Eins, zwei, drei und du bist frei
Sicherheitsverriegelung, und die Türen an seinem Bronco klickten. Er gab Lula ein Zeichen. »Steig ein.«
Ricardo Carlos Manoso. Meister der zweisilbigen Sätze. Von Beruf Superheld.
Ich hakte mich bei Lula unter, bevor sie sich davonmachte. »Wie sehen deine Pläne für heute aus?«
»Wie jeden Tag.«
»Wenn sich die Gelegenheit ergibt, überprüf doch bitte ein paar Restaurants für mich. Du sollst nicht den ganzen Tag drin verbringen, aber wenn du zu Mittag oder zur Kaffeezeit mal rausgehst, dann halte die Augen auf nach Stuart Baggett. Er muß hier irgendwo in der Gegend arbeiten, und ich vermute, daß er sich die Sorte Arbeit aussucht, die er kennt.«
Eine Stunde später war ich unterwegs, klapperte Imbißstände ab, das übliche eben. Ich dachte mir, daß Lula wahrscheinlich die Restaurants in der Nähe des Büros absuchen würde, also nahm ich mir Hamilton Township vor. Ich fuhr gerade auf der Route 33, als mein Handy zirpte.
»Ich habe ihn gefunden!« brüllte Lula mir ins Ohr. »Ich mußte früh Mittag machen, und ich war in mehreren Buden, weil jeder im Büro was anderes wollte, und dabei habe ich ihn gefunden! Unser süßes kleines Schoßhündchen serviert jetzt Hähnchen.«
»Wo?«
»Im Cluck in a Bucket auf der Hamilton.«
»Bist du noch da?«
»Klar doch«, sagte Lula. »Und ich habe dafür gesorgt, daß er mich noch nicht entdeckt hat. Ich stecke in einer Telefonzelle.«
»Rühr dich nicht vom Fleck!«
Ich mache viele Fehler. Ich gebe mir alle Mühe, den gleichen Fehler nicht mehr als drei-, viermal zu machen. Diesmal wollte ich Stuart Baggett dressiert wie eine Weihnachtsgans vor seiner Arrestzelle abliefern.
Ich trat das Gaspedal bis zum Anschlag durch und bretterte zur Hamilton Avenue. Das Honorar für Baggetts Festnahme war auf meiner Motivationshitliste mittlerweile weit nach unten gerutscht. Baggett hatte mich zu einer lächerlichen Figur gemacht. Ich wollte keine Rache nehmen. Rachegelüste sind unproduktiv. Ich wollte einfach nur Erfolg haben, meinen beruflichen Stolz wiedererlangen. Wenn die berufliche Ehre erst einmal wiederhergestellt war, würde ich natürlich auch gerne die Fangprämie einstreichen.
Cluck in a Bucket war ein paar Straßen von Vinnies Büro entfernt. Es war eine ganz neue Niederlassung einer kleinen Imbißkette und befand sich noch in der Eröffnungsphase. Ich war schon einmal daran vorbeigefahren und hatte das große Neonhühnchen angestaunt, aber mir noch keine Hähnchenschenkel genehmigt.
Das Restaurant leuchtete einem schon von weitem entgegen. Der einstöckige kleine Würfelbau war innen und außen gelb angestrichen. Abends waren die großen Schaufenster in strahlendes Licht getaucht, und ein Scheinwerfer war auf das zwei Meter hohe Plastikhühnchen gerichtet, das auf einem rotierenden Pfahl auf dem Parkplatz hockte.
Ich stellte meinen Wagen am Rand des Parkplatzes auf der Rückseite von Cluck in a Bucket ab und deckte mich mit den Utensilien der Kopfgeldjäger ein, Handschellen in die eine Jackentasche, Abwehrspray in die andere, Schreckschußpistole in den Hosenbund. Meine Smith & Wesson hatte ich in der Eile auf meinem Nachttisch vergessen.
Lula wartete am Vordereingang auf mich. »Da ist er«, sagte sie. »Er verteilt Papiertütchen, die aussehen wie Hühnchen, an die Kinder.«
Es war tatsächlich Stuart Baggett, als dickes, fettes Hühnchen verkleidet, mit einem Hut auf dem Kopf. Er führte gerade einen kleinen Tanz für eine Familie auf, flatterte mit den Armen, wedelte mit seinem buschigen Hühnerarsch, gab gackernde Geräusche von sich und reichte jedem Kind einen gelbroten Papierhut, der einem Hühnerkopf nachgebildet war.
»Du mußt zugeben, er gibt ein echt süßes Hühnchen ab«, sagte Lula, die Stuart dabei zuschaute, wie er mit großen gelben Hühnerfüßen herumstolzierte. »Kann einem fast leid tun, daß wir ihn hochnehmen müssen.«
Sie hatte leicht reden, ihr Haar war nicht orange. Ich stieß die Eingangstür auf und durchquerte den Raum. Ich hatte mich Stuart auf knapp zwei Meter genähert, als er sich plötzlich umdrehte und sich unsere Blicke trafen.
»Hallo, Stuart«, sagte ich.
Neben Stuart stand eine junge Frau. Sie trug eine gelbrote Cluck-in-a-Bucket-Uniform und hielt einen Stapel Werbehütchen in der Hand. Ihre angestrengte Miene besagte »Wir wollen doch keine Spielverderberin sein«, und mit erhobenem Zeigefinger ermahnte sie mich: »Sein Name ist nicht Stuart. Heute heißt er Mister Cluck.«
»Ach nee?« sagte Lula.
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