Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Einfalt, Weisheit, Unglaeubigkeit

Einfalt, Weisheit, Unglaeubigkeit

Titel: Einfalt, Weisheit, Unglaeubigkeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gilbert Keith Chesterton
Vom Netzwerk:
wäre, sie zu öffnen.«
    »Das wäre einfach genug, um mich meinen Job zu kosten«, antwortete der Sekretär, »und Warren Wynd wünscht sich so einfache Sekretäre nicht. Nicht einfach genug, um an die Art von Märchen zu glauben, an die Sie zu glauben scheinen.«
    »Nun«, sagte der Priester ernst, »es ist sicherlich wahr, daß ich an viele Dinge glaube, an die Sie wahrscheinlich nicht glauben. Aber es würde lange Zeit dauern, um all die Dinge zu erklären, an die ich glaube, und all die Gründe, weshalb ich annehme, daß ich damit recht habe. Es würde etwa 2 Sekunden dauern, diese Tür zu öffnen und mir zu beweisen, daß ich unrecht habe.«
    Irgend etwas in diesem Satz schien dem ungezügelteren und ruhelosen Geist des Mannes aus dem Westen zu gefallen.
    »Ich geb’ zu, ich würd’ Ihnen gern beweisen, wie unrecht Sie haben«, sagte Alboin und schritt plötzlich an ihnen vorüber, »und ich werde es tun.«
    Er öffnete die Tür zur Wohnung weit und blickte hinein. Der erste Blick zeigte, daß Warren Wynds Stuhl leer war. Der zweite Blick zeigte, daß auch sein Zimmer leer war.
    Fenner wurde seinerseits durch Energie elektrifiziert und stürzte an den anderen vorbei ins Apartment.
    »Er ist im Schlafzimmer«, sagte er kurz, »er muß da sein.« Als er in dem inneren Zimmer verschwand, standen die anderen Männer im leeren äußeren Zimmer und starrten um sich. Die Kargheit und Einfachheit der Einrichtung, die bereits zuvor bemerkt worden war, wandte sich mit kalter Herausforderung wider sie. In diesem Zimmer hätte sich sicherlich nicht einmal eine Maus verbergen können, geschweige denn ein Mann. Es gab keine Vorhänge und, was bei amerikanischen Einrichtungen selten ist, keine Wandschränke. Selbst der Schreibtisch war nicht mehr als ein einfacher Tisch mit einer flachen Schublade und einer hochgestellten Platte. Die Stühle waren harte und hochrückige Skelette. Einen Augenblick später erschien der Sekretär wieder an der inneren Tür, nachdem er die beiden inneren Zimmer durchsucht hatte. In seinen Augen stand starrende Verneinung, und sein Mund schien sich selbständig zu bewegen, als er scharf fragte: »Hier ist er wohl nicht herausgekommen?«
    Den anderen erschien es offenbar nicht einmal nötig, der Verneinung verneinend zu antworten. Ihr Geist war gegen etwas geraten wie die kahle Wand des Lagerhauses, die durch das gegenüberliegende Fenster hereinstarrte und nach und nach von Weiß zu Grau wechselte, als mit dem voranschreitenden Nachmittag die Dämmerung langsam sank. Vandam schritt hinüber zu dem Fensterbrett, gegen das er sich eine halbe Stunde zuvor gelehnt hatte, und sah aus dem offenen Fenster. Da gab es keine Röhren oder Feuerleitern, keine Gesimse oder Fußhalte irgendeiner Art an der glatten Mauer, die zu der kleinen Nebenstraße unten hinabfiel, und nichts war da an derselben Erstreckung der Wand aufwärts, die sich noch viele Stockwerke höher erhob. Und noch weniger Abwechslung gab es auf der anderen Straßenseite; da gab es nichts außer der ermüdenden Erstreckung der weiß gekalkten Wand. Er starrte nach unten, als erwarte er, den verschwundenen Philantropen als selbstmörderisches Wrack auf dem Fußsteig liegen zu sehen. Er konnte aber nichts erblicken außer einem kleinen dunklen Gegenstand, der, obwohl durch die Entfernung verkleinert, sehr wohl jene Pistole sein mochte, die der Priester dort gefunden hatte. Inzwischen war Fenner zu dem anderen Fenster gegangen, das aus einer ebenso kahlen und unbesteigbaren Mauer hinausschaute, aber über einen kleinen kunstreichen Park statt über eine Seitenstraße hinblickte. Eine Gruppe von Bäumen unterbrach dort die tatsächliche Sicht hinab auf die Erde; aber sie reichten nur einen kleinen Weg die riesige, von Menschen erbaute Klippe hinan. Beide wandten sich in das Zimmer zurück und sahen einander in dem zunehmenden Zwielicht an, während die letzten Silberstrahlen des Tageslichtes auf den schimmernden Platten von Pulten und Tischen schnell grau wurden. Fenner drückte den Schalter, und die Szene sprang in die erschreckende Deutlichkeit des elektrischen Lichtes.
    »Wie Sie eben sagten«, sagte Vandam grimmig, »kein Schuß von da unten hätte ihn treffen können, auch wenn eine Kugel im Lauf gesteckt hätte. Aber selbst wenn ihn eine Kugel getroffen hätte, würde er nicht einfach wie eine Seifenblase zerplatzt sein.«
    Der Sekretär, der bleicher denn je war, blickte zornig in das gallenbittere Gesicht des Millionärs.
    »Was hat

Weitere Kostenlose Bücher