Einhorn, Phönix, Drache: Woher unsere Fabeltiere kommen (German Edition)
sicherlich viel günstiger als die Geparde. Jagdhunde gab es im Altertum in allen Regionen von Nordafrika über den Vorderen Orient und Europa bis über fast ganz Asien. Hunde waren lange vorher schon nach Australien gelangt, wo sie zum Dingo verwilderten, und nach Amerika. Ihre Domestikation geschah zweifelsfrei noch in einer Periode, als die Menschen als Jäger und Sammler umherstreiften.
Die altägyptischen Darstellungen zeigen Hunde in vielseitigem Einsatz. Sie halfen bei der Jagd, machten der Oberschicht Vergnügen und waren offenbar auch an der Viehhaltung beteiligt. Neben den gleichfalls schon seit Jahrtausenden domestizierten Schafen und Ziegen sowie Rindern in klar unterscheidbaren Rassen kommen auch weniger bekannte Haustiere vor: zum Beispiel Schraubenhornschafe und Schraubenhornziegen mit sehr langen, schraubig gedrehten, aber schräg vom Kopf abstehenden, gestreckten Hörnern, und Rinder mit sehr langen Hörnern, wie sie gegenwärtig in der Rasse der afrikanischen Watussirinder oder bei ungarischen Steppenrindern vorkommen. Dargestellt sind sogar hornlose Rinder, zum Beispiel eine Kuh, vor der ihr Kalb steht. Die Kuh hat ein pralles Euter. Ihre Milch wird gerade in ein kalebassenartiges Gefäß gemolken. Einer Langhornkuh sind beim Melken die Hinterbeine zusammengebunden und der Kopf mit einem Seil zurückgedreht worden. So muss sie nahezu unbeweglich stehen bleiben, bis das Melken beendet ist. Mastochsen schleppen sich mit riesigen Bäuchen dahin. Ihr kleiner Kopf passt ebenso wenig wie die Beine zur Massigkeit ihres Körpers. Erstaunlicherweise gibt es eine kleine Rinderplastik, die wie das Kalb eines Buckelrindes (Zebu) aussieht. Es deutet Austausch bis nach Indien an. Bilder von Markierungen der Rinder mit Brandzeichen und von der Führung ganzer Gruppen durch Rinderhirten sowie Gespanne, die einen Holzpflug ziehen, beweisen, dass die Rinderhaltung schon damals viel komplexer entwickelt war als die Schaf- und Ziegenhaltung. Aus den und mit den Rindern ließ sich offensichtlich mehr machen als mit dem Kleinvieh. Immerhin weisen Bilder von Ziegen, die Getreide aus Näpfen fressen, darauf hin, dass man auch Futter zu den Tieren gebracht hatte und diese nicht nur auf die Weide geführt worden waren. Ein sehr aussagekräftiges Bild zeigt Hirten, die Ziegen bewachen. Eine ist gerade dabei, ins Astwerk eines Baumes zu steigen, wie das Ziegen gerne tun, während eine andere ihr Zicklein gebiert. Ein langbeiniger, dünner Hund mit Stehohren bewacht mit nach vorn gerecktem Kopf den Vorgang. Hunde setzten die Alten Ägypter also auch zur Bewachung der Ziegen ein.
Im Niltal pflegte man auch die Schweinehaltung. Die hochbeinigen, eher schlank gebauten Tiere trugen eine markant stehende Mähne. Muttersauen sind mit Gruppen kleiner Ferkel dargestellt. Die Schweinehirten tragen Peitschen mit zahlreichen Knoten. Normale Peitschen sind offenbar zum Treiben der Schweine nicht wirksam genug gewesen.
Esel wurden zum Dreschen von Getreide auf Tennen eingesetzt; Pferde gab es natürlich auch, und zwar vor allem zum Ziehen von kleinen, zweirädrigen Wägen. Zum gewöhnlichen Reiten dienten Esel, denen eine Art Sänfte aufgesetzt war. Feingliedrige Pferde ritten höher gestellte Personen, die mit Pfeil und Bogen unterwegs zur Jagd waren. Die Verwendung des Pferdes im Krieg hatten die Ägypter wohl im Wesentlichen von den Hyksos kennengelernt, die sie immer wieder mit ihrer Reiterei bedrohten.
Und so geht die Reihung weiter zu den Enten und Gänsen, die in Massen gehalten wurden, zu den aus Südasien stammenden Haushühnern und schließlich zu einer ganz besonderen Tierart, die für würdig befunden wurde, eine Göttin, Bastet, zugeteilt zu bekommen: die Hauskatze. Zumindest dieser ihr nordostafrikanischer Zweig stammt von der Falbkatze ab, einer frei lebenden Unterart der (europäischen) Wildkatze ( Felis silvestris ). Als Mäusevertilgerin genoss sie aus naheliegenden Gründen besondere Wertschätzung.
Es ließen sich noch weitere, in der Folgezeit weniger bedeutsame Tiere, wie das Ichneumon oder die zahmen Affen, Grüne Meerkatzen vornehmlich, hinzufügen. Die Bühne ist »voll besetzt«. Zusammen mit den so vielfältigen und detailreichen Darstellungen des Jagdwildes und der Vogelwelt bringt sie zwei Befunde ganz klar zum Ausdruck. Erstens: Es herrschte kein Mangel an Tieren im Alten Ägypten, sondern Fülle. Und zweitens: Die Alten Ägypter experimentierten mit weitaus mehr Tierarten als den bekannten Haustieren,
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