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Einmal scheint die Sonne wieder

Einmal scheint die Sonne wieder

Titel: Einmal scheint die Sonne wieder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Betty McDonald
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hatte den ersten Stadturlaub. Am Nachmittag des 13. Mai holte ihre ganze Familie sie ab; Sheila und ich standen auf der Terrasse des Speisesaals, winkten und winkten, wobei uns die Tränen über die dummen Gesichter liefen. Beim Einsteigen in den Wagen sah sich Kimi noch einmal beschwörend nach uns um und sagte: „Bestellt der Oberschwester, sie soll sich nicht wundern, wenn sie mich nicht wiedersieht.“ Sie kam jedoch um Punkt 8 Uhr zurück, meldete sich im Büro, mußte sich messen und Puls fühlen lassen und stolperte dann die Rampe hinauf, beide Arme voller Eßwaren und Geschenke für uns alle.
    Wir versammelten uns zu elfen in ihrem Waschraum, tranken Tee, der mit dem heißen Wasser aus dem Hahn aufgebrüht wurde, und aßen die etwas feuchten und kalten, aber doch köstlichen Frikadellen und japanischen Sembi. Kimi erzählte, ihr Stadturlaub wäre wunderbar gewesen, aber die Aussichten für ein „großes, von Bazillen zernagtes japanisches Geschöpf, das sich trotzdem nach einem normalen Leben sehnt,“ erschienen ihr jetzt zweifelhaft. Delores sagte: „Machen Sie sich keine Sorgen, Mädel, mit Ihrem Grips und so wie Sie aussehen, können Sie auf die Bühne gehen.“ Kimi antwortete finster: „Aber nur um der Welt zu zeigen, wie groß eine Japanerin werden kann.“ Pixie meinte: „Sehen Sie mich doch an, mir paßt bestimmt kein Kostüm mehr. Heut morgen hab ich 102 Pfund gewogen.“ Kimi entgegnete: „Laßt uns lieber von was anderem reden. Wann haben Sie Stadturlaub, Betty?“
    Mein Stadturlaub war, wenn er bewilligt wurde, am Sonnabend, dem 3. Juni fällig. Ich reichte Gesuch oder Forderung am 21. Mai ein. Ein paar Minuten später ließ mich die Oberschwester rufen und erklärte mir in ihrer gewinnendsten Art, daß der Chefarzt mir den Stadturlaub erst bewilligen könne, wenn er wüßte, was ich zu Folgendem zu sagen hätte – und nun las sie eine Liste herunter, die mit „Beherrschen von Reizen der Harnblase“ begann (Ergebnis eines Berichts von Miß Zehenschoner) und mit „Spricht mit ihrer Zimmergenossin französisch“ endete. Ich hatte keine Ahnung, worauf sich der letzte Punkt bezog, und sagte das der Oberschwester. Sie antwortete: „Mir ist berichtet worden, Mrs. Bard, daß Sie sich abends mit Ihrer Zimmergefährtin französisch unterhalten.“ Ich wunderte mich, warum man mir dies, wenn es wahr gewesen wäre, nicht als Pluspunkt angerechnet hätte, enthielt mich aber jeder Bemerkung.
    Das Geheimnis klärte sich auf, als ich wutschnaubend in mein Zimmer zurückkam und auf dem Tisch meiner Zimmergefährtin ein Kochbuch liegen sah, oben auf einem seit mehreren Wochen angehäuften Stapel von Witzblättern. Da erinnerte ich mich, wie die Zimmergefährtin vor mehreren Abenden das Kochbuch studiert und mich nach der Bedeutung der Begriffe sautée (sie sprach es ssuuti aus), au gratin, fricassée, en brochette, mousse (natürlich mauss ausgesprochen) usw. gefragt hatte. Ich erzählte ihr von dem Zwischenfall mit der Oberschwester und warnte sie, daß ich nicht für die Folgen geradestehen könne, wenn man mir den Stadturlaub streichen sollte. Sie sagte nur: „Französisch sprechen! Jesus, Mädel, so ein Witz!“
    Drei Tage später ließ mich die Oberschwester rufen, ließ mich, wie immer, etwa eine halbe Stunde warten und bat mich dann in ihr Büro. Sie schickte ihrer Vorlesung voraus, daß der Chefarzt sie so und so oft in jeder Woche eine dumme Pute nenne. Das sollte wohl ein Kameradschaftsgefühl zwischen uns schaffen, hatte aber nur den Erfolg, daß der Chefarzt in meiner Achtung stieg, weil er einsichtsvoller war, als ich gedacht hatte. Das Kniffliche an diesem Besuch war, daß mein Antrag auf einen Stadturlaub bewilligt worden war, allerdings mit dem Nachsatz: „Sagen Sie der Patientin, daß ihr Verhalten einen Stadturlaub nicht rechtfertigt, daß ich ihr diesen einen aber gewähren werde. Sollte sie sich jedoch nicht von Grund auf ändern, wird sie keinen Urlaub mehr bekommen, bis sie für immer beurlaubt wird.“ Nachdem sie mir diese Mitteilung des Chefarztes verlesen hatte, hielt mir die Oberschwester einen kurzen Vortrag über das Thema „Dreimal gesegnet, wer vergibt und vergißt“ und „Lasset uns unsere Fehler bekennen und versuchen, uns zu bessern“.
    Ich erwachte am Tag meines Stadturlaubs bei bleiernem Himmel und strömendem Regen, worüber ich mich nicht ein bißchen ärgerte, denn es bedeutete, daß im Kamin daheim Feuer brennen würde. Um Punkt 12 fuhr Mary vor, Anne und

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