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Einmal durch die Hölle und zurück

Einmal durch die Hölle und zurück

Titel: Einmal durch die Hölle und zurück Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Josh Bazell
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hat, die auf zwei anderen Seiten der Lichtung als Steg weitergeht. Und auf der Plattform stehen, dünn wie Störche, sechs Vietnamesen in Lendenschurzen und fuchteln mit ihren Stäben und Macheten.
    Jetzt geht das schon wieder los
, denkt Reggie.
    Das Boot legt den Rückwärtsgang ein, und dann geht der Motor mit einem Ruckeln aus. Vom Ruderhaus steigen der Lieutenant und der
Dai Uy
in die unheimliche, von keinem Motorenlärm zerrissene Sonnentagsstille hinab.
    Einer der Männer auf der Plattform ruft ihnen etwas zu und schwenkt seinen Stab. Der Lieutenant und der
Dai Uy
beraten sich. Dann ruft der
Dai Uy
etwas als Antwort hinüber.
    Der Mann auf der Plattform brüllt zurück. Als der
Dai Uy
diesmal geantwortet hat, ruft auch der Lieutenant etwas. Daraufhin schreien ein paar Männer auf der Plattform wutentbrannt los, und ein Streit bricht aus, der in keiner Sprache verständlich sein dürfte.
    Schließlich wiederholt einer der Männer auf der Plattform immer wieder dieselben Worte, deutet auf eine Seite, und alle verstummen und blicken in die angezeigte Richtung. Am Ende des Stegs liegt ein Aluminiumkanu, an dessen Rumpf die Buchstaben » FOM « prangen. [48]
    Anscheinend ist das der einzige Ort, an dem es halbwegs akzeptabel ist, ein ausländisches Boot festzumachen. Der Lieutenant klopft ans Fenster des Ruderhauses, und der Motor springt wieder an.
     
    Reggie hockt in der dunklen Hütte auf seinen Fersen und bemüht sich, nicht einzunicken und wieder das Gleichgewicht zu verlieren.
    Die Hütte steht auf Pfählen. Außer dem Steintempel in der Nähe ihres Landeplatzes ruhen anscheinend alle Gebäude im Dorf auf Pfählen, und das gilt auch für die Stege, die sie durch den Bambus miteinander verbinden. Reggie weiß nicht, wie groß das Dorf ist, aber es muss größer sein als das, was er gesehen hat, denn bisher hat er weder Frauen noch Kinder zu Gesicht bekommen.
    Der Lieutenant, der
Dai Uy
und mehrere von den Lendenschurztypen hocken rings um eine Karte, auf der eine GI -Laterne steht, und streiten sich auf Vietnamesisch. Der Körper eines der Lendenschurztypen versperrt dem Licht den Weg in Reggies Ecke.
    In einem seiner Knie verspürt er einen stechenden Schmerz. Das andere Bein ist eingeschlafen.
    Er döst ein.
     
    Der Lieutenant rüttelt ihn wach, und Reggie rappelt sich mühsam auf. Alle anderen Anwesenden stehen schon.
    Die Stimmung ist genauso feindselig und voller Argwohn wie vorher. Als sie zum Schrottkahn zurückgehen, weiß Reggie, dass keiner ihm oder auch nur dem CPO je erklären wird, warum das so ist. Auch nicht, was durch diese spezifische, unheimliche und zugleich langweilige Patrouillenfahrt erreicht wurde.
    Aber die Rückfahrt zum Fluss verläuft angenehmer. Der CPO wirkt besorgt und besteht darauf, dass Reggie ins Ruderhaus darf, obwohl es bereits brechend voll ist und auch ohne ihn nach Achselschweiß stinkt. Und als sie den Fluss erreichen, haben der weite Himmel und der relativ freie Blick etwas von einer Atempause. Der CPO hilft Reggie auf die Reling, und der Steuermann hilft ihm aufs
commandement
runter.
    Als Reggie sieht, dass sich der Lieutenant und der
Dai Uy
am Bug unterhalten, ergreift er die Gelegenheit, um sich kurz auszuruhen, bevor er wieder die Leiter hinaufsteigt.
    Er muss sich vorbeugen, um den Schlüssel, den er an einer Schnur um den Hals trägt, benutzen zu können, denn er fühlt sich zu schwach, um ihn über den Kopf zu streifen, doch er bekommt die Luke auf. Er atmet ein paarmal tief durch, wuchtet sie hoch und lässt sich dann hinuntergleiten.
    Plötzlich versetzt ihm irgendwas einen festen Hieb übers Auge und dann, von einem stechenden Schmerz begleitet, auf die Brust.

Anlage F, Zweiter Teil Sang Do-Fluss, Südvietnam
    Immer noch Montag, 24 . Juli 1967
    Reggie brüllt vor Angst. Es scheint also kein Albtraum zu sein: Seine Stimme funktioniert noch. Doch als er an sich hinabblickt, sieht er eine hellgrüne, einen Meter lange Kobra mit einem Giftzahn an seiner Feldjacke hängen. Sie ist so schwer wie ein Arm.
    Reggie ist erstarrt. Die Schlange windet sich und zuckt wie eine Peitsche, spreizt die Haube und zieht sie wieder ein, kriegt ihr Maul aber nicht von Reggies Brust los. Während Reggie sie entsetzt anstarrt, steigt aus dem freien Zahn eine trübe weiße Flüssigkeit auf.
    Einunddreißig von dreiunddreißig. Wie Reggie gehört hat, sind so viele in dieser Gegend beheimatete Schlangenarten giftig.
    Aus dem Augenwinkel sieht er zwei Hände auf sich zukommen, doch

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