Einmal ist keinmal
auch, es wäre gut, wenn sie lernen würde, Bettbezüge zu nähen? Ist das nicht eine gute Idee?«
Meine Rückenmuskeln verspannten sich, aber ich versuchte, ganz locker zu bleiben und mich zusammenzureißen. Schließlich war es eine gute Generalprobe für den nächsten Morgen, für meinen geplanten Besuch bei Morellis Mutter.
*
In der Rangordnung meines alten Viertels sah meine Mutter, verglichen mit Joseph Morellis Mutter, wie eine zweitklassige Hausfrau aus. Meine Mutter war alles andere als schlampig, aber Mrs. Morelli war eine Legende. Gott selbst hätte die Fenster nicht sauberer putzen, die Wäsche nicht weißer waschen oder die Ziti besser kochen können als Mrs. Morelli. Sie versäumte nie die Messe, sie verkaufte in der Freizeit Amway, und mit ihren stechend schwarzen Augen lehrte sie mich das Gruseln. Ich glaubte zwar nicht, daß Mrs. Morelli ihren Jüngsten verraten würde, aber sie stand trotzdem auf meiner Liste. Man durfte nichts unversucht lassen.
Joes Vater hätte ich mit fünf Dollar und einem Sechserpack Bier bestechen können, aber sein Vater war tot.
Weil ich einen seriösen Eindruck machen wollte, zog ich am nächsten Morgen ein beiges Leinenkostüm, eine Seiden-Strumpfhose und hochhackige Schuhe an und schmückte mich außerdem mit geschmackvollen Perlenohrringen. Ich parkte am Straßenrand, stieg die Verandatreppe hinauf und klopfte an die Morellische Haustür.
»Na so was«, sagte Mama Morelli, die hinter der Fliegentür stand und mich mit dem tadelnden Blick musterte, den sie sich normalerweise für Atheisten und Asoziale aufsparte. »Wer steht denn da so früh putzmunter auf meiner Veranda? Die kleine Miss Kopfgeldjägerin.« Sie reckte ihr Kinn noch ein paar Zentimeter höher. »Ich habe schon von dir und deiner neuen Arbeit gehört. Ich habe dir nichts zu sagen.«
»Ich muß Joe finden, Mrs. Morelli. Er ist nicht vor Gericht erschienen.«
»Er hatte gewiß gute Gründe dafür.«
Klar. Zum Beispiel den, daß er schuldig war. »Wie wäre es, wenn ich Ihnen meine Karte dalasse, falls Sie es sich doch noch anders überlegen. Ich habe mir gestern welche machen lassen.« Ich wühlte in meiner großen schwarzen Umhängetasche zwischen Handschellen, Haarspray, Taschenlampe und Haarbürste herum – keine Visitenkarten. Als ich die Tasche auf die Seite kippte, um besser hineinsehen zu könne, fiel mein Revolver heraus und landete auf dem grünen Allwetterteppichboden der Veranda.
»Eine Waffe«, sagte Mrs. Morelli. »Was ist nur aus dieser Welt geworden? Weiß deine Mutter, daß du bewaffnet bist? Ich werde es ihr sagen. Ich rufe sie sofort an.«
Sie sah mich angewidert an und knallte die Haustür zu.
Ich war dreißig Jahre alt und Mrs. Morelli wollte mich bei meiner Mutter verpetzen. So etwas gab es nur in diesem Viertel. Als ich den Revolver wieder in der Tasche verstaute, fand ich meine Visitenkarten. Ich steckte eine zwischen Fliegendraht und Rahmen. Dann fuhr ich zu meinen Eltern und rief von ihrem Telefon aus meine Cousine Francie an, die alles über jeden wußte.
Morelli ist längst über alle Berge, sagte Francie. Der Kerl ist clever, und wahrscheinlich hat er sich inzwischen einen falschen Schnurrbart angeklebt. Er ist ein ehemaliger Bulle. Er hat Kontakte. Er weiß sicher, wie man es anstellt, daß man eine neue Sozialversicherungsnummer bekommt. Bestimmt baut er sich mittlerweile irgendwo anders ein neues Leben auf. Gib es auf, sagte Francie. Du wirst ihn nie finden.
Meine Intuition sagte mir etwas anderes, und da meine Lage verzweifelt war, hörte ich auf sie und rief Eddie Gazarra an, der in Trenton als Polizist arbeitete und mein allerbester Freund war, solange ich denken konnte. Aber er war nicht nur ein guter Kumpel, er war auch mit meiner Cousine Shirley, der Meckerziege, verheiratet. Wieso Gazarra Shirley geheiratet hatte, war mir ein Rätsel, aber da ihre Ehe schon elf Jahre hielt, mußten sie wohl irgend etwas aneinander finden.
Als ich Gazarra am Apparat hatte, hielt ich mich nicht mit langen Vorreden auf. Ich kam sofort zur Sache, erzählte ihm von meinem Job bei Vinnie und fragte ihn, was er über die Morelli-Sache wüßte.
»Eins weiß ich genau. Es wäre besser, wenn du dich da raushalten würdest«, sagte Gazarra. »Du willst für Vinnie arbeiten? Schön. Aber dann laß dir einen anderen Fall geben.«
»Zu spät. Ich arbeite schon daran.«
»Die ganze Geschichte stinkt zum Himmel.«
»Ganz New Jersey stinkt zum Himmel. Das ist doch eines der
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