Einmal Paradies und zurück
Bettdecke.
Aber das bringt sie erst recht in Fahrt. »Für wen hältst du dich? So lasse ich mich nicht von dir behandeln!«, faucht sie, und so gibt ein Wort das andere, bis Paul sich schließlich aufsetzt, hellwach, weil er inzwischen begriffen hat, dass er kein Auge zutun wird, bis dieser Streit ausgefochten ist. Nun gibt er alles, was Kate ihm an den Kopf wirft, mit gleicher Münze zurück, was schließlich darin gipfelt, dass er sie anbrüllt, sie solle den Mund halten und sich nicht so anstellen, seine Brüder seien sowieso der Meinung, dass er eine hysterische Tussi geheiratet habe. Eine absolute Gemeinheit, für die ich ihm am liebsten eine scheuern würde. Als wäre die Stimmung nicht schon feindselig genug, fügt er noch hinzu, dass sie ja sowieso nicht genügend auf seine Familie zugeht und sich für etwas Besseres hält. Was nicht stimmt und außerdem total unfair ist. Irgendwann holt er zum Schlag unter die Gürtellinie aus und verrät ihr noch, dass die Horrorschwägerinnen sie hinter ihrem Rücken »Messergesicht« getauft haben. Autsch, das tut weh.
Während ich mir die Szenerie anschaue, entwickelt sich in meinem Hinterkopf allmählich die Saat des Zweifels. Ist es möglich? Ist Perfect Paul vielleicht gar nicht so perfekt, wie wir alle dachten?
Kapitel 14
James
Wie bereits erwähnt, ist Dad ein Meister inspirierender Zitate, und ich erinnere mich an ein ganz spezielles aus Shakespeares
Hamlet
, das er Kate und mir ständig eingebläut hat. »Wenn die Leiden kommen, so kommen sie wie einzelne Späher nicht, nein, in Geschwadern.« Das klingt vielleicht ein bisschen altmodisch, aber wenn man sich klarmacht, was James jetzt vor sich hat, dann ergibt es durchaus einen Sinn, finde ich. Nach Kates schrecklicher Nacht mit Paul brauche ich dringend ein bisschen Aufheiterung – und was ist dafür besser geeignet als ein Besuch bei jemandem, dem es noch viel schlechter geht? Und ich bin ja schon tot!
Offenbar ist Kreisch-Sophie jetzt endgültig bei ihm eingezogen, denn als ich früh am nächsten Morgen im Haus eintreffe, steht sie in meinem Bademantel im hübsch ausgebauten Speicher und bügelt, ein Liedchen auf den Lippen, eines von ihren Blümchenkleidern. Ist diese Dreistigkeit noch zu überbieten? Wird sie sich als Nächstes auch noch meine restlichen Klamotten unter den Nagel reißen, auf meinem Grab tanzen und das Halleluja aus Händels
Messias
singen? James, dieses Sackgesicht, steht in unserem Schlafzimmer und … räumt meine Sachen aus dem Kleiderschrank – ist das denn zu fassen? Und aus der Kommode. Und aus dem Bad. Alles. Meine Bücher, unter anderem die Erstausgabe von John McGahern, die Fiona mir mal zu Weihnachten geschenkt hat, mit Signatur des Autors. Meine CD s, einschließlich derer, die er mir selbst geschenkt hat. Mein Make-up, das Abschminkzeug, die alten Zeitschriften. Herrgott, er holt sogar das Foto von mir und Kate von der Kommode und wirft es in eine Plastiktüte.
Okay, jetzt werde ich aber ernsthaft böse.
Als Dad gestorben ist, hab ich es lange nicht übers Herz gebracht, seine Klamotten wegzuwerfen oder einem Secondhandladen zu stiften. Ich wollte immer nur an seinen Pullis und Jacken schnuppern und mich von dem Geruch und den damit verbundenen Erinnerungen trösten lassen. Aber James, dieser Mistkerl, stopft meine Sachen einfach in alte Plastiktüten. Er hält keine Sekunde inne, um noch einmal den Duft meines Parfüms in sich aufzunehmen. Nichts. Stocksteif vor Empörung stehe ich da und starre ihn an. Doch dann klingelt es an der Tür, und das bringt mich wieder einigermaßen zur Besinnung.
»Du bist ein unvorstellbarer … beschissener … Scheißkerl«, kann ich gerade noch hervorstoßen, während er schon hektisch an mir vorbeisaust, und zwar zur Treppe, die zum ausgebauten Speicher hochführt, wo bekanntlich Kreisch-Sophie steht und bügelt. Mein Ausruf war sicher nicht meine beste rhetorische Leistung, aber zitternd vor Zorn und blind vor Wut bringe ich nichts Imposanteres zustande. Und er hat es so eilig, dass er mich sowieso nicht hört.
Jedenfalls noch nicht.
»Das ist sie bestimmt«, ruft er Miss Quietschestimme zu. »Ich mach auf, und denk dran: Lass dich bloß nicht sehen.«
»Als wäre ich scharf darauf, mit dieser alten Quasselstrippe Smalltalk zu machen«, kreischt Sophie. »Sorg dafür, dass du sie möglichst schnell wieder loswirst, ich hab nachher ein Casting, da muss ich pünktlich sein.«
»James Kane, hast du GEHÖRT , was ich dir
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