Einmal durch die Hölle und zurück
garantierte technische Schulung durchlief, würde er vielleicht einen Job in der Funkstation eines Flugzeugträgers mit fünftausend Mann Besatzung erhalten und mit hochgelegten Füßen Artillerieangriffe anfordern.
Aber wie sich herausstellte, hat er eine ganz andere Aufgabe: Er ist Nachrichtentechniker einer River Assault Group der südvietnamesischen Marine im verdammten
Cuu Long Giang
. Grundausbildung in Great Lakes – direkt vor Reggies Ankunft von acht auf drei Wochen verkürzt –, dann zwei Tage »eingegrenzte Spezialisierungsausbildung« an Bord eines in Saigon liegenden Zerstörers. Und jetzt diese Scheiße. Wobei fünfundzwanzig der zweiundvierzig wie Reggie in Vinh Long stationierten amerikanischen RAG -Leute in den letzten drei Monaten gefallen sind.
Oder an der Ruhr gestorben. Reggie lehnt sich mit seinem vollen Gewicht an die Wand, um sich die Hände an der abgeschnittenen Uniformhose abzutrocknen, und zieht sich dann wieder an der Rückwand des Ruderhauses hoch.
Als er sich mit immer noch erhobenen Händen umdreht, jubeln ihm die Ruff-Puffs im nächsten Boot zu.
Drei Stunden später sind die Ruff-Puffs verschwunden, mit ihren vietnamesischen Kommandeuren und ihrem einzigen Begleiter der U. S. Army, einem starräugigen »Befriedungsoffizier«, der zu keinem ein Wort gesagt hat. Reggie sitzt im Ruderhaus, und es geht ihm viel besser. Ihm ist immer noch schwindlig, aber bei weitem nicht mehr so kalt.
Das ist der angenehme Teil der Mission, die fünf Boote der Flottille gleiten ruhig übers Wasser. Die Operation dürfte ganz einfach sein: Sie sollen noch ein Stück flussaufwärts fahren, dann anlegen und darauf warten, dass ihnen die Ruff-Puffs die Vietcong in die Arme treiben. Dort sollen sie die Vietcong mit den auf dem Deck montierten 30 er und 50 er Maschinengewehren erledigen. Reggie hat noch nie erlebt, dass so eine Operation völlig glattläuft, aber diesmal hat er ein gutes Gefühl.
Lieutenant Torrent lässt sich ins Ruderhaus hinunter, gefolgt von
Dai Uy
Nang.
Reggie hat die beiden nur selten getrennt erlebt. Sogar um die Reporterin vom
Life Magazine
, die sie vor Reggies Ankunft bei einem Einsatz mit der RAG begleitete, sollen sie sich zu zweit gekümmert haben. Und obendrein sehen sie sich auch noch ähnlich – beide nicht viel größer als eins fünfzig und federleicht, auch wenn der blonde, blauäugige Lieutenant aus Oregon und der
Dai Uy
aus der Rung Sat-Region südöstlich von Saigon stammt. Beide tragen australische Outdoorhüte und rauchen Pfeife. Den Borkum Riff-Tabak treibt der CPO immer irgendwo auf.
»Ist ja brütend heiß hier drin«, sagt der Lieutenant. »Trinken Sie auch genug Wasser?«
»Ja, Sir«, sagt Reggie.
»Gut zu hören, Matrose. Sterben Sie mir bloß nicht. Holen Sie mir alle ans Funkgerät. Wir gehen auf einen Aufklärungseinsatz.«
»Ja, Sir«, sagt Reggie und denkt:
Oh, Scheiße
.
»Aufklärungseinsatz« bedeutet für den Lieutenant und den
Dai Uy
, dass sie unbekannte Dörfer aufsuchen und mit den dort lebenden Menschen sprechen, um etwas über die Wasserstraßen in der Gegend zu erfahren und Vertrauen zu säen. Als ob das möglich wäre. Reggie war bei mehreren dieser Expeditionen dabei, und alle sind ihm wegen des Gefühls im Gedächtnis geblieben, dass die Dorfbewohner sie eher umbringen würden als mit ihnen zu reden und die ganze Zeit überlegten, wie sie das bewerkstelligen könnten.
Und bei keiner dieser Expeditionen waren sie so weit flussaufwärts gewesen. Reggie hat keine Ahnung, woher der Lieutenant und der
Dai Uy
überhaupt wissen, dass es in dieser Gegend ein Dorf gibt.
Doch die beiden unterhalten sich auf Vietnamesisch und lächeln auf eine Art, die Reggie, der kein Vietnamesisch versteht, Sorgen bereiten sollte. Der vietnamesische Steuermann beteiligt sich an dem Gespräch. Kurz darauf spricht der Lieutenant auf Vietnamesisch in Reggies Funkgerät, und der Steuermann lenkt das Boot in eine Flussbiegung, in der das Ufer nur ein Schlammstreifen mit einem Sumpf auf der anderen Seite ist.
Der Schrottkahn vor ihnen legt den Rückwärtsgang ein. Als das Boot neben ihnen hält, sieht Reggie, wie der Kopf des CPO in der Luke über dem Ruderhaus auftaucht.
Der Lieutenant gibt Reggie das Funkgerät zurück und springt hoch, um sich mit einem Klimmzug aus ihrer eigenen Luke zu ziehen. Reggie hört, wie er die Motoren überschreit: »Wir halten und gehen auf einen Aufklärungseinsatz. Wir legen mit der Flottille an und fahren
Weitere Kostenlose Bücher