Einmal Paradies und zurück
undenkbaren Fall, dass man sie ohne Geld zur Tür rauswirft, unbedingt einen Notfallplan zurechtlegen sollten.
»Dann machen wir einfach eine Reality-Show, so was ist billig zu produzieren …«, schlägt er vor.
»Aber inzwischen längst totgenudelt«, entgegnet Declan und schüttelt traurig den Kopf. »Die großen Zeiten des Reality- TV sind vorbei.«
»Hör mir erst mal zu. Ich meine eine Kombination aus Reality- und Talkshow, aber nur mit einem einzigen Gast, und die beiden müssen vierundzwanzig Stunden auf engem Raum miteinander verbringen.«
»Das ist Mist.«
»Höchstens drei Kameras.
Big Brother
, mit nur zwei Leuten. In Unterwäsche.«
»Gefällt mir überhaupt nicht.«
»Der Gast ist ein Promi.«
»Gefällt mir noch weniger.«
»Und vor der Sendung sorgen wir dafür, dass er – oder sie – sturzbetrunken ist, so dass die Chance auf einen ordentlichen Krach besteht. Du kennst mich ja, Declan, ich kann keine Idioten leiden, aber ich sehe gern Idioten leiden.«
Declan antwortet ihm nicht mal mehr, sondern starrt nur noch trübsinnig in sein Bier. Wahrscheinlich überlegt er, ob er das sinkende Schiff verlassen soll oder ob es besser ist, wenn er auf der
Titanic
ausharrt und die Liegestühle neu arrangiert. Bevor er bei Meridius eingestiegen ist, war er Journalist bei der
Hot Press
, und ich denke, dass mindestens ein Teil von ihm überlegt, ob er sich wieder um seinen alten Job bemühen soll. Nicht nur bemühen, sondern vielleicht sogar kniefällig darum betteln.
»Na schön, dann eben Immobilien- TV «, fährt James unbeirrt mit seinen Vorschlägen fort.
»Ist dir schon mal aufgefallen, dass wir eine Krise haben? Der Immobilienmarkt ist vollkommen am Ende.«
»Hör mir doch erst mal zu. Wir machen das klassische
Pimp my House
, aber mit den beiden attraktivsten Moderatorinnen, die wir auftreiben können, beispielsweise diese langbeinige Blonde von
Xpose
auf TV 3 …«
»Da muss ich dich sofort unterbrechen«, sagt Declan mit fester Stimme.
»Was ist denn los? Warum bist du so negativ? Sicher, wir hatten ein paar Misserfolge, aber die Branche funktioniert zyklisch, das weiß doch jeder …«
»James, bitte, hör auf damit.«
»Okay, jetzt hab ich’s: ein Low-Budget-Frauenfilm. Damit kann man zurzeit einen Mordsreibach machen. Du weißt schon, mit einem richtig kitschigen Motto. ›Manchmal muss man sich selbst verlieren, um sich selbst zu finden.‹ Oder so.«
»Bitte sei still. Sofort.«
»Oder nein, ich hab noch einen besseren: ›Verlier dein Herz und komm zur Vernunft.‹ Jede Frau um die dreißig, die für
Sex and the City
Schlange gestanden hat, würde garantiert gutes Geld zahlen, um das zu sehen. Ein sicherer Blockbuster. Das
spüre
ich.«
»Wenn du mich nicht augenblicklich mit deinen beschissenen Vorschlägen in Frieden lässt, steh ich auf und gehe. Deine Entscheidung.«
»Was ist denn los mit dir?«
»Nichts.«
»Spuck’s aus.«
Declan nimmt einen großen Schluck von seinem Bier und lässt sich müde zurücksinken. Ihr solltet den hoffnungslosen Ausdruck auf seinem Gesicht sehen – als wäre er in jeder Minute, die er hier gesessen hat, um zehn Jahre gealtert.
»Na ja, du und ich, wir waren doch immer … irgendwie die David Bowies der Produktionsbranche. Egal, was die anderen gerade gemacht haben, wir waren ihnen immer zwei Jahre voraus. Und schau dir uns jetzt an. Wir kämpfen ums Überleben. Kaum genug Geld auf dem Konto, um die Miete fürs Büro zu bezahlen. Mann, ich komme mir allmählich vor wie … wie ein analoger Player in einer digitalen Welt. Verstehst du, was ich meine?«
»Wir haben ein vorübergehendes Tief, weiter nichts«, erwidert James hartnäckig. Das ist es ja, was er gut kann – wenn alle Hoffnung verloren ist, dann ist er es, der ruft: ›Was? Das ist doch kein Weltuntergang!‹ Er ist der Typ, der bei einem Tsunami sagt: ›Ja, gut, es ist eine große Welle, aber ich hab schon viel Schlimmeres gesehen.‹ Hätte er das große Erdbeben in San Francisco miterlebt, wäre sein Kommentar wahrscheinlich gewesen: ›Hat ein bisschen gewackelt, das kommt vor.‹
»Aber das jetzt ist unsere Chance, den Karren aus dem Dreck zu ziehen«, fährt er im Brustton der Überzeugung fort und wischt jeden Hauch von Pessimismus einfach vom Tisch. »
Wer ohne Sünde ist
wird ein Hit, wir verkaufen ihn in der ganzen Welt, glaub mir, Mann, ich hab das im Urin.«
Die klassische Motivationsphrase von James Kane. Aber diesmal stößt er damit auf taube
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