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Einstein - Einblicke in Seine Gedankenwelt

Einstein - Einblicke in Seine Gedankenwelt

Titel: Einstein - Einblicke in Seine Gedankenwelt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexander Moszkowski
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dadurch offenbaren, daß auf der photographischen Platte die Sterne weiter auseinanderstanden, als man nach ihrer wirklichen Position erwarten konnte.
    Denn die Krümmung wendet ihre Konkavseite zur Sonne, was unschwer einzusehen, sobald man das Phänomen selbst erst für möglich hält. Als ob der Strahl unmittelbar der Schwerkraft unterläge. Nun stelle man sich zwei Sterne rechts und links der Sonne vor. Das Auge empfängt deren Strahlen vermöge deren Hohlbiegung nach innen unter vergrößertem Gesichtswinkel, deutet diesen auf vergrößerten Abstand der Lichtquellen, sieht also die beiden Sterne weiter auseinander, als bei gradliniger Lichtbotschaft.
    Um wieviel wohl? Die vorausgehende Berechnung und die nachfolgende direkte Beobachtung verlangten unglaubliche Feinheiten des Ausmaßes. Man denke sich den ganzen Himmelsbogen, in leichtübersehbare Größen, in Grade eingeteilt. Dann ergibt eine Mondbreite etwa einen halben Grad. Hiervon der dreißigste Teil, eine Bogenminute, ist noch gut vorstellbar. Aber hiervon wiederum der sechzigste Teil, die Bogensekunde, entzieht sich nahezu aller sinnlichen Erfaßbarkeit. Und auf dieses Kleinmaß kam es an: denn die in reiner Gedankenarbeit entwickelte Theorie sagte eine Ablenkung von ein und sieben Zehntel Bogensekunde an. Das entspricht etwa einer Haaresbreite aus einer Entfernung von fünfzehn Metern gesehen, oder der Dicke eines Streichholzes, aus der Distanz eines Kilometers betrachtet. An solcher unvorstellbaren Kleinheit hing eines der größten Probleme der universalsten Wissenschaft.
    Nicht für ihn selbst im Sinne eines möglichen Zweifels. Ich hatte wiederholt Gelegenheit, ihn vor dem Mai von 1919 danach zu befragen. Da gab es keine Spur irgendwelcher Bedenklichkeit, kein Schatten huschte über seine Seele. Schließlich stand doch sehr viel auf dem Spiele. Die Beobachtung sollte nach dem für alle Welt ausdrücklich verkündeten Programm »die Richtigkeit des Einsteinschen Weltsystems« erweisen, und das stand auf des Messers Schneide von weniger als zwei Bogensekunden. AberHerr Professor, sagte ich wiederholt, wenn es nun doch etwas mehr wird oder weniger? So etwas bleibt doch an Apparate gebunden, die mangelhaft sein können! oder an irgendwelche nicht vorherzusehenden Unvollkommenheiten der Beobachtungen. Einstein lächelte dazu. Und in diesem Lächeln lag zugleich das unbedingte Vertrauen zu den Instrumenten und zu den Beobachtern, denen das Amt dieser Feststellung anvertraut werden sollte.
    Und man beachte dabei, daß für diese Aufnahme keine erheblichen Zeiten zum gemächlichen Ausprobieren zur Verfügung standen. Denn die größtmögliche Dauer einer totalen Sonnenfinsternis für einen bestimmten Ort beträgt noch nicht acht Minuten. In dieser knappen Zeitspanne durfte nichts mißglücken, durfte auch, nebenbei erwähnt, keine störende Wolkenbedeckung eintreten. Des Himmels gütige Mitwirkung war unerläßlich, und er versagte sie nicht. Die Sonne, hier die verdunkelte Sonne, bracht' es an den Tag.
    Zwei englische Expeditionen waren aus Anlaß dieses Ereignisses nach Sobral in Brasilien und nach der Insel Principe bei portugiesisch Afrika ausgerüstet worden, sozusagen staatsoffiziell, mit Hilfsmitteln, die von der altehrwürdigen Royal-Society ausgingen. In Anbetracht der Zeitläufte als erstes Zeichen wissenschaftlicher Internationalität ein preiswertes Unternehmen. Ein ungeheurer Apparat wurde aufgeboten, einzig zu einem rein wissenschaftlichen Ziele, das nicht die geringste Beziehung zu irgend einem der Praxis dienlichen Zwecke aufwies; zu einem außerirdischen Ziele, dessen eigentliche Bedeutung wohl nur von sehr wenigen Köpfen erfaßt werden konnte. Und doch regte sich die geistige Teilnahme weit über den Fachkreis hinaus. Beim Herannahen der Sonnenfinsternis begann sich auch das Bewußtsein der Laien mit unbestimmten kosmischen Ahnungen zu erfüllen. Und wie der Seefahrer nach dem Polarstern, so blickte man nach dem auf keiner Karte vorgezeichneten Sternbild des Einstein, aus dem irgend etwas Unverstandenes, aber sicherlich höchst Wichtiges herausblitzen sollte.
    Im Juni erfuhr man, daß die Sternaufnahmen in überwiegender Mehrzahl gelungen waren, allein, man mußte sich noch wochenlang, monatelang gedulden, denn die mit Blitzesschnelle aufgenommenen Photogramme mußten erst entwickelt und vor allem ausgemessen werden. Das war bei der Größenordnung der zu vergleichenden Abstände eine schwierige und umständliche Angelegenheit, die

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