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Einige werden überleben

Einige werden überleben

Titel: Einige werden überleben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Algis Budrys
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Cottrells schlechte Laune begann, sich dem Einfluß seines Willens zu entziehen.
    „Wenn du so gut bist, warum gehst du dann nicht zur Miliz?“
    Geoffrey steckte die Beleidigung ein, ohne das Gesicht zu verziehen. „Ich glaube, ich bleibe hier“, sagte er ruhig. „Du wirst bald Hilfe brauchen – wenn der alte Holland dich mal bei einem deiner Mondscheinspaziergängen erwischt.“
    Cottrell spürte, wie ihm plötzlich das Blut in den Kopf schoß. „ Was hast du da gesagt?“ Er sagte es mit leiser und gefährlicher Stimme.
    „Du hast es schon gehört.“ Geoffrey drehte sich herum und schickte eine Kugel auf jede Seite seines sich windenden Bruders Alister und dann noch eine unter und eine über ihn. Alisters Training brach vollständig zusammen. Er sprang aus dem Gras hoch und rannte mit erstickten Schreien in der Kehle weg. „Ein Kaninchen“, meinte Geoffrey verächtlich. „Das reinste Kaninchen. Also ich, ich hab’ Onkel Jims Blut in mir, aber unser Alice, der hat alles von der Mutter.“ Er schoß noch einmal, und von Alisters Schuh flog der Absatz weg. Als Alister zu Boden stolperte, klatschte Cottrells flache Hand in Geoffreys Gesicht.
    Geoffrey ging zwei Schritte zur Seite und blieb mit vor Schock geweiteten Augen stehen. Sein Gewehr hing an seinem schlaffen Arm. Er würde noch ein paar Jahre zu wachsen haben, bevor er es instinktiv heben würde.
    „Den Namen dieses Verwandten wirst du nie wieder erwähnen!“ sagte Cottrell mit erstickter Stimme. „Mir gegenüber nicht, und jemand anders gegenüber auch nicht. Mehr noch, du wirst es als Integritätsverletzung betrachten, wenn jemand in deiner Gegenwart von ihm spricht. Ist das klar? Und was deine Phantasien über mich und Mr. Holland betrifft – wenn du das noch einmal erwähnst, dann wirst du lernen, daß es auch so etwas wie Integritätsverletzung unter Brüdern gibt!“ Er wußte jedoch, daß alles, was er jetzt noch sagen konnte, einem laut herausgebrüllten Geständnis gleichkäme. Er fühlte, wie die Krankheit der Nacht wieder seinen Körper durchlief, seine Muskeln in Pudding verwandelte und das Blut in seinen Ohren rauschen ließ.
    Geoffreys Augen verengten sich zu Schlitzen, und sein Mund formte ein verächtliches Grinsen.
    „Für einen Typ, der Armeen und Soldaten haßt, führst du dich aber ganz erstaunlich wie ein Feldwebel auf“, sagte er bitter. Er drehte sich um und ging weg, blieb aber dann stehen und drehte sich um. „Außerdem hätte ich dich erwischt, bevor du nur eine Patrone aus der Tasche gezogen hättest“, meinte er noch.
     
    Geoffrey weiß Bescheid, ging es ihm immer wieder im Kopf herum. Geoffrey weiß Bescheid, und Mr. Holland hat mich erwischt. Wie viele wissen es noch? Wie ein ekelerregender Refrain jagten die Gedanken durch seinen Kopf, als er mit schnellen, unbeholfenen Schritten die Straße hinunterging. Die Kontrolle, die er sonst über alle Muskeln in seinem geschmeidigen Körper hatte, war durch den zusätzlichen Schock zerstört worden, den er auf dem Übungsgelände erhalten hatte.
    Er stellte sich Jeff vor, wie er ihm von seinem Fenster dabei zusah, als er durch den Straßengraben kroch, und wie ihn das zum Kichern brachte. Wie viele andere von seinen Nachbarn hatten ihn in den vergangenen drei Jahren beobachtet? Er konnte das trockene Lachen von Mr. Holland geradezu hören. Als er darüber nachdachte, schien es ihm unglaublich, daß nicht der Zufall allein dafür gesorgt hatte, daß die ganze Gegend über sein schamloses Benehmen unterrichtet war.
    Aber er konnte nicht davor weglaufen. Was er nun machen mußte, war, in den Club zu gehen, um die Gesichter der Männer dort zu beobachten, wenn sie ihn ansahen. Wenn sie ihn begrüßten, müßte er auf einen kleinen Teufel der Verachtung schauen, der sich in ihren Augen zeigen würde.
    Der Schaft seines Karabiners klatschte gegen sein Bein, als er die Treppen zum Club hinaufging.
     
    Er konnte sich nicht sicher sein, ob er es herausgefunden hatte. Als er in seinen gerade nachgefüllten Rumbecher sah, war ihm das mit einiger Klarheit deutlich geworden. Er konnte nicht abstreiten, daß ihn vielleicht eine seltsame Art von perversem Wunschdenken in das Zwinkern von Winter eine tiefere Bedeutung hineinlegen ließ oder ihn veranlaßte, den Unterton von Heiterkeit, der in Olsens Stimme immer vorhanden war, anders zu interpretieren. Wenn Lundy Hollis ein wenig verächtlicher als sonst grinste, dann hieß das wahrscheinlich nichts anderes, als daß der Mann in

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