Einsam, zweisam, dreisam
an», sagt sie.
Sie schiebt ihren Rock nach oben und zieht den Slip unter sich vor. Die Strümpfe, die Sig mit Herzklopfen registriert, behält sie an. Sie öffnet die Beine, so daß er in dem hellen Bereich zwischen dem Ende der Strümpfe und dem hochgeschobenen Rock den dunklen Pelz ihres Schoßes in Augenhöhe vor sich hat.
Ihn immer noch ansehend, aber nicht seine Augen, berührt sie sich. Das tut sie mit so einfachen Bewegungen, schlicht, als wäre sie allein, daß es nicht auf ihn gezielt wirkt.
Hat sie so viel Erfahrung, daß ihr das gelingt, oder so wenig, daß ihr die Gefahr pornographischen Vorführens einfach nicht bekannt ist? Sie spiegelt sich in seiner Erregung. Wie durch eine stillschweigende Übereinkunft meiden beide den Blick des andern. Sie sehen einander auf die Hände.
«Du bist meine Hand», sagt Regina, «ich bin deine.»
Es dauert nicht lang. Die Erregung vorher war schon zu groß. Als das Zucken kommt, keucht sie: «Komm zu mir», und als er, aus dem Sessel geschnellt, vor ihr steht, rutscht sie zur Tischkante und öffnet sich für ihn. Mit einer Hand noch abgestützt, die andere um seinen Hals geschlungen, preßt sie den Mund an sein Schlüsselbein. Es dauert nicht lang, bis er sich verliert, und noch in seine erlahmenden Bewegungen hinein treibt sie sich mit der Hand zum Ende.
Fest ineinandergekrallt verharren sie einige Zeit, bis er sie aufhebt und zum Bett trägt. Sie fast völlig angezogen und er nackt, liegen sie einander festhaltend da, bis er zu frieren anfängt. Er nestelt die Decke unter ihren Körpern vor und zieht sie sich über Schultern und Hüften.
«Wir dürfen so was niemals tun, wenn wir nicht alle beide gleich wahnsinnig vor Begierde sind», sagt Regina nachdenklich. «Es wär eine Katastrophe. Stell dir vor, du siehst mich in solchem Zustand und hättest auch nur die geringste Distanz. Die Demütigung würde ich nicht aushalten.»
«Ich werde immer wahnsinnig vor Begierde sein», sagt Sig und beißt in ihr Ohr,
«Das wirst du nicht und ich auch nicht.»
Sie ist nicht bereit, auf seinen oberflächlichen Tonfall einzugehen.
«Aber was dann?» fragt Sig, von der Strenge in ihrer Stimme überrascht.
«Dann werden wir uns fremd oder fangen an, uns zu lieben. Ganz einfach.»
«Ich liebe dich jetzt schon.»
«Quatsch», sagt sie trocken, «du bist verliebt. Erst verliebt. Ob wir uns lieben, merken wir erst, wenn wir uns nicht mehr automatisch begehren. Sieh mal, wir könnten sparen mit der Lust, wir könnten so behutsam wie möglich mit unseren Reizen umgehen, es würde doch irgendwann der Zeitpunkt kommen, an dem wir alles aneinander kennen. Kein Fleckchen wird dann mehr aufregend sein, weil kein Fleckchen mehr geheim sein wird. Wenn wir dann noch solche Lust miteinander haben, dann lieben wir uns vielleicht.»
«Wo hast du denn das gelesen?»
«Werd nicht frech. Ich könnte deine Mutter sein.»
«Dann wärst du aber jetzt in Schwierigkeiten.»
Sie muß lachen.
Er hat den Ernst in ihren Worten bemerkt. Vielleicht hat sie sogar recht, aber er hat das Gefühl, ihre Gedanken wanderten an Orten herum, zu denen er noch nicht vorgestoßen ist. Noch kann er kaum glauben, daß das alles wahr ist, noch hält er kaum für möglich, daß es ihr Ernst sein könnte mit ihm. Wieso gerade mit ihm? Was, außer einer frechen Klappe, hat er denn zu bieten? Es ist so, als spräche der Traum, aus dem er gleich aufwachen muß, davon, daß nach dem Aufwachen alles genauso sein wird.
In ungeschickten Worten versucht Sig das zu erklären, aber wie immer, wenn es ihm Ernst ist, verhaspelt er sich und bricht mitten im Satz ab. Hat keinen Sinn. Geht nicht. Nichts mit großer Klappe, wenn man sie mal braucht.
»Ich bin aber echt», sagt Regina.
Es ist dunkel geworden, und er zieht die Vorhänge vor. Erst jetzt, da er das Licht anknipst, fällt ihm auf, wie scheußlich grün sie sind.
«Kerzen wären schöner», sagt er, von der ruppigen Kahlheit des erleuchteten Raumes erschreckt.
«Bring ich morgen mit», sagt sie.
Sie duschen nacheinander.
«Huuunger», schreit Regina unter der Dusche, und Sig stellt Weißbrot, Rotwein und Käse auf den Tisch. So hat man sich vor fünfzehn Jahren das echte Leben vorgestellt. Mit Gauloise im Mundwinkel, Rotwein, Weißbrot und Käse.
Regina möchte ins Kino. Er brauche nicht gleich rot zu werden, ganz normal, um einen Film zu sehen. Er macht sich Sorgen wegen des Geldes. Er lebt über seine Verhältnisse. Vielleicht muß er an seine Ersparnisse
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