Einmal Paradies und zurück
ihm gerade passiert, wünscht man zwar nicht mal seinen schlimmsten Feinden, aber vielleicht lernt er seine Lektion, wenn ich ihm weiterhin bei jeder Gelegenheit die Wahrheit ins Ohr schreie. Was Kate, die arme, erschöpfte Kate angeht, so habe ich noch nicht entschieden, wie ich ihr am besten helfen kann, und bevor sie mit Paul ein klärendes Gespräch führt, kann ich ja auch nicht wirklich etwas für sie tun. Also gehe ich erst mal zu Fiona, meiner Erfolgsgeschichte. Womit ich aber keineswegs prahlen möchte.
Es ist ein wunderschöner, milder, sommerlicher Freitagabend, und als ich zu ihr komme, ist sie schon unterwegs, wandert die Wicklow Street hinunter und kontrolliert in jedem verfügbaren Schaufenster ihr Spiegelbild. Das tut sie sowieso oft, wenn auch weniger aus Eitelkeit als aus Unsicherheit. Heute Abend hat sie allerdings keinen Grund, an sich zu zweifeln, denn sie hat alle Register gezogen und sieht in ihrem knallrosa Kleid, das ihre zierliche Figur super zur Geltung bringt, einfach umwerfend aus. Das Kleid habe ich noch nie an ihr gesehen, sie muss es speziell für den heutigen Anlass gekauft haben, als ich gerade mal nicht nach ihr geschaut habe. Ein wirklich gutes Zeichen. Balsam für meine Wunden.
Schließlich findet sie das Restaurant Trentuno, in dem sie mit Tim verabredet ist – klein, aber gemütlich und romantisch. Die Türen stehen weit offen, um die kühle Abendluft hereinzulassen, und aus der Küche weht ein köstlicher Knoblauchduft.
Wie es sich für einen Freitagabend gehört, ist es gerappelt voll, aber Tim – zuverlässig, wie er nun mal ist – sitzt bereits geduldig wartend an einem verschwiegenen Zweiertisch ganz hinten, und ich vermute, mein Herz klopft genauso schnell wie das von Fiona, als die beiden sich begrüßen. Erst sind sie unsicher, ob sie sich umarmen sollen, aber schließlich tun sie es, wenn auch ein bisschen ungeschickt, stoßen mit den Köpfen aneinander und lachen nervös. Ständig fallen sie einander ins Wort und benehmen sich überhaupt wie zwei aufgeregte Teenager.
Ich bin nicht scharf darauf, sie zu belauschen, es ist nur so, dass es angesichts meiner eigenen katastrophalen Erfahrung mit Beziehungen richtig erfrischend für mich ist zu sehen, wie sich zwei Seelenpartner begegnen. Ein sehr aufmunterndes Erlebnis. Ich beobachte die beiden voller Stolz und freue mich, dass dieses kleine bisschen menschlichen Glücks auf mein Konto geht.
Natürlich beginnt das Gespräch etwas holprig.
»Du hast dich überhaupt nicht verändert«, meint Tim, als der Kellner mit der Weinkarte naht.
»Außer dass ich meine dicke Brille nicht mehr habe.«
»Ich mochte deine Brille, du hast damit total süß ausgesehen.«
»Ach komm, ich hab ausgesehen wie Deirdre aus
Coronation Street
.«
Tim nimmt sich die Weinkarte vor. »Was möchtest du trinken? Rot oder weiß?«
»Hauptsache flüssig und alkoholisch«, antwortet Fiona.
»Na, du hast dich wirklich nicht verändert. Das war schon immer deine Standardantwort.«
»Du hast dich auch kaum verändert«, lügt Fiona höflich, dabei sieht Tim vollkommen anders aus als damals. Bei einer Gegenüberstellung hätte man ihn nur mit Mühe wiedererkannt.
Eine lange Pause tritt ein, in der sie sich gegenseitig prüfend mustern. Na los, ihr beiden, greift zum Alkohol, damit ihr ein bisschen in Fahrt kommt.
Tim nimmt das Stichwort auf, bestellt eine Flasche Chianti, und beide lehnen sich zurück.
Ein neuerliches Schweigen folgt.
»Also«, sagt Fiona schließlich zögernd. »Äh … wie geht es dir denn so, seit … na ja, du weißt schon, seit …«
»Seit Ayesha und ich uns getrennt haben, meinst du?«, beendet er den Satz für sie.
»Hmm, ja.«
»Fiona, ich kann dazu nur sagen, dass ich hoffe, dass weder du noch irgendwer so was jemals erleben muss.«
»Das tut mir so leid. Es muss schrecklich sein. Aber du weißt, dass ich immer für dich da bin.«
Gut. Das hat sie echt gut gesagt. Jetzt erzählt er ihr bestimmt gleich ganz offen, wie mies die Zeit mit Ayesha war, und dann – wer weiß? Wenn der Chianti erst mal seine Wirkung tut, fängt Tim vielleicht an, sich Gedanken darüber zu machen, wie anders sein Leben verlaufen wäre, wenn er mit Fiona zusammengeblieben wäre. Und das wiederum könnte dazu führen, dass sie wieder zueinanderfinden … und so weiter … Ich will ehrlich nicht angeben, aber ich finde, auf dieses Engel-Projekt kann ich stolz sein.
»Ich glaube, das ist alles noch zu frisch für mich«, sagt
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