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Einstein - Einblicke in Seine Gedankenwelt

Einstein - Einblicke in Seine Gedankenwelt

Titel: Einstein - Einblicke in Seine Gedankenwelt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexander Moszkowski
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Verallgemeinerung so ausdrücken:
    An jedem Punkt des Universums kann man die beobachtete Beschleunigung eines sich selbst überlassenen Körpers entweder als Trägheitswirkung auffassen, oder als Gravitationswirkung; das heißt, man kann mit gleichem physikalischen Recht behaupten, das System (der Kasten, der Orientierungskomplex), von dem aus ich den Vorgang beobachte, ist beschleunigt – oder der Vorgang findet in einem Gravitationsfelde statt. Die Gleichwertigkeit beider Auffassungen wird von Einstein als das »Äquivalenzprinzip« bezeichnet. Es spricht die Äquivalenz aus, die Identität von träger und gravitierender Masse.
    Macht man sich mit dieser Identität vertraut, so tritt ein höchst wichtiger Erkenntnisgrund ins Bewußtsein. Wir gelangen zu der unverlierbaren Vorstellung, daß jede Trägheitswirkung, die wir an einem Körper wahrnehmen, das Elementarste an ihm: sozusagen er selbst, in seinem beharrlichenWesen zurückzuführen ist auf den Einfluß, den er von andern Körpern erleidet.
    Nachdem wir diese Einsicht gewonnen haben, drängt es uns, zu erfahren, wie sich wohl ein Lichtstrahl unter dem Einfluß der Gravitation verhalten würde. Wir kehren daher zu dem Physiker in dem Kasten zurück und wissen nunmehr, daß es uns nach dem Äquivalenzprinzip freisteht, unter dem Kasten einen attrahierenden Himmelskörper, z. B. die Sonne, vorauszusetzen, oder die Erscheinungen auf den nach oben beschleunigten Kasten zu beziehen. Wir unterscheiden in dem Kasten den Boden, die Decke, vier Seitenwände, und unter diesen wiederum, je nachdem wir Posto fassen, die linke und die ihr gegenüberliegende rechte Wand.
    Nun stellen wir uns vor, daß sich außerhalb des Kastens, außer Zusammenhang mit uns, ein Schütze frei im Weltall befände, der mit einem wagerecht gehaltenen Gewehr auf den Kasten feuert, dergestalt, daß er die linke und mit demselben Schuß auch die rechte Wand durchbohrt. Bliebe sonst alles in Ruhe, so müßten die Einschuß- und die Ausschlagsöffnung gleich weit vom Boden abliegen, die Kugel würde sich in gradliniger Bahn, parallel zum Boden und zur Decke bewegen. Nun spielen sich aber alle Vorgänge so ab, als bliebe der Kasten selbst in beständiger Beschleunigung nach aufwärts. Die Kugel, die zu ihrem Flug von Wand zu Wand Zeit gebraucht, findet somit die rechte Wand, wenn sie bei ihr anlangt, etwas emporgerückt, bohrt somit ihre Ausschlagsöffnung etwas tiefer. Die Gradlinigkeit des Kugelfluges besteht also nicht mehr für unsere Beobachtung im Inneren des Gehäuses. Von Punkt zu Punkt verfolgt, würde die Kugel vielmehr, für uns im Innern, eine krumme, abwärts gebogene Linie beschreiben, mit der Konkavseite zum Boden.
    Und genau dasselbe begibt sich mit einem Strahl, der in wagerechtem Fluge, von einer Lichtquelle außerhalb entsandt, den Weg von Wand zu Wand durcheilt. Nur das Geschwindigkeitsmaß wäre verschieden. Er verhielte sich in der Erscheinung seiner Bahnlinie wie ein Projektil, das mit einer Geschwindigkeit von 300 000 Kilometern pro Sekunde dahinsaust. Aber es müßte bei allerfeinster Ausmessung doch noch eine, wenn auch noch so winzige Abweichung von der gradlinigen Horizontalen nachweisbar sein, eine geringfügige Hohlkrümmung nach unten.
    Folglich muß die nämliche Krümmung des Lichtstrahls (Sternstrahls) auch dort wahrnehmbar werden, wo er dem Einfluß eines Schwerefeldes unterliegt. Machen wir uns von der Hilfsvorstellungdes Kastens los, so ändert sich nichts an dem Tatbestand. Ein Sternstrahl, der nahe der Sonne vorbeistreicht, erleidet für unsere Wahrnehmung eine Hohlbiegung zur Sonne, und der Grad dieser Abbiegung ist für genügend feine Instrumente feststellbar. Es kommt, wie erwähnt, auf einen Größenunterschied von 1,7 Sekunde an, der sich durch Abstandmessung auf dem Photogramm ergeben soll und wirklich ergibt.
    Daß man imstande ist, dies zu ermitteln, erscheint für sich als ein Wunder der Präzisionstechnik, für das der Ausdruck »haarfein« keineswegs ausreicht. Denn das bewußte feine Haar muß sich ja in sehr respektabler Entfernung spannen, um zum Winkelvergleich überhaupt zugelassen zu werden. Zum Glück ist die Stellarphotographie schon im allgemeinen etwas so wunderbares, daß sie in jedem Einzelfall bereits bei erster Ausmessung recht erhebliche Genauigkeiten ermöglicht.
    In der bisher geübten astronomischen Praxis gestalten sich die Verhältnisse so, daß auf der Platte ein Millimeter in linearem Maße einer Bogenminute entspricht. Das

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