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Einsam, zweisam, dreisam

Einsam, zweisam, dreisam

Titel: Einsam, zweisam, dreisam Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thommie Bayer
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nackte Maya. Nur die Beine hat sie nicht so eng geschlossen.
    «Komm», sagt sie.
    Ihre Hände fliegen über seinen Körper, sie sind überall. Ihr Haar, ihre Brustspitzen, ihr Schoß, alles berührt und tupft ihn wie mit heißer Flüssigkeit in Brand. Sie dreht ihn hin und her, als wär er eine Puppe. Was immer er mit Mund und Händen fassen kann, läßt sie ihm bis zur nächsten Wendung.
    «Mach die Augen auf», sagt sie, «es ist schön.»
    Er folgt ihrem Blick und sieht sie beide im Spiegel. Sie kniet vor ihn und sagt: «Geh in mich rein.»
    Als wollten sie einander prüfen, treffen sich ihre Augen manchmal im Spiegel. Sie bewegen sich langsam und weich. Die Bilder sollen wenigstens dauern, wenn sie sie schon nicht festhalten können. Vom Spiegel werden ihre Körper verzerrt. Es ist mehr und fließendere Bewegung im zurückgeworfenen Bild, als in ihren Körpern selbst.
    Drei Zigaretten später will Sig sich wieder zu ihr tasten, aber sie fängt und hält seine Hand und sagt: «Ich spür’s ja noch.»
    «Ab nach Kassel», sagt sie, als sie am nächsten Morgen in den Autobahnzubringer einbiegen. Es ist ein sonniger Tag mit blauem Himmel und fröhlichem Gehupe auf den Straßen.
    «Du veräppelst mich», sagt Sig und tut beleidigt. Dabei könnte er bluten vor Glück.
    «Wieso denn, Kassel ist doch überall, wenn ich dich gestern richtig verstanden habe.»
    «Hast du eben nicht.»
    «Macht nichts», sagt sie.
    Sie fahren ohne anzuhalten bis nach Le Havre.
    Man sieht den Möwen mitten ins Gesicht, wenn man auf der Fähre an der Reling lehnt. Sie fliegen direkt auf einen zu und wenden erst kurz bevor sie einem in die Augen rauschen würden. Dann fliegen sie eine Schleife und kommen erneut angeschwebt.
    «Die machen mir angst», sagt Regina, aber sie bleibt stehen.
    Außerhalb der Drei-Meilen-Zone geht sie Schokolade kaufen. Sig will bleiben. Das Möwenspiel fasziniert ihn. Er verläßt sich darauf, daß die Vögel abbiegen. Sie kommt zurück und streckt ihm eine kleine Cadbury-Schokolade entgegen. Solche hat seine Oma manchmal mitgebracht.
    «Was denkst du von gestern?» fragt sie.
    Er muß erst nachdenken. «Abends?»
    «Ja.»
    «Ich muß es erlebt haben, ich hab’s ja gesehen.»
    «Es war schön», sagt sie und wirft in hohem Bogen ein Stückchen Schokolade ins Meer. Eine Möwe schafft es, das Ding noch im Flug zu erwischen, und fliegt eine stolze große Kurve, als wolle sie Applaus entgegennehmen.
    In Sekundenschnelle muß sich unter den anderen Möwen die Nachricht herumgesprochen haben, denn der Schwarm ist sofort doppelt so dicht. Immer mehr kommen von der anderen Seite des Schiffes angeflogen. Der Himmel ist weiß von Vögeln, deren Gekreisch und Flügelschlagen einen Riesenlärm macht. Sie fliehen in die Bar.
    Der Kaffee schmeckt grauenhaft.
    «Daran gewöhnen wir uns besser gleich», sagt Regina.
    Dann sieht man schon Southampton.
    Zuerst, im Stadtverkehr, wird Sig fast wahnsinnig, daß die entgegenkommenden Autos alle auf seiner Seite fahren. Aber dann, etwas weiter draußen, nimmt der Verkehr ab, und es scheint ihm zunehmend normal, daß Regina konstant links fährt.
    Wie schnell man sogar das Gegenteil akzeptiert, wenn es alle andern auch tun, denkt er.
    Sie fahren nach Nordwesten Richtung Wales. Sig meldet Hunger an, und Regina meint, der würde ihm bald vergangen sein, wenn er erst mal wisse, was man hierzulande unter Essen versteht. Er solle sich den letzten Festlandhunger lieber noch ein Weilchen aufheben.
    Zu Anfang dreht er sich noch nach jedem Jaguar, Bentley oder Rolls-Royce um. Dieser Reichtum scheint ihm märchenhaft. Nach einer Weile nehmen die kostbaren Autos ab, werden seltener. Sie scheinen sich in der Nähe von Städten zu verdichten.
    Entweder sind die Engländer reicher als die Deutschen, meint Sig, oder sie sind schamlos reich. Regina glaubt eher an die zweite Möglichkeit.
    «Engländer schamlos?» fragt Sig.
    «Beim Reichsein vielleicht.»
    Regina möchte Bristol umfahren und mindestens den Bristol Channel noch heute überqueren. Sie weiß nicht, wie lang die Fähre nach Newport verkehrt. Es ist ein Glücksspiel. Sie möchte beim Aufwachen Meer oder Schafe, sagt sie, nicht Industrie oder Armee.
    «Aye, aye, Reiseleiter», sagt Sig.
    Nach einer Abzweigung reißt sie das Steuer herum, denn sie hat sich automatisch auf die rechte Seite eingeordnet, und ein Bedford-Laster rast auf sie zu.
    «Ich liebe dich», sagt sie, als der Laster vorbei ist.
    «Wie kannst du an so was denken, wenn du

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