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Einkehr zum toedlichen Frieden

Einkehr zum toedlichen Frieden

Titel: Einkehr zum toedlichen Frieden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martina Kempff
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knackt. Knurren, Schnauben, Fauchen. Erschrocken weiche ich
ein paar Schritte zurück, kneife die Augen zusammen, um das Ungeheuer erkennen
zu können, dessen Kehle die ekligen Geräusche entfleucht sind. An einem seltsam
dreieckigen moosbewachsenen Felsen schiebt sich ein fettes schwarzes Hinterteil
vorbei. Ein Wildschwein! Dessen Vorderteil mich offenbar gewittert und zum
Glück abgelehnt hat, denn das Tier prescht augenblicklich tiefer in den Forst
hinein. Leicht bebt der Waldboden und mein Herz mit ihm. Wildschweine kenne ich
aus Berlin und weiß, dass mit ihnen nicht zu spaßen ist. Erleichtert atme ich
aus.
    Als ich mir den Fels, hinter dem das Vieh gescharrt hat, näher
betrachten will, fällt mir eine ganze Ansammlung solch merkwürdig knie- bis
schulterhoher, grün überzogener Steine rechts und links im Wald auf.
    Wieder mit den Gedanken an die Galgenvögel des Mittelalters, stelle
ich mir erst eine Art Miniatur-Stonehenge vor, ein Überbleibsel einer
heidnischen Kultstätte. Als aber immer mehr dieser dreieckigen, sich nach oben
verjüngenden Steine in Reih und Glied rechts und links des Weges auftauchen,
fühle ich mich an einen Soldatenfriedhof erinnert. Auf dem unterschiedlich hohe
ausgerichtete Steine Gräber bewachen.
    Jetzt begreife ich: Dies muss also die Höckerlinie sein. Und wenn
hier die Grenze verlief, sollten diese Dinger wohl die Westgrenze des Dritten
Reichs befestigen.
    Ich trete auf einen überwucherten Stein zu, kratze an seinem grünen
Kleid und entdecke darunter Beton. Als ich die unebene Oberfläche streichele,
läuft mir ein Schauer über den Rücken. Ein böses Gebilde. Wie viel Leid hat es
über Menschen gebracht? Wie viel Blut hat die Erde wohl an dieser Stelle
aufgesogen? Welch ein Wahnsinn, künstliche Steine anzupflanzen, um die Welt zu
erobern.
    »Das ist Adolfs Limes!«, ertönt plötzlich eine Stimme hinter mir.
Ich lasse den Stein los, wirbele herum und greife zu meinem Elektroschocker.
Wie der Vampirjäger das Kreuz halte ich ihn Hein Mertes entgegen.
    Der bleibt stehen und hebt die Hände.
    »Bitte, Frau Klein«, fleht er. »Keine Gewalt! Das kann ich nicht
ertragen. Wussten Sie, dass mein Vater eigentlich Adolf hieß? Und was damit
über meine Großeltern gesagt werden muss?«
    »Nicht bewegen!«, blaffe ich ihn an. Linus wedelt mit dem Schwanz.
Ich lasse den in diesem Fall völlig nutzlosen Hund los, ziehe mit der linken
Hand mein Handy aus der Tasche, tippe mit dem Daumen rasch ein: Bin mit Hein an der Höckerlinie und sende die SMS an Langer.
    Auch Hein Mertes hat sein Handy hervorgezogen und bewegt den Daumen.
    Ich rühre mich nicht vom Fleck. Dem Mann, der mir nicht die Hand
reichen wollte, werde ich keinen Schritt entgegengehen. Lange Zeit mustern wir
einander voller gegenseitigem Misstrauen. Vor mir steht ein scheinbar harmloser
Dandy. Aber so hatte der Serienkiller Ted Bundy auch ausgesehen.
    »Doc Martens«, bricht Hein schließlich das Schweigen und deutet auf
meine Schuhe, deren verräterische gelbe Naht kaum noch sichtbar ist.
    »Forzieri«, erwidere ich mit Blick auf seine grünen Schuhe.
    Er nickt anerkennend.
    »Jetzt, da dies geklärt ist und wir uns beide per SMS abgesichert haben, können
wir vielleicht normal miteinander reden?«, schlägt er vor und setzt hinzu: »Vor
wem hatten Sie mehr Angst, vor mir oder vor dem Wildschwein?«
    »Weder noch«, lüge ich, »Wildschweine haben wir in Berlin auch. Sehr
ärgerlich, wenn sie die Vorgärten umpflügen.«
    »Hier muss Sie der Jagdpächter entschädigen, wenn sich ein
Wildschwein an Ihrem Land vergreift.«
    »Der Jagdpächter räumt den Garten wieder auf?«
    »Nein, er schießt ein Wildschwein und schenkt Ihnen das Fleisch.«
    »Einfach irgendein Wildschwein?«
    »Klar, er weiß doch nicht, welches den Schaden angerichtet hat.«
    »Also Sippenhaft«, sage ich mit betontem Vorwurf in der Stimme.
    Hein lacht. »Wenigstens gilt die Sippe in der Eifel noch was.«
    Weswegen man dieser auch keine Scheidung zumutet, sondern lieber zum
langsamen Morden Zuflucht nimmt, denke ich und überlege, wie ich Hein über die
Ehe seiner Eltern ausfragen kann.
    »Wollen Sie Ihr schreckliches Gerät nicht endlich wegstecken?«,
fragt Hein und deutet auf den Elektroschocker.
    Er tritt auf mich zu und reicht mir mit versöhnlichem Lächeln die
Hand.
    Ich lasse mir Zeit und ihn ein wenig mit ausgestreckter Hand vor mir
stehen, während ich das Handy einstecke. Der Elektroschocker baumelt mir noch
am Handgelenk, sodass es nur zu

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