Einsame Spur (German Edition)
eins zu verpassen.
Er nahm zwei scharfe Kurven und fuhr weiter in die Berge, deren Spitzen fast den Himmel berührten.
»Soll Angreifer aufhalten, falls sie jemals so weit kommen.«
Adria sagte eine ganze Zeit lang nichts, verfolgte nur ihren Weg auf der Karte. »Ich werde jemanden bitten, mich auf meinen Erkundungszügen zu begleiten, damit ich solche Dinge nicht übersehe.« Die heisere Stimme war kaum hörbar, weil sie ihren Gedanken nachhing. »Für Jugendliche gab es keinen Grund, sich all das zu merken oder überhaupt kennenzulernen, und bestimmte Sicherheitsvorkehrungen haben sich sicher geändert.«
»Ich werde dich begleiten«, sagte Riaz. Verdammt noch mal, er war Offizier, selbst für einen stachligen Kaktus wie Adria. »Indigo hat dafür gesorgt, dass ich mich mit allem vertraut machte, als ich aus Europa kam.« Während seiner Zeit in Übersee hatte es auch eine Reihe von Veränderungen gegeben. »Tut mir sicher gut, mein Gedächtnis aufzufrischen.«
Adria blinzelte und klammerte sich an die Karte. »Das Angebot weiß ich zu schätzen.« Etwas anderes konnte sie nicht sagen, ohne sich zu verraten.
Riaz schnaubte, mit festem Griff lenkte er den Wagen an einem besonders steilen Flussbett entlang, auf den gebräunten Unterarmen schimmerte ein Flaum von schwarzen Haaren. »Ungefähr so sehr wie eine Wurzelbehandlung«, sagte er und stellte den Hoverantrieb ein. »Aber ganz egal, welche Probleme du mit mir hast, wir müssen zusammenarbeiten.«
Sie schob den Unterkiefer vor und konzentrierte sich auf das, was sie durch die Windschutzscheibe sah – die beeindruckendste Landschaft der ganzen weiten Welt. Der Sommer ging dem Ende zu, der Herbst hing wie eine kühle Verheißung in der Luft, doch an diesem Ort war das Land noch in tiefes Grün getaucht, und auf den fernen Bergwipfeln lag Schnee. Sie war hier aufgewachsen, und obwohl sie so lange weg gewesen war, regten sich bei dem Anblick in ihrer Wölfin dieselben Empfindungen wie bei allen anderen Wölfen im Rudel auch. Das Revier der Höhle war für alle ein Zuhause, selbst wenn sie einem anderen Ort diesen Namen gegeben hatten.
Hier kann ich genesen.
Ein Gedanke ganz tief in ihr, der beinahe die Anspannung löste, die – »Wer ist denn das?« Sie beugte sich vor, als ein großer hellbrauner Wolf links an ihnen vorbei über eine Wiese eine schlanke silberne Wölfin verfolgte, die sie sofort erkannt hatte. »Der Rabauke stürzt sich auf Evie.« Wut stieg in ihr auf. »Halt an.«
Riaz’ amüsiertes Auflachen fachte ihren Zorn noch mehr an. »Das ist Tai, und Evie würde eine Störung nicht zu schätzen wissen, Tante Adria.«
Adria verkniff sich eine harsche Zurechtweisung und sah sich die beiden Wölfe noch einmal genauer an. Nun fiel ihr auf, was sie zuerst übersehen hatte. Sie balgten sich spielerisch mit Krallen und Zähnen, aber keineswegs wirklich aggressiv. In dem Augenblick, als Riaz einen Schlenker machte und die beiden gleich darauf aus ihrem Blickfeld verschwanden, rieben sie gerade die Köpfe aneinander: Tai und Evie spielten gar nicht, sie warben umeinander.
»Sie ist noch zu jung.« Indigo war beinahe so alt wie Adria, aber Evie war erst weit später zur Welt gekommen. Das kleine Mädchen war um sie herumgekrabbelt, als Indigo und Adria Teenager gewesen waren – ein süßes, eigenwilliges und von allen geliebtes Kind. Adria konnte sich nicht vorstellen, dass ihre unterwürfige Nichte in der Lage war, mit einem dominanten Mann umzugehen. Sie hatte Tai kennengelernt und wusste, dass er weit stärker und gefährlicher als Evie war.
»Sie ist eine Wölfin«, sagte Riaz mit tiefer Stimme, die unangenehm auf Adrias Brüsten vibrierte. »Eine erwachsene Wölfin. Berührung ist für die meisten von uns eine Notwendigkeit, auch wenn Sie es vergessen haben sollten, Miss Frost.«
Ihre Hand ballte sich zur Faust, die Nerven lagen blank.
Ein Jahr.
Seit einem Jahr hatte sie keine intime Berührung mehr gehabt, was für eine Raubtiergestaltwandlerin in den besten Jahren ein schmerzhaft langer Zeitraum war. Und selbst davor waren die Gelegenheiten rar gewesen, und ihre Wölfin hungerte nach Zuneigung. Aber sie war damit zurechtgekommen, hatte mit dieser Seite in sich Frieden geschlossen, bis Riaz und die heftige sexuelle Anziehung, die er auf sie ausübte, die Krallen in ihr Fleisch geschlagen hatten, sodass sie kaum noch klar denken konnte.
»Da wir schon mit Steinen auf Glashäuser werfen«, sagte sie und schützte sich, indem sie zum Angriff
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