Einmal Paradies und zurück
hier entschieden
?«, zwitschert sie jetzt Declan an und streckt ihm die Hand hin.
»Ach richtig, ja, jetzt erinnere ich mich«, sagt Declan, aber ich sehe genau, dass es eine höfliche Lüge ist. »Und, äh, bist du hier mit Freunden verabredet?« Ein unausgesprochener Verdacht schwebt im Raum, denn diese Bar ist wirklich kein Ort, an dem sich normalerweise Frauen sehen lassen, und schon gar nicht, wenn sie ihre Titten ausstellen wie diese Dame hier und mehr Selbstbräuner aufgelegt haben als alle Girls Aloud zusammen. Das halbe Dutzend verlotterter Typen an der Bar glotzt jedenfalls, was das Zeug hält. Als wären sie sich nicht ganz sicher, ob es sich bei dieser Erscheinung um eine Fata Morgana im Wonderbra handelt.
»Äh, nein, eigentlich nicht«, lügt sie ungeschickt zurück. Dann setzt sie noch eins drauf und erklärt: »Ich bin bloß reingekommen, um aufs Klo zu gehen, hahaha.«
»Verstehe«, nickt Declan und legt seinen Verdacht für den Moment ad acta – er hat ja auch wichtigere Dinge im Kopf. Vielleicht hat er wirklich keine Ahnung von dem Techtelmechtel zwischen James und Pudelköpfchen. Für einen Gentleman wie Declan ist es sicher schwer vorstellbar, dass jemand so kurz nach dem Ableben seiner Freundin schon mit einer anderen rummacht.
Ich kann es ja selbst kaum glauben.
»Und wie geht es dir denn so?«, quietscht Sophie nun James an. »Ich hab dich ewig nicht gesehen.«
»Ja, hmm, es ist, äh … tatsächlich eine Weile her, stimmt.«
Ach du liebe Scheiße, jetzt muss ich mir also auch noch das Theaterstück ansehen, das die beiden für Declan aufführen. Und zwar ziemlich mies gespielt.
»Dann … äh … stört es euch, wenn ich mich ein bisschen zu euch setze?«, fragt Sophie und lässt sich, ohne eine Antwort abzuwarten, genau dort nieder, wo ich gerade noch gesessen habe. Die beiden Männer sagen kein Wort. Declan trinkt sein Bier aus und erklärt, dass er sich auf den Weg nach Hause macht. Zweifellos der Code für: »Wenn ich zu spät zum Abendessen komme, bringt meine Mummy mich um.«
Kaum ist er weg, steht Sophie auch schon auf und zwängt sich direkt neben James. Ooh, das wird gut.
»Ich hab im Büro angerufen, und Hannah hat gesagt, dass ihr bestimmt hier seid«, beginnt sie.
James antwortet nicht, sondern starrt ins Leere.
»Also, ich mache mir totale Sorgen seit heute Vormittag«, macht Sophie weiter, wobei sie zum Glück die Stimme ein kleines bisschen senkt. »Ist dir eigentlich klar, wie seltsam du dich aufgeführt hast? Du hast behauptet, du hörst Stimmen. Ich meine, ich war dabei und wusste überhaupt nicht, was ich mit dir machen soll. Ob ich lieber einen Krankenwagen rufen oder dich einfach nach oben ins Bett bringen soll, damit du deinen Rausch ausschläfst.« Dann lacht sie dieses irritierende Klimperlachen, wahrscheinlich in dem Versuch, die Situation zu entschärfen und das Ganze als Witz abzutun.
Träum weiter.
»Du kannst ihr von mir ausrichten, dass du es dir nicht eingebildet hast«, mische ich mich ganz cool ein. James fährt auf und schaut sich um, aber er behält sein dumpfes Schweigen bei.
Quietschestimme plappert unterdessen munter weiter, dass sie ja weiß, was für eine schwere Zeit er hat (wobei sie es schafft, nicht ein einziges Mal meinen Namen zu erwähnen – wirklich meisterhaft), aber dass es auch für sie ganz schön hart ist und dass sie doch einfach nur für ihn da sein möchte. Aber dass das schwierig ist, wenn er sich benimmt, als wäre er übergeschnappt, und keinen von ihren Anrufen/penetranten SMS beantwortet et cetera, et cetera, bla bla bla.
»Stört es dich, wenn ich diesen Monolog mit einem kleinen Summen begleite?«, frage ich. Laut und deutlich, damit James mich bestimmt hört.
Er reagiert, als hätte ich ihm einen kleinen Elektroschock verpasst. Echt witzig.
»Weißt du«, sage ich mitten in Sophies Erzählung hinein, wie die Kerle, die sie durch die ganze Stadt verfolgen und sie selbst nie einem nachlaufen würde. »Wenn er sich sinnloses Gebrumme anhören wollte, wäre er zu Hause geblieben und hätte die Klimaanlage angeschaltet.«
Damit steht James auf, mitten in ihrem Vortrag, der gerade darin gipfelt, wie vernachlässigt und ungeliebt sie sich in letzter Zeit gefühlt hat. »Ich muss gehen«, erklärt er. »Ich meine ich muss hier weg. Sofort. Allein.«
»Was hast du gesagt?«
Gott, es ist so irre komisch, wie sich das Quietschen direkt proportional zu ihrer Verärgerung steigert.
»Langer Tag, sehr müde,
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