Einmal Paradies und zurück
benutze, um deine Familie nicht besuchen zu müssen, dann solltest du dich für diese Bemerkung lieber auf der Stelle entschuldigen.«
»Und was war dann letzte Weihnachten? Und das Weihnachten davor? Und mit der Kommunion meiner Nichte? Und Connors Einweihungsfete? Und dem ersten Fußballspiel meines Patensohns? Du schaffst es immer, dich irgendwie rauszuwinden, und dann wollen alle bei mir zu Hause wissen, warum du nicht mitgekommen bist, und ich steh da wie ein Vollidiot und weiß überhaupt nicht, was ich sagen soll.«
»Kannst du vielleicht mal eine Sekunde
nicht
an dich selbst denken?«
»Du bist diejenige, die zur Abwechslung mal nicht an sich selbst denken sollte. Ich weiß, dass du es grade nicht leicht hast, aber du kannst nicht erwarten, dass deshalb alle um dich herum ihr Leben auf die Warteschleife legen. Das Leben geht weiter, Kate. Es sind doch nur zwei Tage. Wenn du nicht mitkommen möchtest, kann ich das akzeptieren, aber mach mir bitte kein schlechtes Gewissen, weil ich fahre. Ich hab es versprochen und bin nicht bereit, mein Wort zu brechen.«
»Ich möchte gerade nicht bei deiner Familie sein, weil es schwierig ist für mich …«
»Da, schon wieder! Du denkst nur an dich. Warum sagst du mir nicht, worum es dir wirklich geht?«
» PAUL !« Jetzt schreit sie richtig, und allmählich wird mir unbehaglich. Um es vorsichtig auszudrücken. Normalerweise ist Kate eine Meisterin der Selbstbeherrschung, und ich finde es beunruhigend, sie in diesem Zustand zu sehen. Als würde die Queen plötzlich die Fassung verlieren und das gute Meißener Porzellan nach ihrem Corgi werfen.
»Möchtest du das wirklich wissen?«, brüllt sie mit puterrotem Gesicht, aber er ignoriert sie, wendet ihr den Rücken zu und zieht sich in aller Ruhe fertig an. »Na gut, ich sag es dir. Hast du überhaupt eine Ahnung, wie es für mich ist, mit deinen Brüdern und ihren Frauen und ihrer unendlichen Kinderschar zusammen zu sein? Für dich ist das okay – die Jungs nehmen dich mit auf die Baustelle oder in den Pub, du probst mit deiner Band, du gehst zu einer Sportveranstaltung, an der eins der Kinder teilnimmt – aber ich hocke bei den Frauen, die mich von oben bis unten mustern und sich fragen, was in aller Welt eigentlich mit mir nicht stimmt. Ständig fragen sie mich, ob es nicht endlich gute Neuigkeiten gibt – jetzt, wo wir das große Haus haben, würde es doch endlich mal Zeit! Und dann plappern sie los und erzählen mir, wie viele Buggies und Strampelanzüge sie mir vererben wollen. Und dein Vater hat mir tatsächlich gesagt, wenn wir Kinder haben, müssten wir unbedingt wieder in den Westen ziehen, damit sie bei all ihren Cousins und Cousinen aufwachsen können. Er findet es sowieso albern, dass wir in Dublin wohnen, so weit weg …«
»Tja, jetzt, wo du es sagst – es ist doch wirklich ein bisschen verrückt, dass ich jedes Mal die weite Strecke zweimal fahren muss, wenn sich ein Job am Horizont zeigt. Dabei wäre es doch tatsächlich viel praktischer für uns, in Galway zumindest auch einen Stützpunkt zu haben …«
»Ich soll also Mum im Stich zu lassen?«
»Jetzt schnauz mich doch nicht gleich an. Ich hab ja nicht gemeint, dass wir sofort mit Sack und Pack umziehen sollen, ich meine nur, dass wir vielleicht in Erwägung ziehen könnten, uns da unten eine Art Zweitwohnsitz einzurichten, weiter nichts. Damit ich nicht jedes Mal bei meinem Bruder im Gästezimmer übernachten muss, wenn ich in Galway gebraucht werde.«
»Ehrlich, Paul, manchmal hab ich das Gefühl, ihr seid eine Art Mafia-Familie, und du bist Tony Soprano. Ich komme mir vor, als hätte ich in den Mob eingeheiratet …«
Kate, du solltest jetzt lieber den Mund halten, ehe dir etwas rausrutscht, was du später bereust. Musst du Pauls Familie gleich mit den Sopranos verglichen? Ich meine, die Waltons hätten es doch auch getan.
»Mir reicht’s, Kate«, sagt Paul, mit einem Ausdruck in den Augen, den ich noch nie bei ihm gesehen habe. Eiskalte Wut. Erschreckend. »Hör auf, ehe du wirklich eine Grenze überschreitest. Meine Familie versucht lediglich, dich in ihr Leben einzubeziehen, und es tut mir leid, wenn wir nicht gut genug für dich sind.«
»Jetzt drehst du mir absichtlich das Wort im Mund herum! Ich hab nie gesagt, dass ihr nicht gut genug seid, da liegst du völlig daneben …«
»Weißt du, ich glaube, es ist am besten, wenn ich jetzt gehe. In zwei Tagen bin ich wieder da. Sag deiner Mum, dass ich an sie denke.« Und im
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