Einmal ist keinmal
solltest du ihn dir möglichst schnell krallen. Man munkelt, unser Rechtssystem wäre noch das kleinste seiner Probleme.«
»Heißt das, daß noch ein anderer eine Prämie für ihn bezahlt?«
Ranger tat so, als drückt er seine Waffe ab. »Peng.«
»Und an dem Gerücht ist tatsächlich etwas dran?«
Er zuckte mit den Schultern. »Ich wiederhole nur, was ich gehört habe.«
»Die Geschichte wird immer undurchsichtiger.«
»Wie ich schon sagte, die Geschichte geht dich nichts an. Dein Job ist einfach. Finde den Mann, und mach ihn dingfest.«
»Traust du mir das zu?«
»Nein.«
Wenn er mich entmutigen wollte, war das genau die falsche Antwort. »Hilfst du mir trotzdem?«
»Solange du es keinem weitererzählst. Ich will mir nicht meinen schlechten Ruf versauen und plötzlich als braver Bub dastehen.«
Ich nickte. »Okay, wo fange ich an?«
»Zuerst brauchst du mal eine Ausrüstung. Und während wir dich ausstaffieren, erzähle ich dir was über die Gesetze.«
»Und was kostet der ganze Spaß?«
»Meine Zeit und mein Wissen kosten dich nichts, weil ich dich mag und weil ich schon immer mal Professor Higgins spielen wollte, aber Handschellen kosten vierzig Dollar das Paar. Bist du nicht flüssig?«
Ich besaß keine einzige Kreditkarte mehr. Ich hatte meine wenigen guten Schmuckstücke verpfändet und mein Schlafsofa an einen Nachbarn verscherbelt. Die wichtigsten Haushaltsgeräte waren für den Nova draufgegangen. Ich hatte nur noch meinen Sparstrumpf für Notfälle, den ich bislang nicht angerührt hatte. Ich wollte das Geld für die Operation sparen, der ich mich sicher demnächst würde unterziehen müssen, wenn mir die Schuldeneintreiber die Kniescheiben gebrochen hatten.
Aber jetzt konnte ich, genausogut darauf pfeifen. Wahrscheinlich reichte die Kohle für neue Knie sowieso nicht. »Ich habe noch ein paar Dollars auf der hohen Kante«, sagte ich.
*
Ich stellte die große schwarze Umhängetasche neben meinen Stuhl und setzte mich an den Eßtisch. Meine Mutter, mein Vater und Grandma Mazur waren bereits versammelt und wollten hören, wie es mir bei Vinnie ergangen war.
»Du kommst zwölf Minuten zu spät«, sagte meine Mutter. »Ich habe schon aufgepaßt, ob ich Sirenen höre. Du hattest doch hoffentlich keinen Unfall?«
»Ich habe gearbeitet.«
»Jetzt schon?« Sie wandte sich meinem Vater zu. »Ihr erster Arbeitstag, und schon läßt dein Vetter sie Überstunden machen. Du mußt mal mit ihm reden, Frank.«
»Es ist nicht so, wie es aussieht«, sagte ich. »Ich habe gleitende Arbeitszeit.«
»Dein Vater hat über dreißig Jahre bei der Post gearbeitet, aber in der ganzen Zeit ist er nicht ein einziges Mal zu spät zum Essen gekommen.«
Mir entschlüpfte ein Seufzer.
»Was gibt es da zu seufzen?« fragte meine Mutter. »Ist das eine neue Tasche? Wann hast du dir eine neue Tasche gekauft?«
»Heute. Bei diesem Job muß ich verschiedene Sachen mit mir herumschleppen. Deshalb brauchte ich eine größere Tasche.«
»Was für Sachen? Ich dachte, du ordnest die Akten.«
»Der Job war schon weg. Ich habe einen anderen gekriegt.«
»Was für einen anderen?«
Ich schüttete Ketchup auf den Hackbraten und unterdrückte mit Mühe einen weiteren Seufzer. »Als Kautionsdetektivin«, sagte ich. »Ich habe eine Stelle als Kautionsdetektivin.«
»Kautionsdetektivin?« wiederholte meine Mutter. »Frank, weißt du, was ein Kautionsdetektiv ist?«
»Ja«, sagte mein Vater. »Ein Kopfgeldjäger.«
Meine Mutter schlug sich die flache Hand gegen die Stirn und verdrehte die Augen. »Stephanie, Stephanie, Stephanie. Was fällt dir ein? Das ist doch keine Arbeit für eine nette junge Dame.«
»Es ist eine anständige, respektable Arbeit«, sagte ich. »So etwas Ähnliches wie Polizist oder Privatdetektiv.« Berufe, die mir bisher wenig respektabel vorgekommen waren.
»Aber du verstehst doch gar nichts davon.«
»Es ist einfach«, sagte ich. »Vinnie gibt mir einen KF, ich suche ihn und bringe ihn zur Polizei.«
»Was ist denn nun wieder ein KF?« wollte meine Mutter wissen.
»Ein Kautionsflüchtling.«
»Vielleicht könnte ich auch ein Kopfgeldjäger werden«, sagte Grandma Mazur. »Ich könnte ein bißchen Taschengeld gebrauchen. Dann gehe ich mit dir auf KF-Jagd.«
»Herrgott noch mal«, sagte mein Vater.
Meine Mutter achtete nicht auf sie. »Du solltest lieber lernen, wie man Bettbezüge näht«, sagte sie zu mir. »Bettwäsche wird immer gebraucht.« Sie sah meinen Vater an. »Frank, meinst du nicht
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