Einsame Spur (German Edition)
ihr mit vielen kleinen Gesten seine Sorge zu zeigen, um den Wolf in ihm zu besänftigten.
Es gab keine Distanz mehr zwischen ihnen, die Nacht unter dem Mond hatte ein Band geschmiedet, das zwar noch ganz frisch, aber schon sehr mächtig war. Er konnte sich nicht mehr vorstellen, ohne sie zu sein, schlief gerne eng umschlungen mit ihr ein und wollte nichts anderes, als ihre rauchige Stimme am Ende des Tages zu hören. Er wusste genau, dass er sie überreden würde, mit ihm zu kommen, wenn der Wunsch nach einsamem Herumstreifen erneut in seinem Wolf erwachte. Ohne sie würde ihm die Einsamkeit keine Freude mehr machen.
Er nahm ihre Hand und küsste sie. »Danke, dass du mein geworden bist.«
Überrascht sah sie ihn an, dann erhellte ein Lächeln ihr Gesicht. »Ebenso.«
Er lächelte immer noch, als sie die lichtdurchflutete Lobby des Art-d é co-Hotels betraten, wo sie Bo und den Verbindungsmann treffen sollten. Da traf es Riaz wie ein Schlag mitten in die Brust und benahm ihm den Atem.
Adrias Wölfin saß ihr sofort unter der Haut, als sie die plötzliche Anspannung in Riaz bemerkte. In höchster Wachsamkeit folgte sie seinem Blick zu Bowen, neben dem eine Frau stand, die höchstens ein Meter sechzig groß war, die goldschimmernden Haare zu einem lockeren Knoten geschlungen hatte und ein enges aquamarinfarbenes Kleid trug, das das sanfte Grau ihrer Augen gut zur Geltung brachte.
Keine Waffen. Keine Bedrohung. Nur eine schöne Frau … aus Europa.
Adria wurde ganz übel, sie sah von der Fremden zu Riaz, dem der Schock ins Gesicht geschrieben stand, und wusste Bescheid. Sie wusste es. Doch die Frau und Bowen hatten sie schon entdeckt und kamen auf sie zu, und irgendwie schaffte es Adria, die Begrüßung zu überstehen. Obwohl es in ihren Ohren klingelte und sie vor Übelkeit kaum atmen konnte, bemerkte sie, dass Riaz die Frau nicht anrührte – Lisette ihrerseits sah Adria gar nicht richtig an.
»Lisette war Geschäftsführerin eines anderen Unternehmens«, erklärte Bowen Adria, »aber nun hat sie eine feste Stellung bei uns angenommen.« Aalglatt, nicht einmal der kleinste Hinweis, dass besagtes Unternehmen nur eine Strohfirma des Menschenbundes war. »Sie hat sich auf Kommunikation spezialisiert – ist daher also bestens geeignet, die Verbindung zu halten.«
Riaz verschränkte die Arme. »Ist Emil mitgekommen?«
Adria nahm so etwas wie Kummer in Lisettes Gesichtszügen wahr, doch dann lächelte sie und antwortete mit französischem Akzent: »Nein, er hat geschäftlich in Berlin zu tun.« Sie sah Adria an. »Mein Mann und Riaz haben in Europa zusammen an einem Projekt gearbeitet.«
Mein Gott, das musste Riaz fast umgebracht haben. Adria konnte den unglaublichen Schmerz nachempfinden, denn ihr eigener tat sich wie ein dunkles Loch in ihr auf. Zu wissen und zu akzeptieren, dass der Mann, den sie liebte, eine andere Gefährtin hatte, und dieser Gefährtin dann gegenüberzustehen, waren zwei ganz verschiedene Dinge. Es riss ihr die rosa getönte Brille von den Augen, die sie seit der Nacht unter dem Vollmond trug, und machte ihr unerbittlich klar, dass sie nur der Ersatz für die Frau war, die Riaz eigentlich wollte.
Sie wusste hinterher nicht, wie sie das Treffen überhaupt überstanden hatte, doch weder sie noch Riaz verloren ein Wort darüber, bis sie wieder im heimischen Revier waren. »Dann … ist sie diejenige.« Eine Feststellung, die eigentlich eine Frage war, denn sie brauchte die Bestätigung aus seinem Mund. Ein kleiner kindlicher Teil von ihr wollte, dass er es abstritt und ihr erklärte, dass sie sich alles nur einbildete, obwohl die Gewissheit doch wie eine Leuchtreklame vor ihr blinkte.
Riaz hielt den Wagen an. »Zwischen uns ändert sich dadurch nichts.« Sein Ton war hart, die Hand auf ihrer Wange warm und rau. »Du allein bist die Frau in meinem Herzen.«
Nein, ich bin der Trostpreis. Sie wussten doch beide, dass er nur mit ihr zusammen war, weil er nicht mit Lisette zusammen sein konnte. Gekränkter Stolz schnürte ihr die Kehle zu, doch sie schob seine Hand nicht weg, schickte ihn nicht zur Hölle – sie war mit offenen Augen in diese Lage geraten. Ihn für etwas zu bestrafen, für das er nichts konnte, wegzugehen, da sie doch wusste, welche Pein er litt … das konnte sie dem schwarzen Wolf nicht antun. Liebe konnte unglaublich uneigennützig sein, selbst wenn es schrecklich wehtat. Das erkannte sie in diesem Moment.
Sie löste die Sicherheitsgurte, setzte sich rittlings auf seinen
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