Einmal Himmelblau und zurueck
lehne mich bequem an die Wand. Aus meiner Jackentasche ziehe ich ein leicht zerdrücktes Päckchen Zigaretten. Ich stecke mir eine an und inhaliere den Rauch tief in die Lunge ein. Wie gut das tut! Jetzt kann ich nachdenken.
Aber worüber? Das ganze Dilemma ist doch in einem Satz zusammengefasst: Ich habe mich Hals über Kopf in einen verheirateten Mann verknallt. Punkt. Aus.
Da gibt es nichts zu beschönigen, nichts wegzulassen und nichts dazuzudichten. Es ist, wie es ist. Ich bin genauso Single, wie ich es vor fünf oder sechs Stunden schon war. Daran hat sich nichts geändert. Auch durch meine Blamagen Nummer eins bis sieben nicht. Mein Aussehen zähle ich nach dem Blick in den Spiegel definitiv als Blamage dazu.
Ich ziehe ein letztes Mal an der Zigarette, mache sie unter dem Wasserhahn nass und schnippe sie in den Mülleimer. Mit einem kleinen Sprung hopse ich von der Ablage hinunter, richte meine Jacke, meine Mütze und mein Lächeln und öffne die Tür. »Auf in den Kampf«, spreche ich mir selbst Mut zu und hoffe, dass ich diesen Abend ohne weitere Blessuren überleben werde. Ein Panzer für mein Herz wäre schön, aber ich glaube kaum, dass die Speisekarte damit dienen kann.
Von der Treppe aus sehe ich John am Tresen sitzen. Ich bleibe einen Moment stehen und beobachte ihn. Das gönne ich mir jetzt einfach.
Nur durch seine Anwesenheit strahlt er eine wahnsinnige Erotik aus. Die Frauen, die ihre Köpfe nach ihm umdrehen, fallen mir genauso auf wie seine Gleichgültigkeit ihnen gegenüber. Das Aufsehen, dass er erregt, scheint ihn nicht zu interessieren.
Auf der einen Seite freut mich das, zeigt es doch, dass er mit mir zusammen hier ist. Auf der anderen Seite macht es die Sache ernster.
»Es ist kompliziert« würde man auf Facebook anklicken und wäre durch mit dem Thema. Im wahren Leben geht das nicht so einfach.
Ich habe wieder zwei Möglichkeiten. Der Ausgang ist nicht weit. Ich könnte gehen. Seine Tasche einfach vor die Tür und die Klingel abstellen. Und mich in den Schlaf heulen.
Oder zu ihm zurückgehen, mir anhören, was er zu seiner Verteidigung zu sagen hat, mit ihm zusammen nach Hause gehen, ihm seine Tasche geben, ihn gehen lassen und mich dann in den Schlaf heulen. Egal. Das Herz brechen wird er mir sowieso. Warum also den Heimweg alleine bestreiten und den Stress mit der Klingel haben?
Ich mobilisiere meine letzten Kräfte und gehe langsam auf ihn zu. Mit gesenktem Kopf und hängenden Schultern sitzt er am Tresen, ein Bier steht vor ihm, ein weiteres daneben. Vermutlich für mich. Als er den Kopf hebt und in meine Richtung sieht, erkenne ich Trauer und Hoffnungslosigkeit. Und Leere. Als hätte er etwas verloren. Ich bin verwirrt und bleibe mitten im Gang stehen.
Unsere Blicke verhaken sich ineinander und ich spüre, dass – egal, wie wir uns trennen werden – diese Begegnung zwischen uns beiden etwas ganz Besonderes ist und unser beider Leben verändert hat.
Und wieder klopft mein Herz bis zum Anschlag und wieder schießt mir das Blut in den Kopf, und als meine Beine sich wie von selbst in Bewegung setzen, und ich einen Schritt auf ihn zugehe und dann noch einen und noch einen, da steht er schon vor mir, nimmt mich in den Arm und hält mich einfach nur fest. Ganz fest. Und ich weiß – egal, wie diese Geschichte ausgeht – John wird immer einen Platz in meinem Herzen haben ...
In Love
Mein Lieblingsplatz mit dem kuscheligen Sofa ist frei.
Ich ziehe John in die Ecke hinter dem Bücherregal und lasse mich ins weiche Polster der durchgesessenen Couch fallen. John setzt sich neben mich, unsere Beine und Schultern berühren sich, als wir unsere Jacken ausziehen. Er schaut mich an und hebt seinen linken Arm. Der Aufforderung, mich dort hineinzukuscheln, komme ich gerne nach. Es geht eine unglaubliche Wärme von seinem Körper aus, die mich sofort umfängt, und ich blende für einen kurzen Moment alles aus, was unser Zusammensein belastet. Ich genieße einfach nur den Augenblick. Mit geschlossenen Augen sitze ich in meiner Lieblingsbar, auf meinem Lieblingssofa, mit dem Mann meiner Träume und stelle mir vor, dass ich das Gegenstück seines Rings an meinem Finger prangen habe. Bäm!
Realität – Jo. Jo – Realität. Guten Tag.
Ich öffne die Augen, und wenn du denkst, es geht nicht mehr schlimmer ... Ich sehe Sassi auf uns zukommen. Oh nein! Ausgerechnet Sassi.
Sassi, eigentlich Saskia, ist Kellnerin im Brauhaus , genau wie ich. Aber da hören unsere
Weitere Kostenlose Bücher