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Einhorn, Phönix, Drache: Woher unsere Fabeltiere kommen (German Edition)

Einhorn, Phönix, Drache: Woher unsere Fabeltiere kommen (German Edition)

Titel: Einhorn, Phönix, Drache: Woher unsere Fabeltiere kommen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Josef H. Reichholf
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allem nach Südosten ins Land Punt und nach Nubien im Süden gegeben. Die auf den Bildern dargestellten Szenen enthalten, wie Joachim Boessneck schrieb, »neben Rindern und hängeohrigen Jagdhunden Giraffen, Löwen, Leoparden, Geparde und Strauße, massenhaft Grüne Meerkatzen (und) Anubispaviane aus Nubien sowie Mantelpaviane aus Punt. Man sieht die Grünen Meerkatzen am Hals von Giraffen hinaufklettern. Die Geparde und viele der Affen tragen Halsbänder. Jung eingefangene Geparde zu zähmen, macht keine Schwierigkeiten. Ob sie aber zur Hetzjagd Verwendung fanden, ist damit keineswegs zu unterstellen und für das Alte Ägypten noch nicht nachgewiesen.«
    Zwei Hinweise in diesem Text halte ich für sehr aufschlussreich: »Massenhaft Grüne Meerkatzen« bedeutet, dass diese Affenart ( Cercopithecus aethiops ), die es gegenwärtig erst viel weiter südlich, vornehmlich in Ostafrika, gibt, damals erheblich weiter nordwärts (nilabwärts) verbreitet und auch so häufig gewesen war, dass sie massenhaft nach Ägypten gebracht werden konnte. Der zweite Hinweis betrifft die Jagd mit Geparden. Sie wurde in Indien und Vorderasien vor allem dort angewandt, wo man nicht nahe genug an das seltene Wild herankommen konnte, um es mit Bogenschüssen zu erlegen. Da die Alten Ägypter, wie nachfolgend gezeigt werden wird, sehr geschickt im Halten und Zähmen von Tieren waren, legt das den Schluss nahe, dass sie keinen Bedarf für die Jagd mit Geparden hatten.
    Aus dem Nordosten, aus dem Gebiet des heutigen Syrien, kamen zwei besondere Tiere nach Ägypten, denen nähere Betrachtung zuteil werden sollte. Sie bestätigen, dass nicht nur die heutige ägyptische Wüste damals weit weniger wüsten- und viel mehr savannenhaft gewesen war, sondern auch die östlich anschließenden Regionen. Denn von dort kam Tribut in Form eines Elefanten! Dabei handelte es sich um die vorderasiatische Unterart des Indischen Elefanten Elephas maximus asurus und nicht etwa um einen Afrikanischen Loxodonta africana . Von diesem kam zwar viel Elfenbein aus Nubien nach Ägypten, aber keine lebenden Exemplare. Elefanten benötigen sehr große Mengen an Nahrung; mehrere Hundert Kilogramm pro Tag, je nach Ergiebigkeit der Pflanzenkost. Pharao Thutmosis III. erlegte angeblich am Orontes in der Gegend von Quadesch 120 dieser Elefanten. Es gab sie also, selbst wenn, was anzunehmen ist, die Menge der erlegten übertrieben hoch angesetzt worden war, noch bis ins erste vorchristliche Jahrtausend. Das zweite Tier ist die Persische Kropfgazelle Gazella subgutturosa . Auch sie war aus Syrien als Tribut nach Ägypten gebracht worden, was bedeutet, dass sie damals noch so weit im (Süd-)Westen vorkam. Bemerkenswert, wenngleich gegenwärtig noch nicht ganz ausgestorben, ist der Syrische Braunbär ( Ursus arctos syriacus ). Er war, den Darstellungen zufolge, damals in Vorderasien, wohl bis zum Libanon, ziemlich häufig. Syrer führten ihn mit einem Halsband (!) nach Ägypten.
    Aus dem Süden erhielt Ramses II. Oryx-Antilopen mit geraden Hörnern. Joachim Boessneck bemerkte dazu: »wird der Verdacht auf Oryx gazella beisa gelenkt, die im Südosten anfänglich sicherlich weiter nach Norden und Westen verbreitet war« und »während die Unterscheidung der für Ramses II. aus dem Süden mitgebrachten Oryx versagte, ist der in einem thebanischen Grab von einem Syrer herbeigeführte Spießbock mit seiner weißen Färbung und den kontrastierenden schwarzen ›Stiefeln‹ eindeutig als Arabische Oryx, Oryx gazella leucoryx , gekennzeichnet.« Das wahrscheinliche Vorbild des Einhorns war also tatsächlich damals noch bis Syrien vorgedrungen und die sehr nahe verwandte, größere Beisa-Oryx bis nach Nubien.
    Eine weitere Besonderheit enthalten die altägyptischen Bilder. Im Grab des Senet aus der 12. Dynastie gibt es das Bild eines kranichartigen Vogels, bei dem es sich mit sehr großer Wahrscheinlichkeit um einen Schneekranich ( Grus leucogeranus ) handelt. Meine Deutung, es könnte sich beim »Schwan«, der Phaeton so ergeben war, um den Schneekranich gehandelt haben, findet darin eine konkrete Stütze. Wie überhaupt die Vogeldarstellungen aus dem Alten Ägypten großartige Quellen für die Erschließung der damaligen Verhältnisse sind.

Vögel im Alten Ägypten
    Wer sich mit den Vogeldarstellungen des Alten Ägyptens näher befassen möchte, sollte über (sehr) gute Kenntnisse der europäischen, nordafrikanischen und vorderasiatischen Vogelwelt verfügen. Nicht wegen der

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