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Einmal durch die Hölle und zurück

Einmal durch die Hölle und zurück

Titel: Einmal durch die Hölle und zurück Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Josh Bazell
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er kann den Blick nicht von der Schlange wenden. Auch nicht, als die Hände sie am Hals packen und ihr mit einem Kampfmesser den Kopf abhacken.
    Der Körper der Schlange windet sich zappelnd am Boden und verspritzt Blut, während er gegen Reggies nackte Schienbeine schlägt. Reggie versucht, dem zuckenden Tierleib aus dem Weg zu gehen, kann sich aber immer noch nicht vom Fleck rühren.
    Der Lieutenant steht bloß mit dem Messer und dem Kobrakopf da und betrachtet die Giftzähne. Weiße Bläschen aus dem einen, rosafarbene aus dem anderen Zahn.
    »Oh-ooh«, sagt der Lieutenant.
     
    Reggie erwacht auf dem Dach des Ruderhauses. Strahlend blauer Himmel.
    Etwas Schweres liegt auf seiner Brust. Es hebt sich. Es ist der Kopf des CPO , der Mund blutverschmiert. Reggie schreit auf.
    »Halten Sie still«, sagt der CPO . »Ich sauge das Gift aus.«
    Der CPO macht weiter. Oder auch nicht. Reggie spürt nichts. Die Vorderseite seines Körpers ist ein einziger pulsierender Schmerz.
    Der CPO hebt den Kopf und spuckt etwas aus. Ein paar Spritzer landen auf Reggies Hals. Dann, als wäre es ihm erst nachträglich eingefallen, beugt sich der CPO über den Rand des Ruderhauses und übergibt sich. All das macht Reggie nichts aus, solange er sich nicht bewegen muss.
    »Moment«, sagt der CPO und wischt sich den Mund ab. »Ich hole das Antivenin.«
    Er verschwindet aus Reggies Blickfeld, wird aber sofort durch den Lieutenant ersetzt, der sich vorbeugt, Reggies Brust anstarrt und dann mit den Worten aufsteht: »Das kann er nur überleben, wenn der Zahn nicht die Brustwand durchdrungen hat.«
    »Wie wär’s mit ein bisschen Morphium?«, fragt der CPO , der schon wieder neben Reggie kniet. Reggie spürt, wie eine Wärme durch seinen Körper fließt, die den Schmerz zwar nicht beenden kann, ihn jedoch aussperrt, als wäre Reggie gesund, und der Schmerz stünde wie ein Tablett auf seiner Brust.
    »Atmen!«, brüllt der CPO . Hat Reggie denn zwischendurch aufgehört? Er atmet.
    Als der Schmerz so weit abgeklungen ist, dass Reggie sich konzentrieren kann, hört er, wie sich der Lieutenant und der CPO ganz in der Nähe streiten.
    »Wir lassen ihn in dem Dorf«, sagt der Lieutenant.
    »Gibt es da jemanden, der sich um ihn kümmern kann?«, fragt der CPO .
    »Lassen Sie mich nicht im Dorf«, versucht Reggie zu sagen, doch es strömt keine Luft zwischen seinen Lippen hervor.
    »Wollen Sie etwa den Befehl verweigern?«, fragt der Lieutenant den CPO .
    »Nein,
Sir
«, sagt der CPO mit einem wütenden Sarkasmus, wie ihn Reggie noch nie von ihm gehört hat. »Ich möchte bloß wissen, was für einen Sinn es hat, ihn die ganze Strecke zum Dorf zu bringen. Warum werfen wir ihn nicht einfach in den Fluss?«
    Der Lieutenant blickt Reggie an. Sieht, dass Reggie ihnen zuhört. Kauert nieder, um mit ihm zu reden.
    »Junge, wir können Sie nicht auf die Mission mitnehmen. In keinem der Ruderhäuser ist Platz für Sie, und bei einem Feuergefecht können Sie nicht an Deck liegen. Ich kann auch niemanden bei Ihnen zurücklassen. Sie wissen ja, dass ein E- 4 nicht den Abbruch einer Mission rechtfertigt.«
    Reggie fragt sich, ob es nötig ist, darauf zu antworten.
    »Es ist für Sie – und auch für uns – ungefährlicher, wenn Sie im Dorf bleiben. Und wir müssen Sie schnell dort hinbringen, damit wir uns noch rechtzeitig in den Hinterhalt legen können. Ende der Diskussion, okay?« Der Lieutenant blickt den CPO an. »Ende der Diskussion.«
     
    Der CPO und der Steuermann seines Bootes heben Reggie in seiner Stofftrage übers Wasser, zählen bis drei und lassen ihn dann in das Aluminiumkanu hinab, das in der Nähe des Dorftempels liegt. Natürlich: Gott verhüte, dass Reggie irgendwann vor seinem Tod noch mal aus dem Wasser kommt. Der CPO zieht das Kanu dicht an den Steg und legt eine Feldflasche und eine eiserne Ration neben Reggies Körper. Breitet ein Moskitonetz über ihn.
    Bevor er Reggies Gesicht abdeckt, blickt sich der CPO um. Sagt: »Scht. Machen Sie den Mund auf. Strecken Sie die Zunge raus.«
    »Was …?
    »Los, schnell.«
    Reggie gehorcht. Der CPO berührt mit seiner rauen, salzigen Fingerspitze Reggies Zunge. Als er die Hand zurückzieht, bleibt etwas auf Reggies Zunge liegen. Er streift es mit den Schneidezähnen von der Zunge und rollt es zusammen: Papier, so was wie die Punkte beim Ausleeren eines Lochers.
    Reggie schwört, wenn er so lange lebt, dass er noch mal einen Locher benutzen kann, wird er versuchen, ihn mehr zu würdigen. Jegliche

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