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Einmal Paradies und zurück

Einmal Paradies und zurück

Titel: Einmal Paradies und zurück Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Claudia Carroll
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Sofa hätte ich so was niemals gewagt, und das Koks, das wollte ich nur mal ausprobieren …«
    »James?«, unterbricht Mum ihn verwundert und setzt ein energisches Gesicht auf. »Geht es Ihnen nicht gut? Was reden Sie denn da die ganze Zeit von Sofas und Kohlen? Wir haben doch längst Zentralheizung.«
    »Es tut mir wirklich leid, MrsGrey«, murmelt er. »Es ist nur … nur …«
    »Na los, sag es ihr«, knurre ich ihn an. »Sag ihr, dass du mich dank irgendeiner Laune der Natur hören kannst, und zwar laut und deutlich. Und dass deine neue Freundin bei dir eingezogen ist und sich jetzt in
meinem
Bademantel auf dem Speicher versteckt. Wenn du ihr das alles sagst, dann ziehe ich in Erwägung, dich in Frieden zu lassen. Hör auf meinen Rat, James Kane, das könnte deine einzige Chance sein.«
    »Es ist bloß was?«, fragt Mum und sieht James seltsam an.
    Aber ich habe sein schauspielerisches Talent unterschätzt.
    »Bloß … oh, MrsGrey, ich wollte, ich könnte Ihnen erklären, wie schwer das alles auch für mich ist«, sagt er schließlich.
    »Na los«, dränge ich ihn. »Beichte ihr, was für ein Mistkerl du bist. Erzähl ihr alles von Miss Quietschestimme, und als Gegenleistung lasse ich dich in Frieden. Hoffentlich ist dir klar, dass ich dir einen Rettungsring zuwerfe, James Kane. Wenn du meiner Mutter die Wahrheit gestehst, hast du von da an Ruhe vor mir.«
    »… es ist bloß …«
    »Was?«, hakt Mum nach, für ihre Verhältnisse beinahe barsch.
    »Es ist bloß … na ja, vielleicht könnte ich es am diplomatischsten so ausdrücken: Mir ist klar, dass … dass wir, Sie und ich, in der Vergangenheit so gut wie nie einer Meinung waren. Ich bin sicher, Ihnen wäre ein anderer Mann für Charlotte lieber gewesen. Der Himmel weiß, dass Sie allen Grund dazu hatten.«
    Mum hört zu, und eine schreckliche Sekunde lang fürchte ich, dass sie womöglich auf seine Show reinfällt.
    »Aber ich möchte Ihnen sagen, MrsGrey, dass es mir das Herz bricht, ohne Charlotte leben zu müssen. Wenn ich abends nach Hause komme, und sie ist nicht da …«
    » NEIN, MUM !«, schreie ich ihr ins Ohr, obwohl ich weiß, dass ich mich vergeblich bemühe. »Sag ihm, er soll sich verpissen, sag ihm irgendwas, aber bitte, glaub ihm kein Wort … das ist alles bloß ein Haufen verlogene Scheiße!«
    Es bringt mich fast um, dass sie mich nicht hören kann, auch wenn ich weiß, dass sie meine Wortwahl nicht billigen würde.
    Aber sein Schwanengesang steht uns noch bevor.
    »Es gibt so vieles … so vieles, was … was ich ihr nie sagen konnte«, schnulzt er und hält das Gesicht dabei ins Licht wie ein Stummfilmstar. Doch da hört man plötzlich leise Schritte vom Speicher, und für einen Augenblick sieht man seinem Gesicht die Verlogenheit an. Aber nur eine Nanosekunde, dann erstarrt er wieder zum Heiligenbild. Eine oscarreife Leistung, das muss ihm der Neid lassen.
    Aber Mum ist zum Glück nicht so leicht zu beeindrucken. Entschlossen nimmt sie ihm die Mülltüte ab, die er ihr hinstreckt, dann macht sie auf dem Absatz kehrt und geht.
    »Meine Freundin Nuala wartet auf mich«, ruft sie noch über die Schulter. Sie verabschiedet sich nicht mal. Gut so.
    »Ist sie weg?«, meldet sich Quietschestimme und macht Anstalten, die Treppe herunterzukommen.
    »Moment, ich kann sie noch sehen«, ruft er nach oben, ehe er auf der Suche nach seinen Kippen in der Küche verschwindet.
    »Tschüs, du selbstgerechte alte Schachtel!«, schreit Quietschestimme die Haustür an, aber inzwischen ist Mum im Auto und außer Hörweite.
    Ich kaure auf dem Sofa. Sprachlos. Selbst ich bin überrascht darüber, was für ein Heuchler James ist. Und natürlich wünsche ich ihm das Höllenfeuer und die Verdammnis an den Hals.
    »Bitte, lieber Gott«, bete ich, ohne lange zu überlegen. »Obwohl ich immer wieder an deiner Existenz gezweifelt habe, denke ich inzwischen, es besteht eine reelle Chance, dass es dich gibt, denn sonst wären Engel wie ich ja überflüssig. Wenn du also tatsächlich existierst, dann sorge bitte dafür, dass dieses unsägliche A–, … äh … dieser unsägliche Mann seine gerechte Strafe bekommt …« Ich halte inne und bin froh, dass ich mir die wirklich schlimmen Ausdrücke für James verkniffen habe. »Ich halte seine Verlogenheit einfach nicht aus, Gott – wie er vor Mum heult und mit den Zähnen klappert, als wollte er sich gleich vor Verzweiflung über mein Grab werfen. Wie er in der Öffentlichkeit die Rolle des trauernden

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