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Einfalt, Weisheit, Unglaeubigkeit

Einfalt, Weisheit, Unglaeubigkeit

Titel: Einfalt, Weisheit, Unglaeubigkeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gilbert Keith Chesterton
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er ihnen die Hölle heiß machte, so weil er ein Dragoner war, nicht aber ein Drache. Nun sind es nach meiner Erfahrung gerade nicht solche prahlerischen Haudegen, die sich dem Teufel verkaufen. Die Teufelsanbeter, die ich gekannt habe, waren ganz anders. Um keine Namen zu nennen, die gesellschaftlich Aufsehen erregen würden, will ich einen Mann aus Dundees Tagen nehmen. Haben Sie je von Dalrymple von Stair gehört?«
    »Nein«, erwiderte der andere mürrisch.
    »Sie haben von dem gehört, was er getan hat«, sagte Father Brown, »und das war schlimmer als alles, was Dundee jemals tat; doch entging er der Schande durch Vergessen. Er war es, der das Massaker von Glencoe verursachte. Er war ein sehr gelehrter Mann und ein glänzender Jurist, ein Staatsmann mit sehr ernsthaften und weitblickenden Vorstellungen von der Staatskunst, ein ruhiger Mann mit einem sehr feinen und intellektuellen Gesicht. Das ist die Art Mensch, die sich selbst dem Teufel verschachert.«
    Aylmer sprang im Enthusiasmus jäher Zustimmung halb aus seinem Stuhl hoch.
    »Bei Gott! Sie haben recht«, rief er. »Ein feines intellektuelles Gesicht! Das ist das Gesicht von John Strake.«
    Dann erhob er sich und sah den Priester in sonderbarer Konzentration an. »Warten Sie bitte hier einen Augenblick«, sagte er, »ich möchte Ihnen etwas zeigen.«
    Er ging durch die Mitteltür hinaus und schloß sie hinter sich; er ging, wie der Priester annahm, zum alten Büffet oder vielleicht auch in sein Schlafzimmer. Father Brown blieb sitzen und starrte geistesabwesend auf den Teppich, auf dem ein schwacher roter Schimmer von dem Glas in der Tür schien. Mal schien er wie ein Rubin aufzuleuchten, und dann wurde er wieder dunkler, als ob die Sonne an jenem stürmischen Tage von Wolke zu Wolke wanderte. Nichts rührte sich außer den Wasserwesen, die in dem mattgrünen Gefäß hin und her trieben. Father Brown dachte angestrengt nach.
    Nach ein oder zwei Minuten stand er auf und schlüpfte leise zum Telephon im Alkoven, von wo aus er seinen Freund Dr. Boyne in der amtlichen Dienststelle anrief. »Ich möchte Ihnen über Aylmer und seine Angelegenheiten berichten«, sagte er ruhig. »Das ist eine merkwürdige Geschichte, aber ich glaube doch, daß etwas dahinter steckt. Wenn ich Sie wäre, würde ich sofort einige Männer herschicken, vier oder fünf vielleicht, und sie das Haus umstellen lassen. Wenn etwas geschehen sollte, dann wird sich wahrscheinlich eine spektakuläre Flucht ereignen.«
    Dann ging er zurück und setzte sich wieder hin und starrte auf den dunklen Teppich, der wieder im Lichte der Glastür blutrot aufglühte. Etwas in dem gefilterten Licht ließ seinen Geist in bestimmte Grenzbereiche des Denkens wandern, in das erste weiße Tageslicht vor dem Aufdämmern von Farben und in all jene Geheimnisse, die das Symbol von Fenstern und Türen zugleich verhüllt und entschleiert.
    Ein unmenschliches Geheul aus menschlicher Kehle erscholl von jenseits der verschlossenen Türen, fast zugleich mit dem Geräusch eines Schusses. Bevor das Echo des Schusses erstorben war, wurde die Tür gewaltsam aufgestoßen und sein Gastgeber stolperte in das Zimmer, den Morgenmantel halb von der Schulter gerissen, die lange Pistole rauchend in der Hand. Er schien am ganzen Körper zu zittern, aber teilweise ward er von einem unnatürlichen Gelächter geschüttelt.
    »Gepriesen sei die Weiße Magie!« schrie er. »Gepriesen sei die silberne Kugel! Der Höllenhund hat einmal zu oft gejagt, und meine Brüder sind endlich gerächt.«
    Er sank in einen Sessel, die Pistole glitt ihm aus der Hand und fiel zu Boden. Father Brown schoß an ihm vorüber, schlüpfte durch die Glastür und ging den Korridor hinab. Dabei legte er die Hand auf die Klinke der Schlafzimmertür, als habe er halb die Absicht, dort einzutreten; dann bückte er sich einen Augenblick, als untersuche er etwas – und dann rannte er zur Außentür und öffnete sie.
    Auf dem Schneefeld, das vor kurzem noch so leer gewesen war, lag ein schwarzer Gegenstand. Auf den ersten Blick sah er fast so aus wie eine riesige Fledermaus. Ein zweiter Blick zeigte, daß es sich trotz allem um eine menschliche Gestalt handelte, aufs Gesicht gestürzt, den ganzen Kopf von einem breitkrämpigen schwarzen Hut bedeckt, der fast lateinamerikanisch aussah, während der Anschein schwarzer Schwingen von den beiden losen Ärmeln eines sehr weiten schwarzen Umhangs erweckt wurde, die, vielleicht aus Zufall, auf jeder Seite in voller Länge

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