Einsam, zweisam, dreisam
und Herren, etwa zwanzig Bögen selbst ausgefüllt haben, was ich Sie hiermit bitte, nicht zu tun.»
Pflichteifriges Hüsteln und Lachen. Sie scheinen es zu schlucken. Kein Protest.
«Jeder von Ihnen bekommt fünfzig Mark Grundhonorar und fünf Mark pro ausgefülltem Bogen. Dafür bitte ich Sie, in der relativ kurzen Zeit bis in drei Tagen die Bögen hier abzuliefern. Sagen wir am späten Nachmittag, siebzehn Uhr.»
Wie aufs Stichwort kommt der Hoteldiener mit den Kartons an-geächzt. O’Rourke verteilt Fünfzigmarkscheine, und jeder nimmt sich so viele Bögen, wie er tragen kann.
«Auf Wiedersehen. Gute Arbeit.»
Und weg sind sie.
Mal sehn, was das gibt, denkt O’Rourke. Fast ein bißchen spöttisch denkt er das, denn seit gestern ist sein Jagdinstinkt erheblich gestört. Irgendwie findet er diese Schadenserhebung auf einmal recht albern. Es würde ihn nicht stören, wenn er geheimdienstlichen Pfusch abliefern würde. Es ist ihm egal. Das muß an dieser Verna liegen. Irgendwie gibt es Wichtigeres als Kreuzchen auf Zettelchen. Er streckt sich und zündet eine Marlboro an, knackt mit den Fingergelenken und geht aus dem Hotel.
Wie ein ganz normaler Tourist spaziert er um die Ecken, bleibt vor Auslagen stehen, pfeift ein Liedchen aus Cork und läßt den lieben Gott einen guten Mann sein.
Ganz schön salopp für einen Engel mit der ID -Stufe Platform One.
Voula sitzt am Pool des Hotels und denkt nach. Sie trinkt die vierte Tasse Kaffee. Das Zeug hier ist einfach nicht stark genug.
Da waren zwei komische Sachen gestern abend. Oder besser heute früh. Die erste wäre ihr nicht aufgefallen, wäre die zweite nicht auch noch passiert. Irgendwann während des, das muß sie zugeben, wundervollen Getobes, das sie veranstalteten, brauchten sie gerade mal eine Pause. Sie hatte ihr Whiskyglas in die Hand genommen und Prost gesagt. Seine Antwort sollte wohl «Cheers» heißen, aber es klang in ihren Ohren wie « CHIA -rs».
Sie vergaß die leichte Unruhe, die dieser Klang bei ihr auslöste, aber gleich wieder, denn sie dachte, das sei eine typisch überkandidelte Spezialistenmacke. Wir sind hier nicht im Himmel, sagte sie sich, kein Grund zur Aufregung.
Aber später war sie plötzlich hellwach, als er, schon ziemlich hinüber von dem vielen Tullamore Dew und ihren erotischen Raffinessen, sagte: «Ich leg mich jetzt in dieses Bett. Ich gehe davon aus, daß es das gottverdammt beste Bett in ganz Freiburg-Erde ist.»
Sie war alarmiert!
Wieso Freiburg- Erde ? Wieso sagte der nicht Freiburg-Germany oder irgend so was? Auf einmal klingelte das « CHIA -rs» wieder in ihren Ohren. Sagte ihr der Name O’Rourke was? Nein. Aber das mußte nichts bedeuten. Man kannte bei der OEF keine Topleute der CHIA . Nur kleine Fische, deren Namen man erfuhr, wenn man einen V-Mann umdrehte. Jedenfalls war er vermutlich der Mann, der die Schadenserhebung durchführen sollte.
Ihre erste Reaktion war: abhauen. Aber gleich wurde ihr klar, daß sie ja ein phantastisches Glück gehabt hatte, auf diesen Mann zu treffen. Besser hätte es ja gar nicht kommen können!
Er lag im Bett und schlief. Nackt, wie Gott ihn geschaffen hat, und ausgeleert, wie sie ihn übrigließ, strahlte er keinerlei Gefährlichkeit aus. Sie setzte sich in einen Sessel und dachte erst mal nach.
Die Situation war optimal. Optimaler ging’s gar nicht. Sie zog sich an, hinterließ ihre Telefonnummer auf dem Tisch und ging durch den nebligen Aprilmorgen zu ihrem Hotel.
Ein Feuerwehrwagen raste mit Blaulicht und Sirene an ihr vorbei. Vielleicht konnte man den Taxifahrer ja zu irgendwas brauchen? Der hat auch so was Feuerwehrhaftes. Mal sehen. Erst mal ausgiebig nachdenken. Und schlafen.
Sie bestellt den fünften Kaffee. Klar ist, daß sie dranbleiben muß. Um den Finger zu wickeln braucht sie ihn nicht mehr, seine Begeisterung über ihre Künste gestern abend war nicht gespielt. Garantiert hat er keine Ahnung, daß auch die OEF in Freiburg ermittelt. Woher auch. Sie braucht eigentlich nur weiterhin die naive Erdenbürgerin zu spielen, bis sie herausfindet, auf welche Weise er die Schadenserhebung durchführt. Irgendwie wird sie dann auch Einblick in seine Erkenntnisse erlangen können.
Dann wäre sie schon am Ziel. Wenn sie weiß, was die CHIA rauskriegt, kann sie sich getrost wieder in den Himmel raufbeamen lassen und mit Mikis darüber nachdenken, was weiterhin zu tun sein wird.
Der Gedanke, wieder im langweiligen Himmelstrott mitschlurfen zu müssen, sagt ihr im
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