Einstein, Quantenspuk und die Weltformel (German Edition)
wichtig werden. Dennoch lässt eine konsequente Weiterführung der Leitgedanken der modernen Physik einige erstaunliche Schlüsse und Theorien über die Welt jenseits der Schranken unseres Universums zu.
Die Flucht aus unserem Universum ist prinzipiell auf drei Arten denkbar:
1. Überschreitung der Planck-Konstanten
2. Überschreitung der räumlichen Ausdehnung
3. Kosmischer Fluchtweg
Der erste Fall entspricht dem Weg, den der ambitionierte Pilot mit seinem Raumschiff im vorhergehenden Unterkapitel eingeschlagen hat. Eine Überschreitung der Planck-Konstanten führt zu einer Überlastung des Raumzeitgefüges, wodurch das betreffende Objekt gewissermassen aus dem Universum extrahiert wird. Das kann man sich mit dem schweren Stein oder Felsbrocken veranschaulichen, der auf die gespannte Alufolie gelegt wird. Die Folie wird überlastet, reisst, der Stein fällt durch die Folie hindurch. Praktisch, das heisst unter Berücksichtigung der Technologie des 21. Jahrhunderts, ist dieser Fluchtversuch allerdings kaum umsetzbar. Um die Planck-Grenzen zu überschreiten, müssten extreme Zustände erreicht werden, die oft nur durch andere extreme Einflüsse herbeigeführt werden können. Der Pilot beispielsweise benötigt eine exorbitante, schier unerschöpfliche Energiequelle, um sein Raumschiff durch die Raumzeit fallen zu lassen. Die notwendigen Voraussetzungen sind etwa in der Vorstellung zu veranschaulichen, dass anstelle des Steins eine ganze Bergkette, beanspruchen wir den Himalaja, auf die Folie gestellt werden müsste, um diese reissen zu lassen. Der Platz wäre wohl relativ knapp, ganz abgesehen von den anderen Umständen, die das Experiment etwas erschweren. Auch der zweite Weg ist nur wenig vielversprechend. Der Rand des Universums wäre selbst bei Lichtgeschwindigkeit nie oder erst in einigen Milliarden Jahren zu erreichen, geschweige denn zu „überholen“. Zudem ist es mehr als fraglich, ob es überhaupt eine Art „territoriale Aussengrenze“ des Universums gibt. Um in die USA einzureisen, können wir in Mexiko über einen Grenzzaun klettern. Um aus einer Kugel zu entweichen, können wir allerdings unser Leben lang in irgendeine Richtung laufen, wir werden nie am Ziel (der Oberfläche der Kugel) ankommen. Unserem herkömmlichen Verständnis zu Folge sollte es zumindest theoretisch möglich sein, die Ausdehnung des Universums beziehungsweise die äussere Grenze zu überholen, in dem wir uns „einfach“ lange genug schneller als die Ausbreitungsgeschwindigkeit des Universums immer in die gleiche Richtung bewegen. Früher oder später müsste man auf diese Weise das äussere Ende erreicht haben. Wenn Karl vor zehn Jahren losgelaufen ist, müsste man ihn mit einem schnellen Sportwagen ja auch früher oder später einholen können. Vorausgesetzt, sein Weg führte ihn nicht über Stock und Stein, sonst ist das einzige, was überholt, unser Vorderrad. Dass unsere Alltagserfahrung in astronomischen Dimensionen aber oftmals versagt, hat bereits Einstein zur Genüge bewiesen. Nach unserer Intuition und der Lehrmeinung Newtons wäre es schliesslich auch problemlos möglich, zumindest auf dem Papier, das Licht einzuholen, in dem wir uns einfach immer schneller bewegen. Die Konstanz der Lichtgeschwindigkeit, ein Postulat der speziellen Relativitätstheorie, hat uns aber gezeigt, dass wir uns nicht auf ein Wettrennen einlassen sollten – ausser wir kennen eine ziemlich gute Abkürzung.
Unser Universum ist höchst wahrscheinlich ein kompliziertes, mehrdimensionales Konstrukt, wovon wir bisher nur drei räumliche Dimensionen erfassen konnten und können. Die Zeitdimension als vierte Dimension entzieht sich genau genommen unserer unmittelbaren Beobachtung. Das Universum ist zwar objektiv gesehen durchaus endlich, für uns dreidimensional veranlagte Wesen jedoch nicht zu bewältigen. Selbst dann nicht, wenn wir mit Lichtgeschwindigkeit und einigen Milliarden Jahren Zeit im Gepäck durch die Raumzeit fliegen könnten. Illustrieren wir uns das Problem mit einem kleinen Beispiel: Eine Ameise spaziert auf der Oberfläche einer Kugel oder einem kreisförmig in sich geschlossenen Gartenschlauch (ähnlich einem Donat). Die Ameise kann sich bewegen, wie sie will. Sie wird niemals an einem Ende angelangen. Aus der Perspektive eines aussenstehenden Beobachters betrachtet ist die Kugel natürlich endlich. Sie hat ein bestimmtes Volumen, eine Masse und eine Oberfläche, die wir mit unserem dreidimensional geschulten Blick
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