Einsamen
gelegen?«
»Nein«, versicherte Eva Backman ihr. »Er ist woanders gefunden worden.«
»An einem anderen Platz?«
»Ja. Können Sie sich erinnern, wann Sie ihn zuletzt gesehen haben?«
Frau Zetterlund lehnte sich zurück und schloss die Augen. »Ich konzentriere mich«, erklärte sie.
»Ja, natürlich«, sagte Backman und wartete ab.
»Freitagabend«, sagte Frau Zetterlund und schlug die Augen wieder auf. »Ja, genau, ich habe ihn gesehen, als er am Freitag nach Hause gekommen ist. Vor einer Woche also, ja, ich erinnere mich.«
»Freitagabend«, wiederholte Backman. »Und da sind Sie sich sicher? Entschuldigen Sie, dass ich frage, aber wir müssen …«
»Das ist so sicher wie das Amen in der Kirche«, unterbrach Frau Zetterlund sie. »Meine Schwester war hier. Wir treffen uns immer freitags und spielen Karten. Einmal hier, einmal bei ihr zu Hause. Heute Abend ist es bei ihr zu Hause. Sie ist etwas klapprig, obwohl sie doch erst siebenundsiebzig ist. Spröde Knochen, sie hat zu wenig Kalk in ihrem Leben gekriegt.«
»Und da haben Sie Germund Grooth gesehen? Als Sie am Freitagabend mit Ihrer Schwester Karten gespielt haben?«
»Ja, genau. Wir saßen hier vorm Fenster, haben japanisches Whist für zwei Personen gespielt, das machen wir immer, ich gewinne meistens, ich glaube, Sylvia hat auch im Gehirn etwas zu wenig Kalk … oder vielleicht zu viel … ja, das wird es sein. Da sammelt der sich ja. Na, auf jeden Fall ging Grooth unten quer über die Straße und kam durch die Haustür herein. Ich glaube, ich habe sogar zu Sylvia gesagt, dass der Dozent nach Hause kommt … ja, das habe ich wohl.«
»Wie spät mag es da ungefähr gewesen sein?«, fragte Backman.
»Viertel nach neun«, antwortete Zetterlund.
»Woher können Sie das wissen?«
»Weil wir vorher im Fernsehen das Naturprogramm geguckt haben. Und das ist um neun zu Ende. Dann habe ich Tee und Brote aufgedeckt, das dauert zehn Minuten, und die Karten verteilt … ja, wir hatten noch nicht einmal angefangen. Wir spielen immer bis elf Uhr, dann rufe ich ein Taxi. Ja, er ist Viertel nach neun nach Hause gekommen … vielleicht ein paar Minuten früher oder später, ist das wichtig?«
»Nein, es genügt mit Viertel nach neun«, versicherte Backman. »War er allein oder in Begleitung?«
»Er war allein«, antwortete Frau Zetterlund. »Nur mit seiner Aktentasche, wenn ich mich nicht irre. Die hat er immer dabei.«
»Sie scheinen ein gutes Gedächtnis zu haben«, sagte Eva Backman und trank ein wenig Zoega.
»Das Einzige, womit es hapert, das ist das Hören«, erklärte Frau Zetterlund. »Aber Sie reden laut und deutlich, am schlimmsten ist es mit Leuten, die vor sich hinmurmeln. Als wollten sie gar nicht, dass man versteht, was sie sagen.«
Eva Backman dachte nach. »Und am Samstag haben Sie Grooth nicht gesehen?«
»Nein.«
»Er lebt allein, soweit wir gesehen haben. Wissen Sie, ob er oft Besuch bekommen hat?«
»Meinen Sie Damenbesuch?«
»Zum Beispiel.«
Frau Zetterlund schloss erneut die Augen. Es vergingen fünf Sekunden.
»Ich habe ihn mit einigen gesehen. Im Laufe all der Jahre.«
»Einigen Frauen?«
»Ja. Darüber haben wir doch geredet, oder?«
Backman nickte.
»Eine habe ich sogar ein paar Mal gesehen. Ich glaube, eine Dänin. Sie hat mich sogar gegrüßt. Die andere … ja, das war wohl nur einmal, aber sie kam aus seiner Wohnung, als ich vorbeiging. Dunkel. Bestimmt nicht dänisch, eine kleine, Dünne.«
»Wann war das?«
»Die Dünne?«
»Ja.«
Frau Zetterlund zuckte mit den Schultern. »Das ist ein paar Jahre her … drei vielleicht. Die Dänin gab es länger. Sie war auch insgesamt hübscher. Bestimmt zehn Jahre jünger als er, aber er ist ja gut erhalten, richtig gut erhalten.«
»Danke«, sagte Eva Backman. »Und wie war es mit männlichen Bekannten? Wissen Sie davon auch etwas?«
»Ich glaube, ich habe niemals einen fremden Mann bei Grooth gesehen«, erklärte Frau Zetterlund, nachdem sie wieder für ein paar Sekunden die Augen geschlossen hatte. »Nein, nicht, dass ich wüsste. Er war schon ein ziemlich einsamer Mensch. Aber ein Gentleman, das möchte ich betonen. Fesch und nett. Zu schade, dass er tot ist.«
Interessante Zusammenfassung über Germund Grooth, dachte Eva Backman, nachdem sie die Prennegatan verlassen hatte. Ein fescher und netter Gentleman, leider tot.
Aber wenn Frau Zetterlunds Informationen stimmten, dann war er also am Abend des 24. September um Viertel nach neun nach Hause gekommen. Am
Weitere Kostenlose Bücher