Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Einfalt, Weisheit, Unglaeubigkeit

Einfalt, Weisheit, Unglaeubigkeit

Titel: Einfalt, Weisheit, Unglaeubigkeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gilbert Keith Chesterton
Vom Netzwerk:
jedenfalls ging er ein bißchen beruhigter davon, und ich ging zur Rückseite des Gebäudes, um mir die Sache anzusehen. Und tatsächlich lag da in der kleinen Straße am Fuß dieser Mauer eine verrostete uralte Pistole; ich weiß genug von Pistolen, um zu wissen, daß sie nur mit ein bißchen Pulver geladen war; denn an der Mauer fanden sich die schwarzen Spuren von Pulver und Rauch und sogar der Abdruck der Mündung, aber nicht die geringste Vertiefung durch eine Kugel. Er hatte keine Spur der Zerstörung hinterlassen; er hatte überhaupt keine Spur hinterlassen, abgesehen von jenen schwarzen Spuren und dem schwarzen Fluch, den er in den Himmel geschleudert hatte. Also kam ich hierher zurück, um mich nach Warren Wynd zu erkundigen und herauszufinden, ob er in Ordnung ist.«
    Fenner, der Sekretär, lachte. »Die kleine Schwierigkeit kann ich bald für Sie aus der Welt schaffen. Ich versichere Ihnen, daß er völlig in Ordnung ist; wir haben ihn vor wenigen Minuten verlassen, wie er an seinem Schreibtisch saß und schrieb. Er war allein in der Wohnung; sie liegt hundert Fuß über der Straße und hat eine solche Lage, daß kein Schuß ihn hätte treffen können, selbst wenn ihr Freund nicht mit einer Platzpatrone geschossen hätte. Es gibt zu dieser Wohnung keinen anderen Eingang als diese Tür, und wir haben die ganze Zeit vor ihr gestanden.«
    »Dennoch«, sagte Father Brown sehr ernst, »würde ich gerne hineinblicken und selbst sehen.«
    »Das können Sie nicht«, erwiderte der andere. »Guter Gott, Sie wollen mir doch wohl nicht erzählen, daß Sie an den Fluch glauben.«
    »Sie vergessen«, sagte der Millionär mit leichtem Spott, »daß das Geschäft von Hochwürden aus Segnen und Fluchen besteht. Na los doch, Sir, wenn man ihn in die Hölle verflucht hat, warum segnen Sie ihn denn nicht wieder her? Was hat Ihr Segen denn für einen Wert, wenn er nicht einmal den Fluch eines irischen Rowdys schlagen kann?«
    »Glaubt denn heute noch jemand an so etwas?« protestierte der Westmann.
    »Ich nehme an, daß Father Brown an eine ganze Menge Dinge glaubt«, sagte Vandam, dessen Laune unter der knappen Abfertigung vorhin ebenso wie unter dem jetzigen Zank litt. »Father Brown glaubt an einen Einsiedler, der auf einem Krokodil über einen Fluß setzte, das er zuerst aus dem Nichts herbeigezaubert hatte und dem er dann sagte, jetzt solle es sterben, was es auch prompt tat. Father Brown glaubt, daß irgendein gesegneter Heiliger starb und dann seine Leiche in drei Leichen verwandelte, damit drei Gemeinden gedient sei, die alle drauf aus waren, als seine Vaterstadt zu gelten. Father Brown glaubt, daß der eine Heilige seinen Mantel an einem Sonnenstrahl aufhängte und daß ein anderer den seinen als Boot benutzte, um den Atlantik zu überqueren. Father Brown glaubt, daß der heilige Esel 6 Beine hatte und daß das Haus von Loreto durch die Luft geflogen ist. Er glaubt an Hunderte von steinernen Jungfrauen, die den ganzen Tag lang blinzeln und weinen. Ihm ist es ein leichtes zu glauben, daß ein Mann durch ein Schlüsselloch entkommt oder aus einem verschlossenen Zimmer verschwindet. Ich schätze, er mißt den Naturgesetzen wenig Bedeutung bei.«
    »Ich hingegen muß den Gesetzen von Warren Wynd große Bedeutung beimessen«, sagte der Sekretär erschöpft, »und sein Gesetz lautet, daß man ihn allein zu lassen hat, wenn er das so will. Wilson wird Ihnen das Gleiche sagen«, denn der große Diener, der nach der Flugschrift ausgeschickt worden war, kam in diesem Augenblick gelassen den Korridor herab und trug die Flugschrift mit sich, ging aber unbekümmert an der Tür vorüber. »Er wird sich da hinten auf die Bank beim Etagendiener setzen und Däumchen drehen, bis er gewünscht wird; vorher aber wird er keinesfalls hineingehen; und ich auch nicht. Ich schätze, wir wissen beide, auf welcher Seite unser Brot gebuttert ist, und es würde eine ganze Menge von Father Browns Heiligen und Engeln nötig sein, uns das vergessen zu machen.«
    »Was die Heiligen und die Engel angeht – «, begann der Priester.
    »Alles Unfug«, sagte Fenner. »Ich möchte nichts Beleidigendes sagen, aber all dieses Zeugs paßt nur gut zu Krypten und Klöstern und anderen mondbeglänzten Bauten. Doch durch eine geschlossene Tür in einem amerikanischen Hotel können Geister nicht gehen.«
    »Aber Menschen können eine Tür öffnen, sogar in einem amerikanischen Hotel«, sagte Father Brown geduldig. »Und mir will scheinen, die einfachste Sache

Weitere Kostenlose Bücher