfach zur Flucht bewegt. Ich habe im Preisboxen nie etwas Übles sehen können. Aber wie die Dinge nun einmal stehen, muß ich Sie bitten bekanntzugeben, daß der Kampf gegenwärtig nicht stattfindet.«
»Sonst noch was?« höhnte der Herr mit den fiebrigen Augen. »Und was ist mit den 2000 Menschen, die gekommen sind, um ihn zu sehen?«
»Von denen werden noch 1999 leben, wenn sie ihn gesehen haben«, sagte Father Brown.
Lord Pooley sah Flambeau an. »Ist Ihr Freund verrückt?« fragte er.
»Alles andere als das«, war die Erwiderung.
»Und passen Sie auf«, fuhr Pooley in seiner rastlosen Art fort, »es ist noch schlimmer. Eine ganze Bande Italiener ist aufgetaucht, um Malvoli zu unterstützen
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