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Einkehr zum toedlichen Frieden

Einkehr zum toedlichen Frieden

Titel: Einkehr zum toedlichen Frieden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martina Kempff
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löste sich aus dem
Sperrmüllgerümpel an der Hauswand, prallte erst gegen meine Windschutzscheibe
und flog dann auf die Bundesstraße. Ich sprang aus dem Wagen und jagte dem
Tisch hinterher. Doch der Ausreißer schlitterte erheblich schneller Richtung
Losheim, als ich sprinten konnte. Erfolglos und völlig durchnässt, kehrte ich
zum Wagen und dem inzwischen laut bellenden Linus zurück.
    Ich blickte zu dem kleinen Kirchlein auf der Kehr hinüber und fragte
mich, ob ich es als bekennende Atheistin wagen durfte, zu beten. Oder ob das
kontraproduktiv wäre und Gott zur Strafe für meinen Unglauben Marcel Langers
Streifenwagen mit einem weißen Plastiktisch vom rechten Weg abbringen und in
den Straßengraben schicken würde. Ich begann zu verhandeln.
    »Es ist nicht seine Schuld, Gott«, sagte ich, mir das Lieber Gott verkneifend, weil das zu einschleimerisch
klang. »Und wenn er das überlebt, werde ich ehrlich zu ihm sein und ihm alles
sagen.«
    Zwanzig Minuten vergingen. Keine Spur eines Polizeiautos. Oder eines
anderen Wagens. Das Gewitter tobte unmittelbar über uns. Der hell krachende
Donner hätte den Lärm eines abstürzenden Flugzeugs übertönt, ganz zu schweigen
vom Knall Blech gegen Baum.
    Ich wurde immer verzweifelter, dachte überhaupt nicht mehr an den
Einbrecher, der bei diesem Orkan mein schützendes Haus kaum verlassen würde,
wenn er sich denn noch darin befand. Ich stellte die Scheibenwischer an und
sofort wieder aus. Diesem Regen waren sie nicht gewachsen. Ich hätte nichts
gesehen, wenn ich Langer in meinem Wagen entgegengekrochen wäre.
    Vielleicht war er ja an den Straßenrand gefahren, um das Ende dieses
Höllensturms abzuwarten. Nach einer weiteren Viertelstunde erwog ich, meine
Verhandlung mit Gott wieder aufzunehmen und meinen letzten Trumpf auszuspielen.
    Das erübrigte sich zum Glück, weil in diesem Augenblick der
weiß-blaue Streifenwagen mit Blaulicht in den Hof einbog.
    Alle Anspannung fiel von mir ab. Ohne mich um den Regen zu kümmern,
sprang ich aus dem Wagen und Marcel Langer hinterher. Der war mit seinem
Kollegen und gezückter Waffe bereits ins Haus gestürmt.
    »Draußen bleiben!«, herrschte er mich an. Das brachte mich wieder
zur Besinnung. Dieser Polizist konnte ja nicht ahnen, dass er dank meiner
Fürsprache dem sicheren Tod von der Schippe gesprungen war. Er würde eine
Umarmung völlig falsch deuten.
    Als er mir wenig später die Genehmigung zum Betreten meines Hauses
erteilte, hatte ich mich wieder so weit gefasst, dass ich ihn auch anschnauzen
konnte: »Warum hat das so lange gedauert!«
    »Lange?« Er starrte mich wütend an. »Wir sind hier nicht in Berlin,
liebe Frau Klein! St. Vith liegt nicht um die Ecke und die Kehr nicht an der
Autobahn. Und jetzt lassen Sie uns bitte unsere Arbeit erledigen.«
    Mit einem Kopfschütteln verschwand er in Gerds verwüstetem
Arbeitszimmer.
    Flüchtig dachte ich an das Versprechen, das ich einem Gott, an den
ich nicht glaubte, gegeben hatte. Meine Ängste erschienen mir mit einem Mal
total übertrieben und sehr unrealistisch. Hätte der wacklige Tisch dem
Streifenwagen aufgelauert, wäre das stabile Auto doch einfach darüber
hinweggebrettert! Zeus und Thor schickten Blitze, keine Plastiktische.
    Ich zog mich ins Schlafzimmer zurück, um das Naturschauspiel weiter
zu beobachten. Dieses Unwetter schien allem Hohn zu sprechen, was ich bislang
über Gewitter wusste. Wenn in Berlin so etwas losbrach, kam der Donner
preußisch ordentlich nach dem Blitz. Anfangs verringerte sich der Abstand
zwischen beiden, danach vergrößerte er sich wieder, und man konnte sich
ausrechnen, wann der Spuk vorbei war. Der sowieso kaum je länger als eine
Viertelstunde dauerte.
    Das war in diesen Breiten ganz anders. Blitze zuckten gleichzeitig
in alle Richtungen über den Himmel. Sogar völlig waagerechte Lichtflitze
erhellten die Wolken. Der Donner war keinem der Zackengebilde zuzuordnen, da er
Schlag auf Schlag erfolgte. Unter diesem Dröhnen wackelte das ganze Haus.
Lautstark peitschte der Regen auf das Dach und gegen die Mauern. Entsetzt sah
ich am Horizont eine breite Feuersäule niedergehen. Ich bekam es mit der Angst
zu tun, rannte ins Arbeitszimmer und fragte Marcel Langer, ob der Blitzableiter
diesem Gewitter überhaupt gewachsen sei.
    »Welcher Blitzableiter?«, fragte er verständnislos und setzte eine
Bemerkung hinzu, die meinem derzeit sehr gesteigerten Sicherheitsbedürfnis
nicht entgegenkam: »An so etwas glauben wir hier nicht.«
    Er ließ

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