Einkehr zum toedlichen Frieden
wirst
staunen, was der Balter Michael so alles an interessanten Dingen
zusammengetragen hat.«
»Eifeler Bauernkunst. Der selbst geklöppelte Misthaufen.«
»Nett«, sagt Hein, »Wir mögen es besonders gern, wenn Leute aus
Berlin herkommen und uns zurückgebliebenen Hinterwäldlern sagen, wo’s
geschmacklich langgeht. Damit wirst du dir hier viele Freunde machen.«
»Entschuldigung«, murmele ich, ehrlich bestürzt, den schwulen Kölner
Eventmanager an einem wunden Punkt getroffen zu haben. »Aber wir müssen doch
noch den ganzen Weg zurückgehen, und meine Füße tun mir jetzt schon weh. Da
kann ich nicht auch noch durch eine Ausstellung latschen.«
»Ich empfehle geeignetes Schuhwerk«, sagt er, immer noch nicht
wirklich besänftigt.
Vielsagend blicke ich auf seine eleganten grünen Halbschuhe unter
dem Tisch.
»Meinen Füßen geht es prima«, bemerkt er. »Du musst erst noch lernen,
welches Outfit dir hier guttut.«
»Wahrscheinlich muss ich hier überhaupt noch viel lernen.«
»Stimmt«, sagt er. »Wenn du hierbleiben möchtest.«
»Erst mal muss ich das«, weiche ich aus. »Herr Langer hat mich noch
nicht von der Liste der Verdächtigen gestrichen.«
»Und was sagen der Staatsanwalt und die föderale Polizei dazu?«
»Mit denen habe ich noch nicht gesprochen.«
Hein lächelt. »Dann giltst du nicht wirklich als Verdächtige. Da
hättest du deinen Pass abgeben müssen und dürftest dich nur in Belgien bewegen.
Und müsstest dich jeden Tag bei der Polizei melden.«
»Das muss ich auch«, entgegne ich trotzig.
»Bei dem Marcel? Der ist doch nur Polizeiinspektor in St. Vith. Der
ist nicht für Gewaltverbrechen und deren Aufklärung zuständig.«
»Nicht?«, frage ich verwirrt. »Warum hängt er dann dauernd bei mir
herum?«
Hein greift über den Tisch nach einer meiner Hände und zwingt mich,
ihm in die Augen zu sehen.
»Weil er dich für eine heiße Schnitte hält?«
Ich ziehe meine Hand weg. »Aus dem Alter bin ich raus«, sage ich
verärgert.
»Genau wie er«, gibt Hein friedfertig zurück. »Aber das Verwuschelte
und Zerknitterte hat doch einen ganz eigenen Charme. Hat die Modebranche
schließlich auch entdeckt. Das muss ich dir ja nicht sagen. Jedenfalls würde ich ihn nicht von der Bettkante schubsen. Und ihn nicht zu
lange zappeln lassen.«
Ich schweige. Mit jedem Wort würde ich ihm nur weitere Munition
liefern. Ich staune darüber, wie sehr es mich enttäuscht, dass Marcel Langer
die Ermittlungen nicht leitet. So als brauchte ich eine Entschuldigung, um mit
ihm in Verbindung zu bleiben. Schließlich hat er mir nicht befohlen, mich
täglich bei ihm zu melden. Was ich ja auch nur notgedrungen tue.
»Soll ich dir zeigen, wo ich gestern war?«, fragt Hein plötzlich.
»Kennen wir uns dafür jetzt gut genug?«, gebe ich zurück.
»Ich denke schon. Wir haben alles aus dem Beziehungsbuch hinter uns.
Misstrauen, den Austausch von Geheimnissen, wobei du allerdings etwas
zurückhaltender warst, den Abbau von Vorurteilen, Streit und Versöhnung. Wir
gehen jetzt in die Krippana. Danach laufen wir noch ein kleines Stück und
werden dafür später nach Hause gefahren.«
Er zieht sein Handy wieder hervor, telefoniert kurz und ersteht dann
eine Schachtel der in der Cafeteria angepriesenen belgischen Pralinen aus
eigener Herstellung.
Zusammen überqueren wir die Straße, binden Linus vor dem
farbenprächtigen Gebäude an und betreten den Verkaufsraum der Krippana.
Ein Paradies für jeden Esoteriker. Heilsteine so weit der Blick
reicht. Riesige Sandrosen, Leuchten aus Himalaja-Salzkristall und unzählige
Bergkristalle. Neugierig berühre ich einen vielzackigen Bergkristall in der
Größe jenes Teils, an dem das Blut meines Bruders geklebt hat. Ich hebe ihn an,
aber er ist so schwer, dass ich ihn sofort wieder absetze. Selbst jemand meines
Formats könnte damit niemanden erschlagen.
Michael Balter stürzt herbei, reicht Hein die Hand und kondoliert
ihm.
»Furchtbar, furchtbar«, sagt er. Zwei Morde in der Nachbarschaft und
so kurz nacheinander! Natürlich verstehe er, dass Fine jetzt anderes um die
Ohren habe, als zum Putzen zu kommen. Wie gut, dass Hein aus Köln herbeigeeilt
ist!
Balter begrüßt mich mit traurigem Lächeln und dankt mir, dass ich
trotz meines grauenhaften Erlebnisses vergangene Woche seine Ausstellung
besichtigen wolle. Selbstverständlich seien wir seine Gäste.
Als wüsste er, dass weder Hein noch ich an den zahlreichen in die
Wand eingelassenen oder am Weg aufgestellten
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