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Einmal Hochzeit und zurück

Einmal Hochzeit und zurück

Titel: Einmal Hochzeit und zurück Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jenny Colgan
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noch eine Wespentaille, einen Knackarsch und straffe Oberarme hatte. Das Leben ist einfach ungerecht.
    Damals allerdings dachte ich, es sei perfekt. Wir fuhren zusammen nach Brighton, mieteten nach einigem Hin und Her einen Roller, und ich kam mir vor, als lebte ich La Dolce Vita. Wir küssten uns auf Felsen, hinter Bäumen, in Zügen, an allen erdenklichen Orten, und der sensible, introvertierte Junge stellte sich als witzig, liebenswert und eigenwillig heraus und nur allzu bereit, Monologe über George Orwell, Hunter S. Thompson und Holden Caulfield zu halten. Wir waren verrückt nacheinander. Bis -
    »Aberdeen?« Ich starrte ihn bloß an.
    Er gab sich größte Mühe, traurig auszusehen und nicht allzu begeistert, dass er bald zur Uni gehen würde.
    »Studienplatzvergabe per Clearing wegen Überbelegung. Du weißt schon. Beinahe hätte ich gar keinen Studienplatz bekommen.«
    »Wo ist denn Aberdeen? Auf einer Insel oder was?«
    »Nein, im Norden von Schottland.«
    »Sprechen die da englisch?«
    »Ja, ich glaube schon.«
    Ich starrte ihn ungläubig an.
    Dann ließ ich ihn einfach im Wohnzimmer sitzen, lief hinaus in die Garage, kramte den alten Straßenatlas meines Vaters hervor und suchte die Stelle, an der die beiden Punkte des Rasters sich trafen.
    Aberdeen ist achthundertzwanzig Kilometer von London entfernt.
    »Aberdeen«, sagte ich, holte tief Luft und versuchte ganz langsam zu reden, auch wenn mir das Herz bis zum Hals schlug und ich befürchtete, gleich in Tränen auszubrechen. »Weiter als Aberdeen kann man von London gar nicht weg sein.«
    »Ich weiß«, erwiderte Clelland und verzog den Mund ansatzweise zu seinem komischen, verknitterten kleinen Lächeln. »Entweder das, oder die Fachhochschule hier bei uns.«
    »Du verlässt mich«, sagte ich und hatte die Fassung, um die ich so gerungen hatte, schon verloren. Gleichzeitig fühlte ich mich wie in einer tragischen Liebesgeschichte.
    »Oh, Flora, Süße ...« Er nahm mich in die Arme. »Ich gehe weg. Ich gehe zur Uni. Ist doch ganz egal, wohin ich gehe. Wir sind noch so jung, weißt du?«
    Der Kloß in meinem Hals fühlte sich an, als würde ich versuchen, eine Rakete runterzuschlucken. »Aber wir lieben uns doch!«
    Er drückte mich und hielt mich ganz fest. »Ich weiß. Ich weiß. Du und ich. Wir beide erobern die ganze Welt, hast du das schon vergessen?«
    »Auf achthundertzwanzig Kilometer Entfernung.«
    Er guckte gequält: Er muss gewusst oder zumindest geahnt haben, was mit Teenie-Liebespärchen passiert, wenn einer der beiden eigene Wege geht. Und ich glaube, auch ich habe es ganz klar gesehen.
    »In den Ferien komme ich nach Hause«, versprach er halbherzig, als wolle er mich damit ein bisschen trösten.
    Meine Mutter fing mich ab, als ich die Treppe zu meinem Zimmer hinaufpolterte.
    »Was ist denn los, Schätzchen?«
    »Nichts!«, brüllte ich in echter Teenagermanier, kam überhaupt nicht auf den Gedanken, dass sie vielleicht verstehen könnte, was los war - und zwar nur zu gut, wie ich ein oder zwei Jahre später herausfinden sollte. Wie sollte sie das auch verstehen? Wie sollte überhaupt jemand das verstehen? Kein Mensch war je so verliebt gewesen wie ich. Kein Mensch war so einzigartig wie Clelland. Kein Mensch konnte das verstehen.
    Von meinem Fenster aus beobachtete ich, wie er sich, nach gut halbstündigem Warten, linkisch den Gartenpfad hinuntertrollte, und angesichts des unfassbar tragischen Gedankens, ihn nie wiederzusehen, heulte ich mir fast die Augen aus dem Kopf.
    O Gott, die Party. Ich wollte sie absagen, aber Tashy und meiner Mutter gelang es, mich davon zu überzeugen, dass Clelland bestimmt trotzdem kommen würde. Außerdem hatten wir schon alle eingeladen.
    Es ist bloß so: Das mit der Beliebtheit ist eine komische Sache. Sie ist ansteckend. Wir konnten nichts dafür. Wir gingen auf die hiesige Gesamtschule, wo ziemlich raue Sitten herrschten, und aus irgendwelchen unerfindlichen Gründen hatten sich in diesem Schuljahr alle gegen uns verschworen und beschlossen, uns nicht leiden zu können.
    Ich hatte allerdings nicht damit gerechnet, dass sich diese Abneigung auch auf Partys erstrecken würde. Partys mochte doch schließlich jeder, oder?
    Ich trug also ein fast schon gewagtes rotes Kleid von Clockhouse, in das ich ganz vernarrt war, und verbrachte den gesamten Abend damit, wie besessen daran herumzuzupfen und es runterzuziehen und Panikattacken zu bekommen, weil ich fürchtete, darin fett auszusehen. (Wie die Fotos beweisen,

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