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Einmal scheint die Sonne wieder

Einmal scheint die Sonne wieder

Titel: Einmal scheint die Sonne wieder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Betty McDonald
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Augenlider, blinzelte und sagte: „Ich bin soooooo verschlaaaaaafen…“ und für eine Sekunde fühlte ich mich in die Vierbettzimmer-Station zurückversetzt und hatte Lust, ihr mit dem Wasserkrug auf den Kopf zu hauen. Marie war schlechter Laune und sagte, sie wolle nicht so viel und so heißes Wasser; Eleanor erzählte, sie hätte gehört, daß Margaretta bewußtlos im Unfallzimmer läge und den Tag nicht mehr überleben würde, daß das kleine dreizehnjährige Mädchen, Evangeline Constable, einen spontanen Kollaps gehabt hätte und man kaum damit rechnete, sie durchzubringen, und ob ich von Eileens Blutsturz gehört hätte; die alte Blääungen-im-Bauch bat mich, ob ich wohl bitte ihre Wärmflasche füllen würde, da sie so viel Blääungen und die ganze Nacht nicht ein Auge zugetan hätte; ich tat es also, worauf sie sagte, daß die Wärmflasche zu heiß sei, und ob ich nicht bitte etwas kaltes Wasser hinein tun würde, und wo ich nun mal hier sei, würde ich ihr wohl ihre Wolljacke geben, und wenn ich eine Schwester sähe, ob ich sie wohl zu ihr schicken könnte, und ob ich ihr ein Glas frisches Wasser brächte, weil sie den Geschmack von dem abgestandenen Wasser nicht möge, und ob ich wohl nur ein bißchen Wasser auf ihre Blumen gießen könnte, weil sie wohl die Köpfe hängen ließen, und… ich ergriff ihre Schüssel und entfloh.
    Unsere liebevollen Dienste an den Kranken erfüllten Esther und mich mit edlen Gefühlen, aber wir kamen dadurch sehr verspätet zum Frühstück, was der Oberschwester einige bissige Bemerkungen entlockte, mit denen sie uns hartgekochte Eier und kalten Toast zuschob.
    Am Sonnabendmorgen meldeten wir uns in der Beschäftigungstherapie-Werkstatt, durften aber die drei Stunden zum Haarwaschen, Bügeln, Maniküren oder unseren Zehenschonerarbeiten benutzen. Ich benutzte die Sonnabendvormittage dazu, Briefe auf der Maschine zu schreiben, wurde aber gewöhnlich sehr von Miß Gillespie gestört, die diese Zeit zum Weben benutzte.
    Der Webstuhl stand in einer Ecke des kleinen Tipp-Zimmers, und jedesmal, wenn Miß Gillespie auf die Fußhebel trat, oder wie die Dinger hießen, die den Kettenbaum bewegten, blieben sie einen Augenblick stecken und gaben dann mit einem schrecklichen Krach nach, der erst einen Schrei, dann ein wildes Gelächter. bei Miß Gillespie hervorrief. Das war der Konzentration nicht gerade förderlich, aber es machte mir Spaß, hinter ihr zu sitzen und eingehende Schilderungen ihrer Vorschriften und Gewohnheiten hinzuschreiben.
    Am Morgen meines ersten Waschwasserausfluges kam sie mit einer neuen Vorschrift an. Als ich ungefähr eine Stunde in der Werkstatt gewesen war, wollte ich gerade hinaus und nach oben ins Badezimmer gehen. Miß Gillespie kam keuchend hinter mir her. „Wohin gehen Sie?“ – „Ins Badezimmer“, antwortete ich. Sie sagte: „Also, Mrs. Bard, es ist doch eine reine Angewohnheit, auf die Toilette zu gehen. Angewohnheiten kann man aufgeben. Nicht nötig. Gewöhnen Sie sich das ab. Schlechte Angewohnheit. Beherrschen Sie die Funktionen Ihres Körpers. Alles läßt sich beherrschen. Ich gehe tagelang vom frühen Morgen bis in die Nacht hinein nicht auf die Toilette.“ Ich stieg die Rampe weiter hoch, wobei sich Miß Gillespie an meinen Arm hängte und mich zurückzuhalten versuchte. Sie hat mir nie verziehen.
    Als ich schließlich meinen Kragen fertig hatte, wusch und an einem Sonnabendvormittag zum Bügeln in die Werkstatt brachte, sagte Miß Gillespie: „Schiffchenarbeiten hm! Ich persönlich hab mir nie viel draus gemacht.“ Nur um sie zu ärgern, denn keine von uns fand den großen weiten Kragen schön, sagten Sheila und Kimi so laut, daß Miß Gillespie es verstehen konnte: „Der ist aber fein! Fabelhaft! Wunderbar!“
    Miß Gillespie rümpfte die Nase und sagte: „Ich finde, zu viel Lob verdirbt die Leute. Ich bin mit einer leisen Kritik zufrieden, mehr will ich nicht, aber manche Leute brauchen Schmeicheleien, Schmeicheleien, Schmeicheleien!“ – „Und Toiletten,“ sagte Kimi leise, lächelte dabei und sah Miß Gillespie ins Gesicht, die sie wieder anstrahlte.

SIEBZEHNTES KAPITEL
    Privilegien

    Donnerstag war Bibliotheksabend, und nach dem Abendbrot, Pulsfühlen und Messen zogen wir Acht-Stunden-Patienten unsere Kleider an und begaben uns schweigend und unter dem wachsamen Auge der Oberschwester in die Bibliothek, wo wir uns Bücher aussuchten. Die Bibliothek, die im ersten Stock lag, hatte an allen Wänden Regale, einen Kamin

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