Einmal Hochzeit und zurück
ich.
»Was denkst du denn? Meinst du, wir waren noch nie auf einer Teenie-Party? Wir werden oben Wache schieben. Und zwar schwer bewaffnet.«
»Biiiiiiiiiiittttteeeeeee! Das wird die schlimmste Geburtstagsparty aller Zeiten!«
Gott sei Dank einigten wir uns schließlich darauf, das Babyfon der Clellands auszuleihen und oben aufzustellen. Während der Party wollten meine Eltern dann in der Kneipe nebenan sitzen, das Babyfon quasi ans Ohr getackert. Am Ende war ich die Einzige, die sich übergeben musste.
Es gab einen ganz bestimmten Grund, weshalb ich mich so auf die Party freute. Ich hatte nämlich meinen allerersten Freund.
Clelland war den größten Teil des Sommers nicht zu Hause gewesen. Ich hatte Trübsal geblasen, im Supermarkt um die Ecke gearbeitet und alles daran gesetzt, meinen Eltern das Leben zur Hölle zu machen. Dann, eines späten Nachmittags, kam er einfach so in den Laden spaziert - braun, schlank und so zum Anbeißen, dass mir fast das Herz stehen blieb.
»Hallo«, sagte Clelland und blickte von seiner Tüte voller Gemüse auf, das er selbst kaufen und kochen musste, weil seine Eltern ihm auf diese Weise seine dämliche Vegetarierphase austreiben wollten. (Ich dagegen fand das hinreißend edel von ihm.)
»Hi du.«
Ich schluckte. Mein internationaler Schwarm - mehr als Paul Young, John Taylor von Duran Duran und Andrew Ridgeley zusammen - war hier und stand direkt vor mir ... durchtrainiert und braun gebrannt. Ich musste cool bleiben. Ich musste einfach!
»Lange nicht gesehen«, sagte ich gelangweilt.
»Hi«, sagte er und musste ebenfalls schlucken. »Na ja, ich war ein bisschen unterwegs.«
»Echt?«, stammelte ich. »Toll.«
»Eigentlich nicht.« Er zuckte wenig überzeugend die Achseln und sah sich das schmuddelige Verlies und die Nylon-Uniform an, in denen ich ganz offensichtlich den gesamten Sommer verbracht hatte. »Aber ich habe ein paar Leute kennen gelernt, weißt du. Studenten und so, die ein bisschen abhängen. Dann sind wir alle zusammen nach Spanien gefahren, haben eine echt billige Bleibe gefunden, bei der Traubenlese geholfen und unterm Sternenhimmel geschlafen. Wir durften so viel Wein trinken, wie wir wollten. Dann sind wir mit dem Geld, das wir verdient haben, alle für ein paar Tage nach Glastonbury gefahren. Aber so toll war das nun auch wieder nicht.«
»Gut!«, platzte ich heraus. »Ich meine, tut mir Leid, dass du so miese Ferien gehabt hast.«
»Ja? Und was ist hier so abgegangen?«
»Also, ähm ... Ratboy hat die Bushaltestelle eingetreten, und sie mussten eine neue aufstellen. Dann hat er sie wieder eingetreten.«
Clelland biss sich auf die Unterlippe. »Wann kommst du hier raus?«
Ich fühlte mich, als hätte mir jemand in den Magen geboxt. »Ähm ...«, sagte ich. Ich wusste es beim besten Willen nicht mehr.
An diesem Abend gingen wir gemeinsam nach Hause. Es war warm, und er kaufte mir eine Tüte Chips, und wir lagen zusammen im Park und aßen sie, während wir uns die Sterne ansahen, die vielleicht nicht so toll waren wie die über spanischen Weinbergen, aber mir gefielen sie. Dann küssten wir uns und küssten und küssten, salzige, klebrige Küsse, stunden- und stunden- und stundenlang, wie nur Teenager küssen können, eng umschlungen wie zwei Reben, die umeinander wachsen. Als irgendwann Erwachsene auftauchten - Schwule und Obdachlose - machten wir uns langsam auf den Heimweg, auf dem meine Innereien die ganze Zeit Purzelbäume schlugen.
Wir verlebten ein paar wundervolle Wochen zusammen. Wir küssten, lasen, redeten, hingen rum und meckerten über unsere Eltern, tranken Cider, taten so, als würden wir uns nicht kennen, wenn wir zufällig jemandem aus unserer Schule begegneten, und schliefen nicht miteinander. Was mich aus heutiger Sicht ziemlich erstaunt. Ich war früher davon ausgegangen, alle seien wie ich, und jetzt muss ich feststellen, dass selbst meine anständigsten Freundinnen (ja, je vornehmer die Familie, desto eher rammelten sie wie die Karnickel) es schon im frühen Teenageralter im Heu trieben, während ich seine Hand wegschob. Ich war heiß darauf, mehr zu tun, aber gar nicht heiß darauf, mich in die Bredouille zu bringen.
Lieber Gott, ich war echt ein hoffnungsloser Fall. Und was ich nicht alles verpasst habe, weil ich dachte, alle Jungs wären so toll. Es hat Jahre gedauert, bis ich den Dreh raushatte, und mal ehrlich, nur zu gerne hätte ich eine richtige Beziehung mit allem Drum und Dran in vollen Zügen genossen, während ich
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