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Einkehr zum toedlichen Frieden

Einkehr zum toedlichen Frieden

Titel: Einkehr zum toedlichen Frieden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martina Kempff
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führte …«
    »Stimmte das denn?«, frage ich.
    Gudrun schüttelt den Kopf. »Überhaupt nicht. Er hat viel besser
gewirtschaftet als mein Vater und den Hof erst zu dem gemacht, was er heute
ist. Aber dafür mussten Anschaffungen gemacht werden. Teure. Der Futter-Roboter
zum Beispiel. Und der neue Melkstand. Hat alles ein Vermögen gekostet. Was hat
die Fine da gezetert! Aber für selbst zu melken oder zu füttern, war sie sich
zu fein …«
    »Wieso?«, unterbreche ich sie überrascht, »wenn sie doch in der
Krippana als Putzfrau arbeitet?«
    »Ihre Ausrede, für nicht in den Stall zu müssen. Nach der Arbeit in
so einem feinen Laden stinkt man nicht. Außerdem ist Putzen für die Eifelerin
nichts Ehrenrühriges.«
    »Wie der gestrige Tag gezeigt hat«, sage ich und denke an meine
Mutter, die mit großer Würde ihre Feudel ausgedrückt hatte.
    »Aber auch darüber gab es Zoff«, fährt Gudrun fort. »Das Essen stand
eben nicht immer pünktlich auf dem Tisch. Und über den Hein haben sie
gestritten. Der Alf ließ kein gutes Haar an ihm. Da hat ihm seine Frau nur
einen Sohn geboren, und dann weigert sich der, Bauer zu werden! Der Alf wollte
aus ihm einen ganzen Kerl machen. Was hat der den
armen Jungen früher malträtiert! Er warf Fine vor, ihn verzärtelt zu haben.«
    »Also wissen sie doch, dass er schwul ist.«
    »Wo denkst du hin! Das würde ihnen nie einfallen. Solche Leute kennt
man doch nicht. Schon gar nicht in der eigenen Familie. Wenn der Alf gekonnt
hätte, wäre er schon vor Langem gegangen. Sogar mich hat er mal gefragt, ob ich
nicht mit ihm weg und woanders neu anfangen will, so verzweifelt war der! Die
Fine hat er nie geliebt, nicht einmal leiden mochte er die, das hat er mir
gesagt, aber der Hof war nun mal ihre Mitgift, und sie hatte überall die Finger
drauf. Eben nur nicht auf dem Alf selbst.«
    »Wie meinst du das?«, frage ich.
    Gudrun wendet den Blick ab. »Oh Gott«, seufzt sie, »der Umgang färbt
ab; ich werde doch noch zum richtigen Klatschweib. Aber egal, jedenfalls hat
die Fine den Alf seit Heins Geburt nicht mehr rangelassen.«
    »Migräne?«
    »Ausrede. Weil, sie hat den Alf richtiggehend gehasst. Nach außen
war alles tipptopp, aber wenn man mit den beiden so eng zusammenarbeitet wie
ich, da kriegt man schon mit, was wirklich los ist.«
    »Warum haben sie sich dann nicht scheiden lassen, wenn diese Ehe so
grässlich war?«
    Gudrun mustert mich, als käme ich von einem anderen Stern. Was
wahrscheinlich auch zutrifft.
    »Bauern in der Eifel lassen sich nicht scheiden. Sie ertragen
einander bis zum bitteren Ende. Oder einer bringt den anderen um. So nach und
nach, verstehst du? Die Fine hätte den Alf nicht erschlagen, sondern ihn ganz
langsam vergiftet, da bin ich mir sicher. Sie hätte ihn gründlich gequält, nach
außen hin liebevoll umsorgt und Mitleid geheuchelt.«
    Eine halbe Stunde später
    Jetzt, in meinem belgischen Haus am Küchentisch, bin ich
mir dessen nicht so sicher. Als ich gestern kurz nach zwanzig Uhr bei Mertes
Sturm läutete, hat mir niemand geöffnet. Selbst wenn sich Fine mit ihrer
Migräne ins Schlafzimmer verzogen hat, die Neugier hätte sie doch bestimmt an
die Tür getrieben! Oder die Hoffnung, Hein würde ihr in Abwesenheit des Vaters
einen Überraschungsbesuch abstatten. Vielleicht war sie gar nicht zu Hause,
weil sie ihrem Mann heimlich gefolgt ist. Ihm dann im Sägewerk erst die
Prothese weg- und danach den Schädel eingeschlagen hat.
    Nach Gudruns Erzählung scheint mir das Landleben alles andere als
gesund zu sein.
    Während ich Linus geistesabwesend streichele, fällt mir wieder das
rote Cabrio ein, das ihn gestern beinahe umgenietet hätte. Wie viele solcher
Autos gibt es denn in dieser Gegend?
    Seit wann hält sich Hein hier auf? Warum hat er sich nicht
wenigstens bei der Mutter gemeldet, der er doch so zärtlich zugetan scheint?
    Ich beiße in das mittlerweile ausgetrocknete Ingwer-Gouda-Brötchen
und lege es angeekelt wieder hin. Der Appetit ist mir vergangen. Wenn das mit
diesen Morden so weitergeht, werde ich mir doch eine neue Garderobe kaufen
müssen. Aber eine Nummer kleiner!
    Gudrun, die in vorteilhafter Kleidung sicher eine beneidenswerte
Figur aufweist, war zu der fraglichen Zeit ebenfalls unterwegs. Angeblich mit
Hein. Und sie hat mir ungefragt eine Menge Intimitäten aus dem Familienleben
der Mertes verraten. Irgendwie passt das nicht zu einer Frau, die so oft den
Mund zusammenkneift.
    Wieder setze ich mir eine Theorie zusammen: Gudrun

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