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Einige werden überleben

Einige werden überleben

Titel: Einige werden überleben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Algis Budrys
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sich eine neue Qualität entdeckt hatte, die ihn in seinen Augen besser als seine Mitmenschen erscheinen ließ. Aber vielleicht, vielleicht … und er konnte niemals sicher sein, es gab weder eine Bestätigung noch ein Abstreiten.
    Seine Hand schloß sich um den Becher, und er verbrannte sich den Mund beim Trinken. Die Bilder, die er von Barbara noch im Kopf hatte, gewannen mit jedem Schluck größere Klarheit.
    „Hallo, mein Junge.“
    Ach, du großer Gott! dachte er. Er hatte vergessen, daß Holland ein Clubmitglied war. Aber er war natürlich Mitglied, obwohl Cottrell nicht verstehen konnte, wie der alte Mann es fertigbrachte, nicht ausgeschlossen zu werden. Er sah zu, wie Mr. Holland in den gegenüberliegenden Sitz glitt und fragte sich, wieviel Gelächter wohl die Erzählungen des Mannes von den Ereignissen der letzten Nacht begleitet hatte.
    „Guten Tag, Sir“, brachte er hervor, weil er sich daran erinnerte, daß er die notwendigen Umgangsformen einhalten mußte.
    „Macht dir doch wohl nichts aus, wenn ich mit dir an einem Tisch trinke, oder?“
    Cottrell schüttelte den Kopf. „Das Vergnügen ist ganz auf meiner Seite, Sir.“
    Nun kam das Lachen, auf das Cottrell gewartet hatte. „Sag mal, mein Junge, du vergißt wohl deine vornehmen Reden auch nicht, wenn du was getrunken hast?“ Wieder lachte Mr. Holland.
    „Vielleicht bin ich gestern abend ein bißchen wütend auf dich gewesen“, sagte er weiter. „Tut mir leid. Jeder hat das Recht, so zu leben, wie er es für richtig hält.“
    Cottrell starrte wortlos in seinen Becher. Er hatte angefangen, aus dem Rum etwas Klarheit zu gewinnen, aber sie war wieder weg, als genüge der bloße Hauch der Gegenwart von Mr. Holland, ihn wieder kopfüber in das geistige Chaos zu stürzen, das sein Denken die ganze Nacht und fast den gesamten Tag erstickt hatte. Er war sich inzwischen nicht mehr sicher, ob Mr. Holland die Geschichte für sich behalten hatte; er war sich nicht mehr sicher, ob Geoffrey vielleicht nur geraten hatte … Er war sich überhaupt nicht mehr sicher.
    „Jetzt hör mal zu, mein Junge …“
    Jetzt kam die Erkenntnis, daß Mr. Holland sich zum erstenmal, seit er ihn kannte, auf ebenso unsicherem Boden wie er selbst befand. Er sah auf und bemerkte das flackernde Licht der Unsicherheit im Blick des Mannes.
    „Ja, Sir?“
    „Mein Junge – ich weiß nicht. Gestern abend habe ich versucht, mit dir zu reden, aber da waren wir wohl beide etwas aufgebracht. Meinst du, du könntest mir vielleicht heute eher zuhören? Besonders, wenn ich mir Mühe gebe, meine Worte richtig zu wählen?“
    „Selbstverständlich, Sir.“ Soviel war das mindeste, was man an Höflichkeit verlangen konnte.
    „Also, sieh mal – ich war ein Freund von deinem Onkel Jim.“
    Sofort regte sich Cottrell auf. „Sir, ich …“ Er sagte nichts mehr. In gewisser Beziehung war er Mr. Holland verpflichtet. Wenn er es jetzt nicht sagte, dann würde er es eben später sagen müssen. „Tut mir leid, Sir. Bitte sprechen Sie weiter.“
    Mr. Holland nickte. „Sicher, wir haben zusammen mit Berendtsen die Feldzüge gemacht. Das schmeckt einigen Leuten hier gar nicht. Aber es ist wahr, und es gibt einen Haufen Leute, die sich daran erinnern, also kann auch eigentlich nichts falsch daran sein, wenn ich es sage.“
    Irgend etwas verzog Cottrells Mund reflexartig bei der Erwähnung der VA, aber er blieb ruhig.
    „Wie hätte denn Ted sonst eine Zentralverwaltung für einen Haufen Bauern auf befestigten Höfen und einzelgängerische Nomaden einrichten sollen? Sie einzeln beim Damespielen abziehen? Wir haben eine Regierung gebraucht – und zwar schnell, bevor die Patronen für die Gewehre verbraucht waren und wir zu Speeren und Pfeil und Bogen hätten zurückkehren müssen.“
    „Man hätte es aber nicht so zu machen brauchen, wie man es gemacht hat“, sagte Cottrell bitter.
    Mr. Holland seufzte. „Wie denn sonst, zum Teufel noch mal. Woher weißt du außerdem so genau, wie sie es gemacht haben? Warst du dabei?“
    „Mein Vater und meine Mutter waren dabei. Meine Mutter kann sich noch genau erinnern“, kam es von Cottrell wie aus der Pistole geschossen zurück.
    „Allerdings“, sagte Mr. Holland trocken. „Dein Vater war dabei. Und deine Mutter hatte schon immer ein gutes Gedächtnis.
    Weiß sie auch noch, warum sich dein Vater überhaupt hier niederließ?“
    Cottrell runzelte wegen der seltsamen Andeutung über seinen Vater einen Moment lang die Stirn. „Sie weiß es noch. Sie

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