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Einstein - Einblicke in Seine Gedankenwelt

Einstein - Einblicke in Seine Gedankenwelt

Titel: Einstein - Einblicke in Seine Gedankenwelt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexander Moszkowski
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zuvor als unmöglich vorausgesetzten Zusammenhangs –, so wird ein solches Negativexperiment, wo es auch auftritt, sich als äußerst folgenschwer erweisen; und zwar um so folgenschwerer, je elementarer die Frage war, deren Bejahung der Physiker mit aller Sicherheit erwarten durfte.
    Als die eigentlich klassischen Fälle dieser Experimente mit verblüffender Verneinung betrachten wir die Versuche von Michelson und Morley , die sich an die Existenz oder Nichtexistenz des Weltäthers knüpfen. Sie erzeugten zunächst eine Ratlosigkeit, einen Gedankenstillstand, ein Vakuum in den Möglichkeiten der Vorstellung. Und aus diesem Vakuum entstiegen neue Weltbilder, in denen wir heute die wahren Gedankenabbildungen des Universums erblicken. Die großen Namen Lorentz – Minkowski – Albert Einstein leuchten auf!
    Wie alles oder fast alles Bedeutungsvolle seine Vorläufer hat, so auch das Contraexperimentum crucis des Amerikaners Michelson. Henri Poincaré, der berühmte Mathematiker, hatte schon als Schüler der Ecóle Polytechnique mit seinem Studiengenossen Favé optische Experimente angestellt, die das gleiche Ziel verfolgten. Michelsons Versuch war zum mindesten auf die hundertfache Genauigkeit eingestellt. Das Ergebnis lautete in beiden Fällen, daß die Gesetze der Optik durch die Translation, durch die Bewegung der Erde im Weltenraume, nicht gestört werden. Dasmüßten sie aber, wenn die alten physikalischen Vorstellungen in Kraft bleiben sollten.
    Setzen wir die Existenz eines raumerfüllenden Lichtäthers voraus, so hätte die Erde mit ihrer Eigengeschwindigkeit von 30 Kilometern in der Sekunde einen Äther-Orkan zu passieren, wie wir einen Luftorkan in einem offen dahinsausenden Kraftfahrzeug zu bestehen haben. Senden wir nun von irgend einem Punkt der Erdfläche gleichzeitig Lichtstrahlen nach allen Richtungen, so gehen einige direkt gegen den Äthersturm vor, andere erfahren nur einen Teil der vollen Sturmwucht, und wenn zwei Lichtstrahlen genau entgegengesetzt laufen, so müßte sich zwischen ihnen die Förderung und die Hemmung eigentlich ausgleichen. Nicht ganz, denn eine einfache Rechnungsüberlegung ergibt für jeden Fall ein Übergewicht der Hemmung.
    Dies kann schon an einem leicht konstruierbaren Modell gezeigt werden, noch besser an der Vorstellung eines Schiffes, das gleichzeitig der treibenden gleichbleibenden Strom- und der Windkraft unterliegt. Ob der Wind in der Richtung des Stromes hilft oder entgegengesetzt hemmt, das ergibt im Hin und Her niemals die gleichen Beträge. Die Hemmung überwiegt, und das Übergewicht läßt sich bei gegebenen Triebstärken nach Stunden, Minuten und Sekunden bestimmen.
    Für unseren, durch Spiegelvorrichtungen hin- und zurücklaufenden Lichtstrahl, müßte das wahrnehmbar gemacht werden können; an Interferenz-Streifen, die in der Feinheit ihrer Anzeige noch weitaus über die Anforderungen des Versuchs hinausgehen. Das Experimental-Orakel sollte sprechen, und es schwieg. In düsterem Schweigen enthüllte sich: kein Interferenz-Effekt, keine Wirkung des Ätherstroms, keine Wahrnehmbarkeit der Translation, – Nichts!
    Und in diesem Nichts noch ein Befehl von besonderem Schrecknis. Denn jener Versuch stand zudem in schroffem Widerspruch zu einem anderen hochberühmten Experiment. Fizeau hatte bewiesen, daß der Äther ganz oder nahezu starr im Raum zwischen den Himmelskörpern unbewegt verharrt. Der Befehl lautete: du mußt dich für Fizeau oder für Michelson entscheiden. Das war unmöglich, denn beide hatten mit unübertrefflicher Exaktheit operiert. Und beide zusammenzubringen war ebenso unmöglich, denn sie gingen kontradiktorisch auseinander. Der Widerspruch bleibt unlösbar bestehen, selbst wenn man bei Fizeau eine andere Hypothese mit Fortdenkung des Äthers unterstellt. Unlösbar, wenn man nicht grundstürzende Neuerungen im ganzen physikalischen Denken vornimmt.
    Diese Umwälzung war Einsteins Werk, und jener rätselhafte Widerspruch wurde in dieser Gedankenrevolution vernichtet. Einstein ersetzte den absoluten durch den relativen Zeitbegriff und damit verschwand das abenteuerliche Rätsel. Zwei große Prinzipe erhoben sich zu Regulatoren des Denkens, und wo man sie ansetzte, da schafften sie erklärende Wunder: der neue Zeitbegriff, der die Erde aus ihrer Weltherrschaft betreffs der Zeit verdrängt, nach dem Satze, daß die Zeit in verschieden bewegten Systemen verschieden abläuft; und das Prinzip von der Konstanz der Lichtgeschwindigkeit. Fast fühlt man

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