Einmal Himmel und zurück: Der wahre Bericht einer Ärztin über ihren Tod, den Himmel, die Engel und das Leben, das folgte (German Edition)
entlangzugleiten, wohlwissend, dass er heimwärts führen würde – in das ewige Zuhause. Wir kehrten zurück zu Gott und waren sehr aufgeregt. Die anderen konnten ihre grenzenlose Begeisterung kaum für sich behalten, erpicht darauf, meine Rückkehr anzukündigen und dieses Ereignis mit sämtlichen Bewohnern des Himmels zu feiern.
Während ich die Schönheit ringsum in mich einsog und mit meinen Gefährten die Freude auskostete, spähte ich zurück auf die Szene am Flussufer. Mein Körper sah aus wie die Hülle einer zufriedenen alten Freundin, der gegenüber ich tiefes Mitgefühl empfand – und Dankbarkeit dafür, dass ich sie hatte benutzen dürfen.
Ich betrachtete Tom und seine Söhne, die furchtbar traurig und verletzlich wirkten. Ich hörte, wie sie mich riefen und anflehten, einen Atemzug zu machen. Ich liebte sie und ertrug es nicht, sie in solcher Verzweiflung zu sehen. Also bat ich meine himmlischen Gefährten, ein wenig zu warten, derweil ich in meinen Körper zurückkehrte, mich hinlegte und einen Atemzug tat. Im Glauben, dass dies genüge, verließ ich den Körper wieder und setzte meine Heimreise fort.
Wir schwebten einen Weg entlang, der zu einer großartigen, lichtdurchfluteten Halle führte, weiträumiger und prächtiger als alles, was ich mir auf der Erde vorstellen kann. Ihr Glanz erstrahlte in allen Farben von unfassbarer Schönheit. Wenn Menschen über ihre Nahtoderfahrungen berichten, »das weiße Licht zu sehen« oder »dem weißen Licht zuzustreben«, meinen sie damit wohl ihre Annäherung an den Glanz dieser Halle. Unser Vokabular reicht einfach nicht aus, um solch eine Erfahrung auf verständliche Weise zu beschreiben. Vielleicht sprach Jesus deshalb oft in Gleichnissen.
Ich spürte, wie meine Seele zum Eingang gezogen wurde, nahm den strahlenden Glanz in mich auf und fühlte jene reine, vollkommene und unbedingte Liebe, die von der Halle ausströmte. Das war die verlockendste und herrlichste Erfahrung, die ich je gemacht habe.
Für mich bestand keinerlei Zweifel daran, dass dieser Eingang gleichsam die letzte Abzweigung des Lebens darstellte, das Tor, das jeder Mensch passieren muss. Offensichtlich war die Halle der Ort, wo jedem von uns die Möglichkeit gegeben wird, das eigene Leben und die getroffenen Entscheidungen noch einmal in Betracht zu ziehen, wo wir alle die letzte Chance erhalten, entweder Gott zu wählen oder uns für immer von ihm abzuwenden. Ich war bereit, die Halle zu betreten, erfüllt von der brennenden Sehnsucht, mit Gott wieder vereint zu werden.
Davon hielt mich jedoch ein beachtliches Hindernis ab: Tom Long und seine Söhne gaben mir immer wieder Zeichen. Jedes Mal, wenn sie mich baten, zurückzukommen und einen Atemzug zu machen, fühlte ich mich gezwungen, genau das zu tun, ehe ich mich dann erneut meiner Reise widmete. Ihr wiederholtes Rufen ermüdete, ja irritierte mich ziemlich. Ich wusste zwar, dass sie nicht begriffen, was da gerade geschah, war aber verstimmt, weil sie mich nicht loslassen wollten. Mein Unmut ähnelte dem einer Mutter, deren kleines Kind vor dem Schlafengehen ständig nach etwas anderem verlangt: eine weitere Gutenachtgeschichte, ein Glas Wasser, noch einen Kuss, das Licht soll unbedingt ein- oder ausgeschaltet, das Deckbett erneut aufgeschüttelt werden …
Wir erreichten den Eingang der Halle, und ich sah die vielen Geistwesen im Innern, die geschäftig hin und her eilten. Als wir uns näherten, wandten sie sich uns zu und übermittelten uns ihr tiefes Mitgefühl, ihre große Liebe.
Doch bevor wir hineingehen konnten, überkam meine geistigen Gefährten urplötzlich ein Gefühl von Trauer und Schmerz, und die Atmosphäre wurde bedrückend. Sie erklärten mir, dass für mich der Moment noch nicht gekommen sei, die Halle zu betreten; ich hätte meine Reise auf Erden noch nicht beendet, müsse weitere Aufgaben erledigen und daher in meinen Körper zurückkehren.
Ich protestierte, aber sie nannten mehrere Gründe, die für meine Rückkehr sprachen, und fügten hinzu, ich würde bald weitere Informationen erhalten.
Wir teilten unsere Trauer, als sie mich zum Flussufer zurückbrachten. Ich nahm Platz in meinem Körper und warf diesen himmlischen Wesen, diesen Menschen, die herbeigekommen waren, um mich zu führen, zu beschützen und anzufeuern, einen letzten sehnsüchtigen Blick zu, ehe ich mich ausstreckte und mit meiner Hülle wieder vereint wurde.
13
Die Engel am Fluss
Wer nicht an Wunder glaubt,
ist kein Realist.
David
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