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Einmal Paradies und zurück

Einmal Paradies und zurück

Titel: Einmal Paradies und zurück Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Claudia Carroll
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kein Wort mehr über Stimmen in deinem Kopf?«
    »Was immer da abgeht, ich krieg es unter Kontrolle.«
    »Du weißt schon, dass genau diese Behauptung Betty Ford dazu gebracht hat, ihre berühmte Klinik zu gründen«, entgegnet Declan zweifelnd.
    »Ich garantiere dir, dass ich es schaffe«, lächelt James, ein bisschen zuversichtlicher, ein bisschen mehr wie sein früheres Selbst. »Für das Meeting werde ich besser in Form sein, als du mich je gesehen hast, das verspreche ich dir.«
    Ach ja, James, mein Schätzchen? Meinst du wirklich?

Kapitel 8
    Ich bin immer noch bei James. Tut mir leid, aber das ist alles so interessant. Ich erfahre eine Menge Dinge, die ich nicht wusste, aber mindestens genauso viele Fragen bleiben offen. Declan hat James in den Toner’s Pub in der Baggot Street geschleppt, gleich um die Ecke von Meridius. Jetzt sitzen die beiden an einem Tisch im Nebenraum, wie zwei alte Knacker, die sich über die Jugend von heute/den Bierpreis/den beklagenswerten Zustand des Landes/die Nachteile des Rauchverbots et cetera, et cetera austauschen. Na ja, zwei alte Knacker mit Lederjacke und Ohrring. Ihr könnt es euch wahrscheinlich ungefähr vorstellen. Weiter die Straße runter, in den supercoolen Lokalen, wo die Türsteher Armani tragen und aussehen wie Geheimdienstagenten, drängeln sich Buchhalter und Juristen auf Frauenfang, aber solche Etablissements sind nichts für James und Declan, denn vor allem Declan trinkt seiner Rolle gemäß prinzipiell nur in einem richtigen Pub, wo Sägemehl auf dem Boden liegt, die Luft mit Biergestank geschwängert ist, das Durchschnittsalter bei circa siebenundneunzig liegt und es ganz sicher keine Frauen gibt – die hat wahrscheinlich der abscheuliche Zustand der Toiletten in die Flucht geschlagen.
    Inzwischen haben die beiden gut eine Stunde geredet, und ich sitze ihnen gegenüber und bin ganz froh, dass niemand mein betroffenes Gesicht sehen kann. Seit wir hier sind, habe ich James noch kein einziges Mal angepöbelt, denn ich bin sprachlos. Wenn ich unter Schock stehe, geht mir das immer so.
    Ich hatte ja keine Ahnung.
    Zum Beispiel, dass Meridius am Rand des Abgrunds steht. Ich meine, okay, ich wusste schon, dass die Firma eine ganze Weile keinen großen Hit mehr hatte, aber ich wusste nicht, dass die Lage so kritisch ist. Offenbar war das letzte Projekt, das einigermaßen Profit gebracht hat, diese vierteilige Doku mit dem Titel
Liberator
, über den irischen Freiheitskämpfer Daniel O’Connell. Aber das ist drei Jahre her, für eine Produktionsfirma eine Ewigkeit. Außerdem ging
Liberator
nur deshalb so gut, weil die DVD viel von Schülern gekauft wurde, die sich damit auf die Abschlussprüfung vorbereiteten. Es war Declans Projekt, muss ich schnell noch hinzufügen, aber das gilt ja für alle anspruchsvollen Produktionen von Meridius. James ist eher einer von der Schule »Brot und Spiele«. Beziehungsweise Brot, Spiele und Sex.
    Dass ich so schlecht informiert bin, ist allerdings nicht nur mir selbst anzukreiden. James benimmt sich in Geschäftsdingen dermaßen siegessicher und großspurig, dass ich nicht im Traum auf die Idee gekommen wäre, seine Firma könnte in ernsten Schwierigkeiten stecken. Für ihn gab es keine Misserfolge: Wenn eine seiner Produktionen in der Presse verrissen wurde, lag es nur an den blöden Fernsehkritikern, die sauer waren, dass sie selbst nichts zustande kriegten und deshalb andere Leute kritisieren mussten. Genauso war es, wenn Investoren ihn hängenließen – die waren einfach nicht risikofreudig genug, und es würde ihnen schon noch leidtun, wenn das Projekt, das sie ausgeschlagen hatten, Millionen einbrachte und mit Preisen überhäuft wurde. Was soll ich sagen? Ich habe mich von der ganzen Zuversicht und Großtuerei blenden lassen und fest daran geglaubt, dass hinter der nächsten Ecke schon der Megaerfolg wartete, der James endgültig aller Geldsorgen entheben würde.
    Aber anscheinend war das alles nur Fassade. Effekthascherei und heiße Luft. Wie sich herausstellt, sind die fetten Jahre vorbei, und die Firma steckt bis zum Hals in Schwierigkeiten.
    Es muss so gegen sieben sein, und die Lage sieht folgendermaßen aus: Declan versucht immer noch, James zu überzeugen, dass er sich in eine gemütliche Gummizelle zurückziehen und sich von seinem Nervenzusammenbruch erholen soll. James seinerseits beharrt darauf, dass er morgen zu dem großen Finanzgespräch mit dem tollen Geldgeber kommen will und dass sie sich für den

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