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Einstein - Einblicke in Seine Gedankenwelt

Einstein - Einblicke in Seine Gedankenwelt

Titel: Einstein - Einblicke in Seine Gedankenwelt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexander Moszkowski
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seiner Auffassung von dem Ablauf der Dinge und von ihrer ursächlichen Verknüpfung genau so berechtigt, wie wir von der unsrigen.
    Einstein : Und die ganze Geschichte ist der reine Humbug, abgeschmackt und unhaltbar in seiner Prämisse, wie in allen Folgerungen.
    Ich : Aber, es soll doch auch nur ein Gedankenexperiment sein, das phantastisch mit einer Unmöglichkeit wirtschaftet, um an einem krassen Beispiel unsere Vorstellung auf die Relativität der Zeit zu lenken. Hat doch sogar Henri Poincaré dieses Beispiel herbeigezogen, um im Zusammenhange mit diesem Extrem von der »Umkehrung« der Zeitfolge zu reden.
    Einstein : Seien Sie überzeugt, daß Poincaré, obschon er den Fall als eine unterhaltsame Arabeske seiner Vorträge verwendete, den ganzen Lumen genau so auffaßte, wie ich. Er ist kein Gedankenexperiment, sondern eine Farce. Sagen wir noch deutlicher: der pure Schwindel! Mit der Zeitrelativität, wie sie aus den Lehren der neuen Mechanik erfließt, haben diese Erlebnisse und verkehrten Wahrnehmungen gar nichts zu schaffen, ebensowenig oder weniger als die subjektiven Empfindungeneines Menschen, dem ja nach Lust und Schmerz, nach Vergnügen und Langeweile die Zeit kurz oder lang vorkommt. Denn in diesem Falle ist wenigstens noch die subjektive Empfindung eine Realität, während Lumen dergleichen gar nicht haben kann, weil seine Existenz auf einem Unsinn beruht. Lumen soll Überlichtgeschwindigkeit besitzen. Das ist nicht nur eine unmögliche, sondern eine törichte Annahme, weil ja durch die Relativitätstheorie die Lichtgeschwindigkeit als das Maximum nachgewiesen wird. Wie groß auch die beschleunigende Kraft sei und wie lange sie auch einwirken möge, niemals kann sie diese Schranke überwinden. Lumen wird mit Organen ausgerüstet, mithin körperlich vorgestellt. Aber die Masse eines Körpers wird bei Lichtgeschwindigkeit unendlich groß, und wenn man noch gar darüber hinaus will, so gerät man ins Absurde. In Gedanken mit Unmöglichkeiten zu operieren, ist gestattet, das heißt, mit Dingen, die unserer praktischen Erfahrung widersprechen, nicht aber mit vollendetem Nonsens. Deshalb gehört auch das andere Lumenabenteuer mit dem Sprung nach dem Mond zu den Unsinnigkeiten. Wiederum soll er diesen Sprung mit Überlichtgeschwindigkeit ausführen, sich dabei umdrehen und nun sich selbst erblicken, wie er rückwärts vom Mond zur Erde springt. Der Sprung ist gedanklich sinnlos, und wenn man aus einer sinnlosen Voraussetzung optische Folgerungen ableitet, so beschwindelt man sich selbst.
    Ich : Noch immer möchte ich für den Fall auf mildernde Umstände plädieren, und zwar dadurch, daß ich beim Begriff des Unmöglichen einhake. Für einen Menschen oder Homunkulus ist auch eine Reise mit bloß 1000 Kilometern pro Sekunde unmöglich.
    Einstein : Tatsächlich genommen, nach Maßgabe unserer Erfahrungen. Aber damit können Sie operieren, so viel Sie wollen. Eine absolute Unmöglichkeit für eine Reise ins Weltall mit ungeheurer, wiewohl begrenzter Geschwindigkeit, ist nicht anzuerkennen. Und innerhalb der bezeichneten Grenze mag jedes korrekt durchgeführte Gedankenspiel erlaubt sein.
    Ich : Und nun entkleide ich den Lumen aller körperlichen Organe, nehme ihn ganz unsubstantiell als reines Gedankenwesen. Die Überlichtgeschwindigkeit ist doch, wenn auch physikalisch nicht zu realisieren, etwas an sich Vorstellbares. Wenn man zum Beispiel an einen Leuchtturm mit Drehfeuer denkt und ihm einen Lichtbalken von 1000 Kilometern Länge zuschreibt, der 200 mal in der Sekunde rotiert. Dann würde, so kann man sich vorstellen, das Leuchtfeuer auf der äußersten Peripherie mit einer Geschwindigkeit von über 600 000 Sekundenkilometern dahineilen.
    Einstein : Da will ich Ihnen sogar ein weit sinnigeres Beispiel sagen: Man braucht sich bloß vorzustellen, was physikalisch allenfalls zulässig, daß die Erde unbeweglich und drehungslos im Raume schwebte. Dann würden die entferntesten Sterne von uns aus beurteilt, ihre Bahnen mit nahezu unbegrenzter Geschwindigkeit beschreiben. Aber damit sind wir eben aus aller Wirklichkeit hinaus, in einer reinen Gedankenspielerei, die in ihrem Verfolg zur schlimmsten Entartung der Vorstellung, nämlich zum Solipsismus führt. Und in solchem Gedankenkreise ereignen sich allerdings Perversitäten wie Zeit- und Kausalitätenumkehrung.
    Ich : Auch der Traum ist etwas solipsistisches. Die Wirklichkeit verweist alle Menschen auf einunddieselbe Welt, im Traum lebt jeder einzelne in einer

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