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Einsame Spur (German Edition)

Einsame Spur (German Edition)

Titel: Einsame Spur (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nalini Singh
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und sprang hoch. »Ich habe geübt.«
    Judd schob den Riegel wieder in die Tasche und zog ein Taschenmesser heraus. »Fertig?«
    William rieb mit den Händen über seine Jeans, holte tief Luft und sagte: »Ja. Leg los.«
    »Ich muss dich telepathisch überwachen.« Er würde nur ungefragt in den Kopf des Jungen eindringen, wenn dieser gefährlich die Kontrolle verlor – darum hatte William selbst gebeten.
    »Damit du sehen kannst, ob ich in der richtigen Reihenfolge vorgehe«, sagte William in perfekter Imitation der Erklärung, die Judd ihm gegeben hatte.
    Ein warmes Gefühl breitete sich in Judds Brust aus und zauberte ein Lächeln auf sein Gesicht. »Genau.«
    »Dann los.« William senkte seine Schilde, war aber keinen Augenblick schutzlos – denn Judd hatte sofort diese Aufgabe übernommen.
    »Eins, zwei, drei.« Er fuhr mit der Messerklinge über seine Hand.
    Blut quoll hellrot aus dem Schnitt.

42
    Es sah beeindruckend aus, obwohl Judd nicht tief geschnitten hatte – denn William sollte Vertrauen in seine Fähigkeiten aufbauen. Kurz darauf kitzelte es schon an seiner Haut, dann zog es. William hatte die Stirn in Falten gelegt, seine Augen starrten so fest auf den Schnitt in Judds Hand, dass Judd nicht einmal wusste, ob der Junge überhaupt zwischendurch blinzelte. Von den zarten Schläfen tropfte Schweiß, und die kleinen Fäuste waren so fest geballt, dass die Haut wie blutleer aussah.
    Fünf Minuten später sagte William: »Fertig.« Er schwankte.
    »Setz dich und trink etwas.« Judd hielt dem Jungen eine Literflasche Sportlergetränk mit Spurenelementen hin. Erst als William wieder fest auf den Beinen stand, nahm Judd ein Tuch und wischte das Blut an seiner Hand weg. Die zarte rosa Narbe sah aus, als sei sie zwei Tage alt. »Sehr gut.« Er gab William den Riegel.
    Der Junge riss das Papier auf und biss kräftig hinein. »Das macht echt hungrig«, sagte er. »Und müde.«
    »Weil du deine geistigen Muskeln benutzt. Du musst dich ausruhen und neue Energie tanken.« William besaß noch nicht viele Energiereserven, denn er war jung, und sein Körper wuchs noch. Was aber seine Kräfte nicht schmälerte. »Das hast du großartig gemacht.«
    Als William ihn strahlend umarmte, spürte Judd einen weiteren Riss in sich. Das bewirkten die Leute, die er liebte. Immerfort zeigten sie ihm, dass er weit mehr fühlen konnte, als er glaubte.
    William aß die Schokolade auf und sah zu ihm hoch. »Okay, ich bin jetzt bereit für das andere Zeug.«
    Bei dem »anderen Zeug« führte Judd den Jungen noch einmal durch die ganze Methode und brachte ihm bei, wo er effizienter, stärker oder vorsichtiger agieren musste. »Schließ die Augen und konzentriere dich.« Er senkte die Schilde gerade so weit, dass William in einen speziellen Teil seines Gehirns gelangen konnte, zeigte ihm, welchen Weg er genommen hatte, und bat ihn, seine Leistung zu beurteilen.
    William war klug und ehrgeizig – ein ausgezeichneter Schüler.
    Gut gemacht, beschied er dem Jungen telepathisch, als dieser ein kleines Problem gelöst hatte. Das reicht für heute. Zieh dich raus und fahr die Schilde hoch.
    »Ich reise nach Venedig«, sagte er, als William die Augen öffnete. »Weißt du, wo das liegt?«
    »Nein, aber ich weiß, dass es dort viel Wasser gibt. Und komische Boote.« Er zögerte. »Musste ich mich deshalb heute Nachmittag hinlegen und konnte dich erst so spät treffen? Weil du morgen weg bist?«
    »Ja«, sagte Judd, denn Kinder belog er grundsätzlich nicht. »Du bist mir wichtig.«
    »Du mir auch.« William umarmte ihn stürmisch.
    Judd drückte ihn ebenfalls und brachte ihn dann zum Haus zurück, wo die Eltern an einem Picknicktisch warteten. William rannte zu ihnen und erzählte stolz von seinem Erfolg. Erst als die Familie sicher ins Haus gelangt war, wandte Judd sich um und ging zurück in den Wald … zu den Männern, die dort auf ihn warteten. »Hallo, Aden«, begrüßte er den Mann, der auf demselben Stamm saß, auf dem Judd zuvor mit William gesessen hatte. »Vasic.«
    »Wir haben nicht geglaubt, dass du ihn entdecken würdest«, sagte Aden, als Vasic aus dem Dunkel der Bäume trat.
    Judd ließ sich neben Aden nieder. »Ich habe viel von den Gestaltwandlern gelernt.« Er hatte die Anwesenheit des Teleporters gespürt, weil die kleinen Bewohner des Waldes so still geworden waren.
    Erneut ergriff Aden das Wort, mit einem Blick auf das Haus. »Der Junge ist einer von uns.«
    »Ja.«
    »Ich werde ihn im Auge behalten, während du in

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